Ein paar Stunden Methana

Bis zur Auferstehung ist noch ein Tag Zeit. Und am Samstag kann man mit der Fähre einen Tagesausflug nach Methana machen. Das ist zwar nur eine Halbinsel, und zum Wandern für unsere Ansprüche eh zu steil, und wir haben auch nur ein paar Stunden Zeit dort, aber für einen schnellen Eindruck könnte es reichen. Schließlich ist die Insel vulkanischen Ursprunges, und so etwas interessiert mich immer. Und wenn es uns dort gefällt verbringen wir vielleicht die letzten Tage unseres argosaronischen Aufenthaltes dort?

 

Das Schiff fährt erst um Mittag am Anleger für die großen Fähren, so können wir nochmals durch die malerischen Gassen der Oberstadt schlendern. Vorbei an der Bibliothek und dem Haus, in dem die englische Künstler Lucian Freud und John L. Craxton 1946/47 gewohnt haben. Ja, auch auf Poros gab es Promis, und man muss nicht immer nur Henry Miller zitieren (dessen schwärmerischer „Koloss von Maroussi“ nüchtern schwer zu lesen ist.)

Gegen zwölf Uhr sind wir dann am Hafenanleger und kaufen im Ticketbüro neben dem Hotel Dionysos die Tickets für Hin- und Rückfahrt (jeweils vier Euro). Ein Kiosk am Anleger öffnet später auch noch.

Die „Apollon Hellas“ ist nicht pünktlich, es ist halb eins vorbei als sie anlegt. Poros ist Endstation. Zahlreiche Leute gehen von Bord, aber nur eine überschaubare Zahlt darauf. Zehen Minuten später legen wir ab. Das Meer ist glatt, und im Gegensatz zum Flying Dolphin, bei dem man nur durch verspritzte Fenster sehen kann, hat man von der Fähre aus einen freien Blick. Auf Poros-Stadt, auf die kapellenverzierte Mini-Insel Daskalio und die dahinter liegende russische Werft. Dann fahren wir durch den Steno Porou, einen Kanal, der das westliche Ende von Poros von der Peloponnes trennt. Gleich zwei solcher Engstellen hat Poros. Ein Leuchtturm markiert die Durchfahrt.

Nun haben wir das Gebirge der Halbinsel Methana vor uns. Bis auf 743 Meter steigen die Vulkane an. Nur durch eine schmale Verbindung im Süden ist sie mit der Peloponnes zusammengewachsen. Aber das Inselgefühl wird sich dort fast stärker einstellen als auf dem geschäftigen Poros. Nach einer halben Stunde Fahrtzeit legt das Schiff in Methana an. Wir sind die einzigen (lebendigen) Fahrgäste, die von Bord gehen – eine Schachtel und eine in Folie verpacktest Osterlamm werden noch abgeladen und von einem jungen Mann mit der Sackkarre abgeholt. Lamm von Poros ist wohl besser, oder es gibt keinen Metzger auf Methana.

Die Fähre hinter uns legt schnell wieder ab. Viereinhalb Stunden haben wir Zeit bis sie wiederkommt.

 

Und wir merken schnell, dass wir in einer ganz anderen Welt angekommen sind.

Der Ort ruht in mittäglicher oder vorsaisonaler Stille, oder ist das hier immer so? Entlang der Paralia hat es zahlreiche Hotels, Cafés und ein paar Tavernen. Nur in wenigen sitzen Gäste. Schön sind die Gebäude nicht: hohe Kästen, viel Beton. Aber die Uferstraße ist breit und palmenverziert. Wir streben nach Westen wo wir einen Strand entdeckt haben.

Vom Vulkan und seinen Schwefeldämpfen ist nichts zu riechen.

 

Gedruckte Information über Methana ist dünn gesät, der Michael-Müller-Führer „Peloponnes“ widmet der Halbinsel gerade mal zwei Seiten. Mehr gibt es auf der Website http://www.methana.com/ von Tobias Schoarr. Aber nicht unbedingt tauglich zum Ausdrucken und Mitnehmen. So wird uns auch entgehen, dass es vor dem langgestreckten Gebäude hinter dem Hafen ein (vermutlich noch geschlossenes) großes Freiluft-Schwefelbadbecken gibt – wir bleiben nämlich dummerweise vorne am Strand und der anschließenden kleinen Halbinsel, das runde Hafenbecken trennt die Therme davon.

Am Strand ist sogar ein bisschen Leben – ein Handvoll Jungs toben herum, es hat vereinzelte Sonnenanbeterinnen, eine Familie packt unter einem großen palmengedeckten Sonnendach ihre Sachen zusammen und macht uns so (Schatten-)Platz. Der Strand ist gepflegter als gedacht, grau-steinig-kiesig in verschiedenen Größen. Ich stütze mich in das Meer, und das Badethermometer zeigt unglaubliche 23° Celsius! Ich schwimme weiter hinaus, aber die Temperatur bleibt. 23° am vierten Mai in der Ägäis - wow! Vielleicht gibt es hier irgendwo heiße Quellen im Meer?

 

Nach dem Bad machen wir einen Spaziergang auf die waldige Halbinsel Nisaki südlich des Strandes. Es hat eine Backsteinkirche dort (Agii Anargiri), und Reste einer antiken Mauer. Schwer allerdings zu sagen was hier antik ist, und was nicht. Ein paar Fischer arbeiten an ihren Netzen. Die nächsten Tage ist aber erst mal Lamm angesagt….

Das waldige Inselchen ist nett, ein Weg führt ganz außen herum, und einige Bänke hat es auch. Und man hat einen schönen Blick auf das Städtchen Methana und die dahinter emporragenden Berge. Und nach Poros.

 

Drängeln sich auf Poros die Segelboote und die Yachten, so ist der einsame große Dreimaster am Fähranleger offensichtlich nur abgestellt und unbewohnt. Ähnlich sieht es mit den Booten im runden Hafenbecken aus. Man schläft hier noch den Schlaf der Vorsaison.

Inzwischen haben wir Hunger, und direkt an der Paralia lockt eine Taverne zunächst unbekannten Namens, die sich später als die von „Babis“ entpuppt, im MM-Führer erwähnt. Zwei italienische Familien schlemmen, und es scheint ihnen zu schmecken. Die Wirtin muss das Essen aber ein ganzes Stück über die Straße bringen, wo die Küche ist, und gerade ein Grill angeworfen wird.

Wir bestellen gebratene Atherines und Choriaktiki Salata, dazu Weißwein. Es ist alles sehr reichlich und schmeckt so superlecker, und überhaupt ist das hier alles so angenehm ruhig und schön direkt am Meer. Wie man sich Chillen in Griechenland eben so vorstellt. Findet auch der große schwarze Hund, der neben dem Tisch schläft.

Siebzehn Euro werden nachher für die Zeche fällig.

 

Wenn nur die Berge hier nicht so hoch wären. Außerdem braucht man hier ein Auto, und da hab ich keine große Lust drauf. Aber ich werde sicher nach Methana zurückkehren, mit den Wanderschuhen, und die Vulkane erklimmen. Auch wenn es wohl nicht schon am Dienstag sein wird, wenn wir Poros verlassen werden. Da haben wir die Wahl zwischen Agistri, Spetses und eben Methana.

Wir haben noch eine gute Stunde Zeit uns den Ort jenseits des Strandes anzusehen. Direkt an der Uferstraße grillt ein Kokoretsi   - ein Spieß mit Innereien, vom Schafsdarm umwickelt - die klassische Osterspeise. Scheint es hier aber schon am Karsamstagabend zu geben, oder in der Osternacht? Wie wir noch so stehen und den Spieß bewundern werden wir in breitem Schwäbisch angesprochen – des sei Kokoretsi, und des gäb‘s später. Eine Schwäbin hat es nach Methana verschlagen, sie ist hier verheiratet und betreibt eine Taverne. Schade, dass wir schon satt sind. Wir fragen ob hier heute Nacht viel los sein wird, aber sie verneint. Wir erzählen von Poros, und den vollen Tavernen am gestrigen Karfreitag – nein, das kann sie nicht nachvollziehen, auf Methana ist das nicht so. Alles familiär und überschaubar. Irgendwie beneiden wir sie.

 

Abseits der Uferpromenade ist der Ort immer noch ausgestorben. Etwa tausend Einwohner soll der Ort laut Census 2011 haben, aber die Häuser ziehen sich auch ganz den Hang hinauf, bis zur Hauptkirche Agia Triada. So manches gammelt vor sich hin, die Leute haben hier nicht viel Geld, die Tourismusströme verirren sich nicht hierher, das Kurbad zieht nur griechische Gäste an, und nur in der Saison. In Krisenzeit bleiben sie aus. Kaum zu glauben, dass Methana bis zum Zweiten Weltkrieg das wichtigste griechische Heilbad war! Vor und um die Jahrtausendwende wurde die Konkurrenz stärker, auf Methana verpasste man den Anschluss. Trotzdem hat das Städtchen urgriechisches Flair, das uns gefällt.

 

Entlang der östlichen Paralia hat es einige Hotels. Nicht ganz so große Betonkästen wie am Fähranleger. Die meisten sehen unbewohnt aus, nur bei „Akti“ scheint jemand zu wohnen – es hat Badewäsche auf dem Balkon. Und hier am Ufer hat es auch einige passabel aussehende Ministrände.

Dann müssen wir wieder zum Anleger vor, durch eine Palmenallee.

Das Schiff, wieder die "Apollon Hellas", hat eine halbe Stunde Verspätung, man sieht es erst recht spät um die östliche Halbinsel biegen. Allmählich versammeln sich einige Abholer am Anleger, und Taxis. Der schwarze Hund aus der Taverne hat sein Schläfchen abgebrochen und konferiert mit einem Hund auf der Ladefläche eines abgestellten Pickups.

Nun verlassen viele Menschen das Schiff – letzte Gelegenheit um Ostern auf Methana zu verbringen. Ach nein, es ist ja nur eine Halbinsel, natürlich kann man auch auf dem Landweg kommen. Wir sind dagegen wieder die Einzigen, die auf das Schiff gehen. Und in einer halben Stunde nach Poros zurückfahren.

Ein Besuch auf Methana. Ein Kurzbesuch nur, aber er hat Appetit gemacht.

 

Nun warten wir auf die Osternacht.