Heute ist unser letzter Tage auf Chalki. Wir lassen es ruhig angehen. Das Wetter ist unverändert schön – Vorteil wenn man erst Ende Mai nach Griechenland fährt. Und vielleicht ist auf den Dodekanes das Wetter auch beständiger als auf den Kykladen.
Wir bummeln noch einmal durch den Ort, sehen uns die schönen Häuser an, die überbordende Blütenpracht. Manchmal sind die Blumen so bunt, so schreiend, das tut schon fast weh. Oder das Haus mit den beiden Statuen – amphorentragende Frauen – really nice! Ein paar ganz kleine Kätzchen turnen in einer Hausruine herum – das optimale Gelände zum Verstecken und Spielen. Was man in einer der Wohnungen vorne am Ufer wohl bezahlt pro Tag? Ach, wir sind mit unserer „Villa Neovi“ absolut zufrieden.Trotzdem würden wir uns so eine Villa gerne von innen ansehen, zum Beispiel die „Villa Praxithea“, die besonders edel aussieht. Wie wir da so stehen, werden wir von drinnen angesprochen. Eine Frau, offenbar die Putzfrau, oder das Zimmermädchen. Ob wir gerne einmal hereinkommen möchten? Klar möchten wir! Das Haus besteht aus zwei Appartements, wir dürfen in das im ersten Stock gucken, das für bis zu sechs Personen gedacht ist. Edel sparsam alles eingerichtet, dunkle Holzmöbel, heller Holzboden oder Fliesen, weiße Wände, neoklassizistisch. Das Zimmermädchen ist unheimlich gesprächig, sie erzählt und erzählt, auf Griechisch natürlich. Über die Geschichte des Hauses, über sich, fragt uns aus. Ich glaube, ich habe hier mein längstes Gespräch auf Griechisch im ganzen Urlaub. Und dabei ist sie gar keine Griechin (natürlich nicht, in den letzten Jahren schon mal ein Zimmermädchen in Griechenland getroffen, das aus Griechenland ist?), sie kommt aus der Ukraine, ist seit 3 Jahren da und spricht ausgezeichnet Griechisch. Auch ihr Bruder sei hier, es würde ihr gefallen hier, auch ist sie das ganze Jahr auf Chalki.
Unten hat es noch eine Wohnung, für bis zu acht Personen, eines der Schlafzimmer separat. Natürlich mit direktem Meereszugang mit Liegeplatz, Garten, Balkon, Terrasse. Nur unsere Frage nach dem Mietpreis kann die Ukrainerin nicht beantworten, sie putzt hier nur.
Dann sind wir wieder bei der Kirche, wo im Schatten eines Baumes zwei Fischer sitzen und Garnelen pulen. Das Meer im Hafenbecken ist so klar, so türkis dass die Kaikis darin zu schweben scheinen. Am Anlieger liegt ein „Flying Dolphin“, eine große Schar Jugendlicher und Erwachsener kommen herunter – ein Ausflug von Kos, Sightseeing auf der kleinen Insel. Zum Baden hat Kos allerdings die besseren Strände, und an Sehenswürdigkeiten hat Chalki auch nicht so viel zu bieten. Nun, im Café sitzen kann man überall, nach einem kurzen Kirchenbesuch. Die Atmosphäre genießen.
Wir essen einen griechischen Salat und Tzatziki in einer sehr neu aussehenden Taverne, gehen dann noch bei Zifos Travel vorbei um unser Zimmer zu bezahlen. Jannis ist nicht da, wir sollen am Abend vorbeikommen, nach 18 Uhr, das Büro wäre lange geöffnet. Über die Abfahrtszeiten der Fähren wissen die beiden Damen im Reisebüro leider nicht Bescheid, wir werden einfach direkt an den Fähren fragen.
Die Begleiterinnen wollen dann doch auch noch um 17.20 Uhr mit dem Bus zum Johanneskloster fahren, ich möchte noch zu den Windmühlen hinauf, fotografieren und am Pondamos-Strand baden. Zuerst sehe ich mit das Hotel Chalki, nun „Xiona“ an – nein, hier wohnt noch niemand. 700.000 Euro haben der griechische Staat und die EU hier investiert – hoffentlich lohnt es sich! Wie ich den benachbarten Hügel mit den Windmühlen erklimme, sehe ich, wie sich die Fähre „Nissos Halki“ und der Flying Dolphin ein Wettrennen um die Ausfahrt aus dem Hafen liefern – das die Fähre natürlich verliert.
Von den Windmühlen hat man eine schöne Aussicht auf den Ort, hinauf zur Burg, hinüber zur Halbinsel Trachia und hinüber nach Rhodos, wo sich wenig später im Abendlicht der Gebirgszug des 1.215 Meter hohen Attaviros wie ein riesiger Schneeberg präsentiert. Oder wie der Mont Ventoux in der Provence.
Die Windmühlen sind eher unspektakulär, beachtlich dagegen die Dornen, die meine Beine attackieren. Und ich hab nur Sandalen an. Hinter den Windmühlen der für Inseln unvermeidliche Heliport. Das Meer am Pondamos-Strand immer noch badwarm und flach.
Auf dem Rückweg durch das Dorf komme ich an der Schule vorbei, wo gerade Tanzunterricht für die Schulkinder stattfindet. Sogar mit einem Lyraspieler – das sehe ich mir an, bekomme gleich einen Stuhl angeboten. Geübt werden vor allem kretische Tänze und der unvermeidliche Kalamatianos. Auf 12 oder 15 Mädels kommt nur ein Junge, aber alle sind mit Begeisterung bei der Sache, tanzen wirklich schön. Nette, hübsche Kinder hier, schlank und freundlich. Die Lehrerin mit unheimlicher Geduld – am liebsten würde ich mittanzen, aber das käme wohl nicht gut.
In unserem Quartier unterhalte ich mich mit der Nachbarin, die gut Englisch spricht und ihre Sprachkenntnisse loswerden will. Sonntags führe die Fähre erst um 7 Uhr, nicht wie werktags um 6 Uhr. Und am Nachmittag, um 16 Uhr, für die Wochenendausflügler. Nein, sonntags gäbe es keinen Bus nach Rhodos-Stadt. Nein, Taxis gäbe es dort auch keine in Kamiros Skala, man muss sie telefonisch in Rhodos-Stadt anfordern, die Fahrt kostet ca. 40 Euro. Sie gibt uns die Telefonnummer eines Taxifahrers ihres Vertrauens.
Bevor wir Abendessen gehen, müssen wir unser Zimmer bezahlen. Es ist 20 Uhr – und das Büro hat zu. Britische Geschäftszeiten, wie mir scheint. Wir wollen am Morgen mit der Fähre weg, da sollten wir schon heute bezahlen. Vielleicht ist später offen.
Dann fragen wir an der Fähre „Nissos Halki“ wann sie am nächsten Tag nach Rhodos fährt. Erst am Nachmittag. Aber die „Nikos Express“ fährt um 7 Uhr, wie uns ein Mann der Besatzung erklärt. Wir würden kommen, er solle auf uns warten!
Wir essen im „Remezzo“, auch sehr gut, mit Seitenblick auf das Eröffnungsspiel der Fußball-Europameisterschaft auf einem Flachbildschirm der benachbarten Bar, Schweiz gegen Tschechien. Das Zuschauerinteresse ist mäßig, kein Wunder, die Engländer sind ja nicht dabei. ;-) Höher schlagen die Wellen beim anschließenden Spiel von Portugal gegen die Türkei – die Sympathien sind klar verteilt.
Ich versuche es noch einmal vergeblich im Reisebüro. Spreche den Besitzer des nebenan liegenden Supermarktes an – ein kurzes Telefonat und schon biegt Jannis um die Ecke. Ich bezahle, erhalte meinen Personalausweis zurück (an dem war mir vor allem gelegen, das Geld wäre ich schon irgendwo losgeworden) und bekomme nochmals die Auskunft auf die Fahrtzeiten der Fähre. Jannis wundert sich, dass wir nicht erst am Nachmittag um 16 Uhr abreisen, er hat recht, es würde reichen auf unseren Rückflug um 21.30 Uhr, ist uns aber trotzdem etwas zu knapp. Wir wollen den Tag in Kamiros Skala verbringen, einem Weiler, von dem der Michael-Müller-Reiseführer schreibt, dass die Rhodier dort gerne ihren Sonntagsausflug hinmachen – klingt doch gut, oder?
Als der Wecker frühmorgens klingelt, finde ich die Idee nicht mehr richtig gut. Schnell fertig packen, runter zur Fähre. Es ist 10 Minuten vor 7 Uhr als wir an Bord gehen, außer uns nur wenige Passagiere. Und kaum sind wir da, sind auch schon die Leinen los – Abfahrt. Unpünktlich ist auch, wenn man zu früh abfährt, uns ist es aber egal, Hauptsache, wir sind drauf. Wenig später kommt der Fahrkartenverkäufer, 10 Euro pro Person sind auch nicht wirklich ein günstiger Preis für die gute Stunde Fahrt. Ganz glatt liegt das Meer im frühen Licht, wir entfernen uns von Chalki, die Silhouette des Kastro zeichnet sich ab.
Rechts liegt die Insel Nisso, links hat man den Blick nach Kania, die Fischzucht. Später die Insel Alimia mit einer Johanniterburg darauf, dahinter dann Kurs auf Kamiros Skala und schon wieder eine Burg, rechts an der Küste. Wir fühlen uns wie am Rhein. Dann kommt Kamiros Skala in Sicht. Oh. Es ist klein, sehr klein. Eigentlich kein Ort, nur ein paar Häuser (Tavernen) und Gewächshäuser. Ein Mini-Anleger. Zwei oder drei Angler, das soll hier ein Anglerparadies sein. Nichts einladendes Strandmäßiges. Zu allem Überfluss grauer Himmel, als ob es gleich regnen wollte. Hier sollen wir den Tag verbringen? Der wird dann aber lang, es ist gerade 8 Uhr vorbei. Konsterniert gehen wir an Land. Die Tavernen sind alle noch zu, wir bekommen aber von einer mitreisenden Deutschen (mit zwei Kätzchen im Schlepptau, sie deshalb leicht hysterisch) den Tipp, dass die Taverne oberhalb der Straße schon offen hätte und man dort gut frühstücken könnte. Nach frühstücken ist uns nicht, aber es ist auch klar, dass wir hier nicht bleiben wollen. Wir werden den Tag in Rhodos-Stadt verbringen, brauchen aber ein Taxi dazu. Es steht ja eines unten am Anleger, aber kein Fahrer.
Es fängt tatsächlich auch leicht an zu nieseln, das fehlt noch! So trinken wir in der Taverne einen Kaffee und essen ein leckeres Stück Galaktobureko, und fragen nach einem Taxi. Die Wirtin telefoniert, normalerweise muss es erst von Rhodos-Stadt kommen, was ungefähr eine halbe Stunde dauert. Allerdings erwischt die Wirtin doch tatsächlich den Fahrer, dessen Taxi am Hafen steht. Und 5 Minuten später ist das Taxi da – soo schnell hatten wir gar nicht damit gerechnet, müssen uns sputen.
40 Euro kostet die gut halbstündige Fahrt nach Rhodos-Stadt, zum Flughafen ein paar Euro weniger. Wir fragen den Fahrer ob es am Flughafen Schließfächer gibt – er hält auf dem Weg dort und fragt – es gibt keine. Aber am Hafen von Rhodos können wir unsere Trolleys am Café im Warteraum für jeweils einen Euro bis 18 Uhr am Abend unterstellen, das ist optimal. Und so bummeln wir durch die noch leere Stadt. Es scheint so als ob den furchtbar lästigen Anpreisern inzwischen Einhalt geboten wurde – man wird – auch später - nur noch wenig angesprochen, wie angenehm.
Einkaufen, bummeln, eine Kleinigkeit essen, ein Museumsbesuch, am Hafen sitzen und einfach gucken – wir bringen den Tag vorbei. Und damit unseren Urlaub.
So unterschiedliche Inseln: Kasos, Karpathos, Chalki.
Schön waren sie alle, auf unterschiedliche Weise.
Unvergesslich.
Eine empfehlenswerte Tour!
Mai / Juni 2008