Nach Chania im Januar

Es gibt ja Leute, die meinen, wenn man nicht regelmäßig auf Kreta weile, dann dürfe man in einem Kretaforum nicht mehr schreiben. Als ob ein Kretabesuch einen zum Kretafachmann auf Zeit qualifizieren würde....

Höchste Zeit also, mir mal wieder die Daseinsberechtigung fürs Kretaforum zu holen. :-)

Nein, natürlich waren solche kleinen Geister nicht der Grund, Kreta mal wieder aufzusuchen. Schon länger spukte der Gedanke an einen Winteraufenthalt in Chania durch meinen Kopf. Die Stadt Chaniá hatte mir bei den letzten Besuchen sehr gut gefallen, nur war sie immer so überschwemmt von Touristen (wie das auf Kreta von Mai bis Oktober nun mal so ist), dass dies dem Genuss der Stadt abträglich war. Von anderen Wunschzielen wie Elafonisi, Agia Triada oder Gouverneto ganz zu schweigen.

 

Chania brachte optimale Voraussetzungen für den Januar mit: ausreichend städtische Infrastruktur um auch im Winter nicht überall vor verschlossenen Türen zu stehen, genug venezianisches und türkisches Erbe um nicht hässlich zu sein, eine lebendige Bewohnerschaft, die sich von der Krise nicht dominieren läßt, und natürlich die zahlreichen Ausflugsmöglichkeiten ins nahe und ferne Hinterland.

 

Theo wollte mitkommen, wir hatten letztes Jahr die Eisvogeltage auf den argosaronischen Inseln gemeinsam genossen, nun also Kreta. Sein letzter Kretabesuch lag 30 Jahre zurück, die touristische Entwicklung war enorm in dieser Zeit, aber um eben dieser wenigstens etwas zu entgehen, reisten wir im Januar.

 

Trotz Winterwetters. Nein, ich friere nicht gerne, und ich bin ziemlich kälteempfindlich. Und es gab Warnungen vor Kälte, und Ratschläge, ihr zu begegnen (100-Watt-Birne, Heizlüfter). Ich war trotzdem optimistisch.

Den ganzen Dezember und Januar war das Wetter auf Kreta schön gewesen, mein täglicher Blick galt der Webcam in Chania. Hoffentlich würde den alkyonischen Eisvogeltagen nicht gerade jetzt die Luft ausgehen! Ich packte vorsichtshalber Handschuhe, Mütze und warme Strumpfhose ein, dazu die Light-Daunen-Jacke. Regencape und -schirm sowieso. Und ich sag es gleich: bis auf das Regencape hab ich alles auch gebraucht. Aber auch das T-Shirt, Sonnenbrille und Sonnencreme.

 

Die Anreise nach Kreta ist im Januar etwas umständlich, da es keine Nonstop-Flüge gibt: ab Stuttgart erfordert sie eine Übernachtung in Thessaloniki, beim Rückflug eine Zwischenlandung. Für 77 Euro (davon 49 Euro Steuern und Gebühren) plus 40 Euro für das Gepäck trotzdem ein Schnäppchen. Bei Aegean Airlines ließ sich der Flug allerdings so nicht buchen (warum auch immer - sehr ärgerlich), weshalb ich zum Reisebüro Europa www.fly-gr.de* auswich. Später wurde der Teil des Rückfluges, Iraklio - Thessaloniki, storniert bzw. auf den Abend verlegt, und ich musste umbuchen und schließlich über Athen UND Thessaloniki fliegen. Aber das war kein Problem, da war ich schon länger unterwegs um ans griechische Wunschinselziel zu kommen.

 

Theo hatte es von Düsseldorf leichter, und er würde schon zwei Tage vor mir in Iraklio ankommen, wo ich ihn dann nach meiner Ankunft am Vormittag auflesen würde.

 

Ein Mietwagen wurde bei ThebestCars via den freundlichen Mitarbeiter Martin gemietet. Mir hätte ja ein Fiat Panda gereicht, der vor allem mit seiner Bodenfreiheit punktet, aber Theo bestand auf Größerem (was hat er immer so großes Gepäck...) - ein Fiat Punto für 150 Euro für zehn Tage, inklusive Vollkasko ohne Eigenbeteiligung. Bei der Ankunft am Flughafen wurde ich von Martin mit einem Upgrade überrascht: es gab einen Fiat Bravo mit knapp 18.000 Kilometern ohne Aufpreis. Das Auto lief prima, vielen Dank!

 

Nun brauchten wir noch ein Quartier für eine Woche in Chania, die letzten drei Übernachtungen wollten wir uns zunächst noch offen lassen.

Statt für zwei Einzelzimmer in einem Hotel entschieden wir uns für eine Wohnung beziehungsweise ein Haus mit zwei Schlafzimmern und wurden im "Aphrodite House" fündig. Eine mehrstöckige Wohnung in unmittelbarer Nähe zum venezianischen Hafen mitten in der Altstadt. Verkehrslärm war da kaum zu befürchten.

Allerdings war die Preisgestaltung bei "Aphrodite House" etwas merkwürdig: 630 Euro wollte booking für zwei Personen, 600 Euro der Vermieter bei der direkten Anfrage, und bei thehotel.gr gab es das Ganze schon für 385 Euro. Also dort gebucht und die Anzahlung geleistet. Theo übernahm das. (Inzwischen sind die Preise bei booking übrigens entsprechend angepasst.) Klappte alles bestens.

 

Ein Hotel für die Zwischenübernachtung in Thessaloniki hatte ich auch gefunden: Das Hotel Iris in Flughafennähe, das Zimmer mit Frühstück (das ich wegen des frühen Abfluges nicht in Anspruch nahm, aber einen schnellen Kaffee gab es noch) für 45 Euro, zuzüglich 8,50 für die Abholung um 23 Uhr am Flughafen (Taxis nehmen ab Flughafen nach meiner Erfahrung gerne überhöhte Preise). Da mein Gepäck durchgecheckt wurde, konnte ich morgens in zwanzig Minuten zu Fuß zum Flughafen gehen.

 

Tja, und dann stand ich am Donnerstagmorgen nach wunderbarem Flug über die Kykladen bei strahlendem Sonnenschein in Iraklio am ungewohnt ruhigen Flughafen und übernahm "unseren" weißen Fiat Bravo mit knapp 18.000 Kilometern auf dem Zähler.

 

Kreta im Januar - los geht das Abenteuer!

Theo ist überrascht als ich im Hotel "Kronos" erscheine: es ist erst Viertel nach zehn, so früh hatte er mich nicht erwartet. Das Hotel ist auch für schüchterne Autofahrer gut zu erreichen, es liegt direkt an der Paralia und einen Parkplatz findet man, wenn man, so wie alle anderen auch, das Parkverbot wegen einer Baustelle ignoriert. Ist ja nur kurz.

Westwärts nun, für 15 Uhr sind wir bei "Aphrodite" angekündigt.

 

Es ist tatsächlich das erste Mal, dass ich auf Kreta selbst mit dem Auto unterwegs bin, und ich muss mich an die Fahrweise der Kreter auf der breiten Nationalstraße erst gewöhnen: meist fahren sie halb auf dem Standstreifen, haben es selten eilig, lassen gerne überholen.

 

Auch über die erlaubte Höchstgeschwindigkeit bin ich mir nicht ganz im Klaren. Schilder warnen gelegentlich vor Radarfallen, wäre gut zu wissen ab wann man geblitzt wird. Gelegentlich darf man nur 60 oder 80 fahren, daran halte ich mich nach Kräften, was bei dem gut motorisierten Fiat Bravo schwer fällt. Viel Verkehr ist auf der schönen Küstenstraße via Agia Pelagia und Bali nicht.

 

Bei Rethymnon erscheinen die Weißen Berge in schneebedeckter Pracht in der Ferne vor uns, hier wollen wir eine Pause einlegen. Entlang der Hotelmeile, die sich in winterlicher Verlassenheit zeigt, geht es stadtwärts. Der Verkehr nimmt heftig zu je näher wir der Innenstadt kommen, und mit dem Parken ist es schwierig. Weil ich noch Fahrneuling auf Kreta bin, verlassen wir Rethymnon schließlich unbesuchter Dinge wieder.

Wir tanken voll an der Nationalstraße, der Liter Benzin kostet Euro 1.409, und es gibt unverlangt eine Quittung.

 

Den nächsten Rastversuch machen wir in Georgioupoli. Der vielgeschmähte Ort ist kleiner als ich gedacht hatte, und die Springbrunnen an der nagelneu gestalteten Platia sind auch im Winter in Betrieb. Eine Runde vor zum Meer (dort baden nur drei Dutzend Enten) und zum Flußufer ergibt: eine Taverne ist geöffnet, und die Cafe-Bar "Stelios" wirbt mit Essen. Dort gehen wir hinein, bekommen als Tagesessen Moussaka offeriert, oder Omelette. Wir bestellen von beidem eine Portion, woraufhin die Wirtin erst mal Eier einkaufen muss. Aber das Essen ist schmackhaft und reichlich (14 Euro bezahlen wir), und an der Platia spielen inzwischen die Grundschulkinder. Nett hier, so im Januar.

Nach Chania ist es jetzt höchstens noch eine Stunde auf der Nationalstraße. In die Stadt hinein kommen wir auch unproblematisch, aber der Versuch, so nahe wie möglich an unserer Unterkunft zu parken, scheitert: in die Halidon-Straße, in die wir hinein wollen, dürfen wir nicht rechts abbiegen. Hinter dem venezianischen Hafen, wo es kostenlose Parkplätze gibt, ist uns zu weit weg, und dann sind da noch die zahlreichen Einbahnstraßen, die zu Umwegen nötigen. Wir kurven durch das Viertel und sind irgendwann nur noch froh, endlich einen Parkplatz an der östlichen Stadtmauer gefunden zu haben. Noch ohne Gepäck gehen wir zu Fuß zum Quartier, in der Hoffnung, zum Ausladen was Näheres angewiesen zu bekommen. In der Beschreibung vom "Aphrodite House" steht nämlich etwas von "Parken 150 Meter", na da sind wir gespannt.

 

Dimitris, unser Vermieter, erwartet uns schon in der Isodion-Straße. Ein älterer Herr, braungebrannt, der uns gleich eröffnet, dass er kaum Englisch spricht, aber wir sollen mit seiner Tochter telefonieren. Mein Griechisch erweist sich praktischerweise als völlig ausreichend zur Verständigung, und so erklimmen wir unser Heim für die nächste Woche. Erklimmen im wahrsten Wortsinn, denn von der Straße führt im Haus eine steile Treppe ins erste Stockwerk, das das unterste unserer Wohnung ist. Dort sind Wohnzimmer, Küche und Bad, alles kleiner als auf den Fotos, aber alles sehr sauber, und sehr gut ausgestattet. Auch Olivenöl, Raki, hausgemachter Wein und frisches Obst stehen bereit, und in der Küche finden wir Nescafé, Kaffeepulver, Tee, Butter, Marmelade, Kondensmilch und reichlich Wasserflaschen. Wlan ist ebenso vorhanden wie CD- und DVD-Player, und ein Flachbildschirmfernseher. Brauchen wir nicht.

 

Die beiden Schlafzimmer finden sich ein und zwei Stockwerke darüber, und hinauf geht es erneut über steile Treppen, die man vor allem abwärts langsam nehmen sollte wenn man keinen Wert darauf legt, das Krankenhaus in Chania kennenzulernen.

Theo nimmt das untere Zimmer, ich als jüngere das obere, auf dessen Etage sich auch die Dachterrasse befindet, auf der wir beim räsen Hauswein die letzten Sonnenstrahlen des Tages genießen werden.

 

Einen festen Parkplatz gibt es dann doch nicht, und so holen wir unser Gepäck von dort, wo wir jetzt geparkt haben, und suchen (und finden) die nächsten Tage immer etwas in der Nähe, jeweils unter Missachtung des Einfahrtsverbotes in die Halidon-Straße - die Einheimischen machen das auch so. Außerdem ist ja keine Saison, keine Touristen (außer uns) drängen durch die Altstadt.

 

Wir brauchen etwas bis wir uns auf den drei Etagen installiert haben, und auch die nächsten Tage gehört das Treppensteigen zu unserem täglichen Training wenn mal wieder etwas benötigtes auf dem falschen Stockwerk ist. Warum die Wohnung bzw. das Haus bei booking nun unter "zwei Ebenen" geführt wird, weiß der Himmel. Das Wlan reicht übrigens nicht bis ins oberste Stockwerk. Das hat dafür andere Vorzüge, aber die werden wir (genauer: ich) erst in der nächsten Nacht bemerken. :-)

Im nahen Inka-Supermarkt an der Platia 1866 versorgen wir uns mit den Utensilien fürs Frühstück, einen Bäcker gibt es dort auch, wo ich morgen frisches Brot holen kann.

 

Nach einem abendlichen Bummel entlang des venezianischen Hafens nach Westen mit den letzten Resten des Weihnachtsdeko und durch die verlassen wirkende westliche Altstadt - hier sind die touristischen Läden und Tavernen, und die halten fast alle Winterschlaf - kehren wir dann im "Tamam" ein.

 

Zu Theos Freude kann man dort fast alle Speisen als kleine Portion als Mezé bestellen, was es uns ermöglich, eine größere Auswahl zu probieren. Und so hungrig sind wir auch gar nicht, das Mittagsessen wirkt noch nach. Die Keftedes, Kolokithokeftedes (einzeln zu bestellen!) und der Tirosalata sind lecker, besonders gut schmecken uns die kleinen kretischen Bratwürstchen. Das "Tamam" - wir sitzen im Raucherraum, aber es soll auch einen (vermutlich leeren) Nichtraucherraum jenseits der Gasse geben - ist nüchtern-gemütlich, der Service aufmerksam, die Preise mit 18 Euro zusammen moderat.

Wir sind angekommen.

Chania gefällt uns, und wenn das Wetter halbwegs mitmacht, wird das eine schöne Woche. Zumindest in den beiden nächsten Tagen soll diese der Fall sein, und so wollen wir morgen in die Berge fahren.

 

Spät wird es an diesem Abend nicht mehr, wir sind beide müde. Gerade noch schaffe ich die Stufen hinauf zu meinem Schlafgemach.

Die Musik von der Bar unten höre ich schnell nicht mehr, und auch Theo ist müde genug. Ist ja auch erst Donnerstag.


* bei der wiederholten Flugbuchung über besagtes "Reisebüro Europa - der Griechenlandspezialist" haben die es leider total verbockt: ungefragt und uninformiert wurde mein Flug statt über Thessaloniki über Athen gebucht. Abgebucht vom Kreditkartenkonto wurde außerdem ein höherer Preis. Bis diese Flugbuchung wieder zu meiner ursprünglichen Buchung rückgeändert wurde, dauerte es zwei Wochen und mehrere Telefonate meinerseits. Mal sehen, ob ich die Preisdifferenz wirklich erstattet bekomme wie versprochen. Und ob ich problemlos mein Gepäck dazubuchen kann.

Zukünftig lasse ich von denen die Finger, auch wenn es anderso mehr kostet.