Von Lefkada nach Vathy/Ithaki

Die Fähre "Captain Aristidis" legt pünktlich in Vassiliki ab. Kurs nach Süden. Schön, endlich richtig auf dem Meer unterwegs zu sein, auch wenn der Horizont fast überall von Land begrenzt wird! Auf dem oberen Deck zieht es zu sehr, auf dem seitlichen haben wir die Wahl zwischen zu warm (auf der Ostseite) oder zu heiß (auf der Westseite).


Ithaki haben wir schon im Blick, aber zuerst hält das Schiff in Fiskardo auf Kefalonia. Das ist ein überraschend knuffiges Örtchen mit skandinavischem Flair. Vielleicht etwas zu gepflegt, und im und am Hafen herrscht geradezu Gedränge - Segelboote, Yachten, Sea-Kayaks, Leute. Eine ganze Gruppe kurzbehoster junger Frauen kommt an Bord, sie sprechen irgendeine osteuropäische Sprache. Ah, nun doch. Nach Ithaki werden sie aber wohl eher nicht wollen, schätze (oder hoffe?) ich.

Ithaki
Ithaki

Nun kommen wir dem Ziel näher, denn die Fahrt verläuft um die Nordspitzen Ithakis. Alles sehr grün, und kein Haus dazwischen. Schließlich fallen die Hänge zu einer Bucht ab, an deren Ende ein paar Häuser zu erkennen sind. Unser Ziel, Frikes. Das sieht sehr nett aus, und ich überlege, ob ich es bedauern soll, nicht doch Frikes als Standquartier ausgewählt zu haben. Ich hatte das erwogen, aber befürchtet, dass es erstens zu abseits ist, und zweitens im Mai noch zu unbelebt.


Und so hatte ich Vathy im Südteil der Insel ausgewählt. Ithaki ist eine extrem zweigeteilte Insel, deren Nord- und Südteil nur durch einen schmalen (aber hohen) Isthmos verbunden sind. Vathy ist der Hauptort und liegt - wie der Namen sagt - an einer tiefen und geschützten Bucht (die ihrerseits von einer Bucht abzweigt. Verwirrend? Vielleicht hilft ein Blick auf die Karte.) Da der Ort sehr weitläufig ist, und sich auch über einige Höhenmeter erstreckt, habe ich darauf verzichtet, uns erst vor Ort etwas zu suchen. Booking verzeichnete nur teure oder abseits gelegene Quartiere, viele hat im Mai auch noch geschlossen. Bei In-Greece fand ich schließlich Arions Tipps Veronis Apartments. (Reiner - möge dir die Erde leicht sein! Wir haben uns oft missverstanden oder völlig entgegengesetzte Meinungen gepflegt, aber mit wem soll ich jetzt noch beim Inselsammeln konkurrieren? Es ist alles eitel....), und die Anfrage dort ergab nicht nur, dass es im Mai schon offen hat, sondern auch preisgünstige 30 Euro pro Nacht im DZ. Ok, der Pool würde noch mit Regenwasser vom Winter gefüllt sein, unkte Theo, aber ich brauche ja keinen Pool. Und es gab ein paar Stufen von der Paralia und Ortsmitte aus zu erklimmen. Macht uns doch nichts. Oder?

 

Nun kommen wir aber im Norden an, in Frikes. Einen Inselbus gibt es auf Ithaki zwar, aber der verkehrt genau zweimal täglich, am frühen Morgen und am Mittag. So für uns nicht wirklich zu gebrauchen. Also hab ich unseren Zimmervermieter Capetan Makis gleich nach einem Taxifahrer gefragt, und der hat mir die Telefonnummer von Dionysis gegeben, den ich von Vassiliki aus angerufen habe. Er wird uns abholen.

Das war eine gute Idee, denn sonst wäre vermutlich kein Taxi dagewesen als wir in Frikes anlegen. Dionysis, ein sympathischer und großgewachsener junger Mann, der mit seiner Körperlänge gerade so hinters Steuer passt, fährt uns gemütlich nach Vathy. Erst durch das Binnendorf Stavros durch, das sich als ein mit zahlreichen Kafenia belebter, eher untouristischer  Ort präsentiert, dann entlang der Westküste auf einer beeindruckenden Panoramastraße nach Süden, mit Blick hinüber auf Kefalonia. Hier zeigt sich Ithaki von seiner steilen Seite, und ich freu mich darauf, mir die Insel in den nächsten Tagen näher anzusehen und zu erwandern.

 

Über den Isthmos bei Chani wechseln wir in den Südteil der Insel, nähern uns bei Bros Aetos wieder der Meereshöhe und gelangen schließlich, nach knapp halbstündiger Fahrt, in die Bucht von Vathy. Als das Taxi von der Hauptstraße  nach rechts abbiegt, sich ein paar enge Kurven hochquält und wir schon fast wieder aus dem Ort draußen sind, habe ich Zweifel an der Qualität meiner Quartierwahl. Aber dann sind wir da, Dionysis fährt die Einfahrt zur Anlage der Veronis-Apartments hoch. Und wir finden uns in einem gepflegten Garten mit einem blitzsauberen Pool wieder, und unser Wirt, Capetan Makis (für Gerassimos) Veronis empfängt uns.

Wir sind die einzigen Gäste, bekommen ein schönes und geräumiges Zimmer im ersten Stock, mit Kochecke und einem Balkon mit Blick über die Bucht von Vathy. Wow!! Und das Ganze kostet uns pro Nacht gerade mal dreißig Euro - kaum zu glauben! Capetan Makis wohnt mit seiner Frau im oberen Stockwerk, laut seiner Visitenkarte ist er der Vizebürgermeister von Ithaki. Die Apartmentanlage mit Pool, Garten und vor allem dem Gartenhaus (seinem Refugium) hat er peu à peu aufgebaut, und dass er sie mit viel Liebe und Herzblut betreibt, merkt man überall.

Der Blick vom Balkon
Der Blick vom Balkon

Auf einen klitzekleinen Schönheitsfehler am Ganzen muss er uns aber gleich hinweisen: auf den Weg hinab nach Vathy, an die Paralia und ins Ortszentrum. Es sind sogar zwei Wege - entweder links an der Kirche Kimisi Theotokou vorbei und einen gepflasterten Weg hinab, oder rechts die Straße vor und dann die Treppen hinab, zwei Etagen. Fünfzig Meter Höhenunterschied - ohne erhöhte Lage kein Panoramablick. Die Mutter wird noch stöhnen deshalb.

Nach drei Uhr sind wir auf dem Zimmer eingerichtet und steigen wir abwärts ins Zentrum, zur Erkundigung von Vathy, und zum Einkaufen. Drunten merken wir: das war ein blöde Idee, denn die Läden haben alle gerade Mittagspause. Dabei präsentieren sogar zwei Cafés verlockend frisches Eis in zahlreichen Sorten. Aber leider keinen Verkäufer dazu.

 

Trösten wir uns mit Fertigeis vom Periptero (das hat immer offen), das wir via à vis von Odysseus an der Platia einnehmen.

Odysseus, der Inselheld. Ich als Penelope (der ich mich als Webmeisterin durchaus verbunden fühle) hätte ihm schön heimgeleuchtet wenn er nach zwanzig Jahren mit so faulen Ausreden heimgekommen wäre... Von denen er alleine sieben Jahre bei der Nymphe Kalypso verbracht hat (auf Gozo, Lipsi, Gavdos oder Lipari - Ogygia ist an vielen Orten, wie es das jeweilige Fremdenverkehrsamt braucht).

Und Odysseus fand es dann nach den Heldentaten von Troja und der Odyssee sicher auch ziemlich langweilig auf Ithaka (von dem überhaupt nicht sicher ist, dass es tatsächlich auf diesem Ithaki lag - Dörpfeld war anderer Meinung) . Wie Kavafis so schön schrieb  "Ithaka gab dir die schöne Reise. Du wärest ohne es nicht auf die Fahrt gegangen. Nun hat es dir nicht mehr zu geben."

 

Aber natürlich ist man hier auf Ithaki sicher, dass man die richtige Insel des Odysseus ist. Und Odysseus (der auf Griechisch Odysséas heißt) wird überall hochgehalten. Im Kreis der großen und bekannteren ionischen Inseln hat es Ithaki eh schon schwer genug sich gut zu platzieren (was es für uns attraktiv macht).

Wir gehen auf der östlichen Seite der Bucht entlang, vorbei am Hotel Mentor (das Doppelzimmer ab 70 Euro, Frühstück inklusive), ein häßlicher Kasten, und Meerblick hat man auch nicht überall. Weiter westlich der hellblaue Gebäudekomplex der Luxushotels Perantzada. Hübsch. Weiter nördlich spielt offensichtlich sich das Nachtleben von Vathy ab, eine Bar an der anderen. Mittags natürlich alle geschlossen. Dann das (ziemlich kleine) Hotel Omikron (das Doppelzimmer ab hundert Euro!!), und schließlich die Anlage von Captain Yiannis, mit Garten, Pool und spielenden Kindern. Schon ganz schön abseits. Nein, nein, unser Quartier ist schon bestens. Trotz der Stufen.

 

Nun im Wald, vorbei an einer kleinen Marina und dem Strand von Loutsa könnte man bis Agios Andreas weitergehen (ca, 3,5 Kilometer oneway), wo die Bucht von Vathy endet. Aber uns plagen heute Kreuzschmerzen, und die Sonne sticht ganz schön, und so drehen wir bei der Marina (die vor allem von deutschen und österreichischen Seglern frequentiert zu werden scheint) wieder um.

Man sieht ganz gut auf die in der Bucht liegende kleine baumbestandene Insel Lazareto (früher die Quarantänestation, Lord Byron schwamm während seines Ithaki-Aufenthaltes oft hinüber. Über Ithaki soll er Folgendes gesagt haben: "If this island belonged to me I would bury all my books here and never go away." Hmm, das würde ich auch tun. :-) ).

Zurück in Vathy suchen wir das maritime und volkskundliche Museum, das sich hinter der Taverne Poseidon befindet (und hinter einer Kopie des Poseidon von Sunio). Wir würden es gerne besuchen, aber es stehen keine Öffnungszeiten dran. Irgendwo hatte ich gelesen, es hätte mittwochs bis sonntags von 9 bis 14 Uhr offen. Das müsste sich doch einrichten lassen). Auch ein archäologisches Museum gibt es in Vathy (und ein weiteres in Platrithias im Inselnorden).

 

1953 hat ein schweres Erdbeben Ithaki  und die Nachbarinseln heftig erschüttert, damals wurden fast alle Gebäude auf der Insel zerstört (außer in Kioni). Man hat Vathy im alten Stil wieder aufgebaut, die neoklassizistischen Häuserfronten zum Ufer hin vermitteln eine einheitliches und hübsches Bild.

Dominierendes Gebäude der östlichen Paralia ist die Villa Drakoulis, die einer Reederfamilie gehört hat (viele Ithaker fuhren und fahren zur See). Jetzt ist das Gebäude, das inzwischen eine Café-Bar beherbergt, samt den es umgebenden Garten und Wassergraben komplett abgesperrt und verhüllt - Renovierungsarbeiten. Schade.

 

In der Gasse hinter der Paralia - vorne dominieren die Cafés und Tavernen, aber es hat auch einen Bäcker - gibt es ein einige Läden mit so ziemlich allem, was man zu Leben braucht (und auch dem was man nicht braucht) . Es ist nach 17 Uhr, nun hat - bis auf den zweiten Bäcker - alles geöffnet, und wir können unseren Frühstücksproviant für die nächsten Tage aufstocken. Wie wir - zu teuer - eingekauft haben, sehen wir einen Supermarkt in dritter Reihe. Na, schon zu spät.

Nun geht es wieder an den Aufstieg, ächz. Zum Glück müssen wir kein Wasser schleppen, denn das Leitungswasser schmeckt akzeptabel.

Und dann teste ich den Pool. Das Wasser ist sauber und nicht zu kalt. Am Poolrand hat man auch jetzt noch Sonne, während unser nach Norden schauender Balkon schon lange im Schatten liegt. Schön hier. Bloß der in der Nachbarschaft hysterisch kläffende Hund nervt.

 

Zum Abendessen müssen wir nochmals runter, da hilft alles nichts (außer Fasten). Dieses Mal gehen wir westlich, an der Kirche  vorbei, und kaum sind wir unten, werden wir von einer Frau abgefangen, die uns die Visitenkarte eines Lokals in die Hand drückt. Es heißt "Portoni", und sei direkt hier, in zweiter Reihe zur Uferpromenade. Mhh, solche "Einfängerei" mögen wir nicht. Zuerst wollen wir aber sowieso zum Autoverleiher, ein Angebot einholen. Der Anbieter AGS ist direkt hier am Platz, und einen Fiat Panda bekommen wir für 30 Euro am Tag, ab drei Tagen für 25. Direkt hier vor Ort, kein Problem.

 

An der westlichen Paralia, wo die großen Yachten anlegen (die kleinen müssen in der Bucht ankern), liegt jetzt eine sehr große Motoryacht, die AFRICA. Gut bewacht darf man ihr nicht zu nahe kommen. Ein Promi zu Besuch? Auf Ithaki?

Die zahlreichen Tavernen an der Paralia sind mäßig belegt, keine Ahnung wo wir hinsollen. Vielleicht doch ins "Portoni"? Das habe gerade erst aufgemacht, hatte die Frau gesagt, und am Anfang gibt man sich ja noch Mühe.

 

Also setzen wir uns in den Garten des etwas versteckt liegenden Gasthauses. Wir sind die einzigen Gäste, und die Gastgeber, ein junges Paar, freuen sich über unseren Besuch. Sie würden ausschließlich mit regionalen Produkten kochen, und hätten auch Biowein auf eigenem Inselanbau. Klingt gut. Die Karte ist angesichts der spärlichen Kundschaft überschaubar, wir bestellen zwei Mal die empfohlene Moussaka und als Vorspeise Tiropittes. Dazu von dem Inselwein, der mit der typischen trüben Farbe, und dem leicht sherryähnlichen Geschmack gewöhnungsbedürftig ist (aber uns durchaus vertraut - zum Beispiel von Langada auf Amorgos letzten September).

 

Die Moussaka ist köstlich, und die Tiropittes sind zwar knallheiß, aber schmecken wunderbar. Schade nur, dass man hier so gar nichts vom Hafentreiben sieht. Die Rechnung fällt mit 32 Euro höher aus als gedacht (Moussaka kostet 10,50, der lokale Wein fünf Euro der halbe Liter), trotzdem können wir das Lokal empfehlen. Das junge Paar wird es nicht leicht haben mit der Lage im Hinterhof - die Segler bleiben doch lieber in den Ufertavernen (die qualitativ aber nicht mithalten können, wie wir noch merken werden), aber wir wünschen ihnen alles Gute!

 

Und dann steigen wir wieder hinauf zu unserem Domizil. Morgen wird dann wieder gewandert, in der näheren Umgebung.