Dunkle Wolken hängen über Donoussa, als wir uns am nächsten Tag auf dem Platz vor der Terrasse in der Sonne fürs Frühstück einrichten. Es wird doch nicht regnen? Ein halbes Dutzend Katzen belagert uns beim Frühstück. Nick/Nikos scheint sie nicht zu mögen, am Abend sehen wir wie er mit Steinen nach ihnen wirft (und trifft!) Der Frühstücksplatz ist insofern etwas ungünstig, weil die arbeitende Familie Sigalas ständig bei uns vorbeiläuft, auf dem Weg zu den handwerklich zu bearbeitenden Zimmern. Was gäbe ich um die Gedanke unseres Vermieters.... („varuckte Weiber“?)
Unsere Frage nach Regen verneint er, immerhin.
Weil die Begleiterinnen noch ein wenig faulenzen wollen, mache ich einen Bummel um den Ort. Jetzt war das Benzin-Tankschiff da, ging recht schnell, viel Sprit wird auf Donoussa nicht benötig.
In der südlichen Ecke des Strandes liegen jede Menge angeschwemmte Quallen von der Sorte, die ich schon von Katapola kenne. Sollte unser Badevergnügen heute Nachmittag am Kendros-Strand durch sie getrübt werden? Ich ignoriere die Mistviecher einfach, biege bei „Aposperitis“ nach rechts ab, am Mini-Market vorbei, dann am nagelneuen Gemeindezentrum bei der Post. Muss doch mal gucken ob die Bude noch existiert, in der ich vor Jahren gewohnt habe. Dazu muss ich an der Post vorbei fast bis ans Ortsende, und ich glaube, sie zu erkennen. Sieht nicht so richtig toll aus, war es schon damals nicht, aber als Studentin war ich dankbar für günstige Unterkünfte (und das war sie, 1800 Drachmen pro Nacht). Dann wieder vor, an der Kirche und der OTE-Station vorbei, hinauf auf den Buckel, zur Straße, die auf die Umgehungsstraße führt. Nördlich um Agios Stavros, Naxos scheint heute sehr nahe zu liegen, Koufonissi ist zu sehen, dahinter Iraklia, und links das unvermeidliche Keros. Ein Verkehrsschild weist auf eine scharfe Kurve hin, wo ist das denn übriggeblieben? Nett das Fischerbötchen, das draußen vorbeituckert. Wieder die Sonnenflügel, dahinter das Meer, und Amorgos in voller Breitseite.
Am westlichen Ortseingang von Stavros Bauarbeiten, die Straße ist tief und lang aufgerissen. Gestern schon haben wir hier arbeiten sehen (na ja, arbeiten – einer arbeitet, die anderen beraten), der Vorarbeiter stellte einen Anderen in den Senkel, die Tiefe der Grube stimmte nicht. Sieht nach Kanalisation aus – gibt es auf Donoussa womöglich bald eine Kläranlage? Oder wird nur das Abwasserrohr weiter nach draußen verlegt? Ein paar stufenförmig angeordnete Ferienhäuschen befinden sich auf dieser Seite des Ortes, sehen nicht schlecht aus, aber natürlich noch unbewohnt zu dieser Jahreszeit.
Heute ist Samstag, also kein Skopelitis-Tag. Ob heute Nacht die Blue Star gekommen ist? Wir haben nichts gehört oder gesehen. Der Ort liegt ausgestorben da, nur das Hämmern von Handwerkern in der einen oder anderen Ecke ist zu hören.
Später dann zum Kendros-Strand. In der Taverne dort sitzt eine Parea, man feiert und grillt privat, denn es wird abgewunken als wir nachfragen ob geöffnet wäre. Wieder die Lehrer? Quallen sehen wir keine am Strand, also trau ich mich ins Wasser (die Begleiterinnen verzichten bei knapp 19°C Wassertemperatur). Es fühlt sich gar nicht sooo kalt an, wunderbar!
Dann Naxosaugen-Suche, außerdem sind die bunten Kieselsteine eine Wucht. Man könnte Tonnen mitnehmen. Wobei Kendros ein Sandstrand ist, nur durchzogen von den Steinen. Eine Frau mit Hund kommt, sie genießt den Strand ebenfalls trocken. Dann ein Mann, er geht auch ins Wasser. Einheimische, sie gesellen sich danach zur Parea in der Taverne. Alles sehr geruhsam.
Wunderschön der blühende Mohn am Weg zur Taverne. Und so nette blassviolette Blümchen zwischen den Steinen am Strand. Blöderweise fangen wir uns doch tatsächlich ein paar Teerflecken ein, die Nick praktischerweise mit Terpentin entfernt – das braucht er für seine Malerarbeiten.
Und das Beste ist das türkisgrüne Meer, das am Horizont heute einen genialen Blick auf Amorgos freigibt. Geht es uns gut!
Spät kehren wir ins Iliowasilema zurück. Schnell noch duschen vor dem Abendessen, heute im „Kapetan Giorgos“. Die Taverne ist voll mit jungen Männern, Arbeitern. Sportübertragung im Fernseher, Basketball zieht die Blicke auf sich. Die Essensauswahl auch hier überschaubar, schon wieder Soutzukakia als Tagesessen, das hatten wir gestern erst. Dann eben was vom Grill, den Klassiker: Suflaki, und Rote Beete und Chorta als Vorspeise. Alles sehr gut. Beim Wein sind wir etwas enthaltsamer als gestern.
Am Sonntag mache ich mich an die Inselumrundung. Vor Jahren gab es die Straße noch nicht, und ich hab die Tour gegen den Uhrzeigersinn gemacht. War schön damals. Nun will ich im Uhrzeigersinn, zuerst über den Berg nach Kalotaritissa, dann auf der Straße oder dem alten Weg, wenn erkennbar, über Mersini zurück. Ich gehe alleine, im Tempo der „Jajades“ brauche ich Tage für die Tour... Aber sie können ja nach Mersini laufen, zur Quelle, wenn sie Lust haben, wir treffen uns dann schon irgendwo, so groß ist die Insel ja nicht.
Im Ort komme ich an der Kirche vorbei, und weil heute Sonntag ist, und der Gottesdienst schon vorüber, ist die Kirche offen und ich kann sie mir von innen ansehen. Sie ist schön ausgemalt, die Bemalung sieht neu aus. Gefällt mir!
Ich wandere aus dem Ort hinaus nach Norden, überquere die Straße, es geht immer leicht bergan. Der Dieter-Graf-Führer nennt einen großen Baum als Ziel, den erreiche ich auf einem Pfad, lasse Agios Stavros unter mir liegen, steige sanft bergan auf einem steinigen Weg, überquere eine Bachbett. Die Schotterpiste vom Ort zerschneidet meinen Weg, ich muss ein wenig klettern um sie zu erreichen, gehe auf ihr weiter immer aufwärts.
Es macht Freunde, so zu wandern, ein frischer Wind sorgt für etwas Abkühlung, Orchideen blühen am Wegesrand. Im Westen sehe ich das Kap Aspros ins Meer hineinragen, sicher auch ein schöner Platz, einen Abstecher wert! Dahinter Naxos, wolkengekrönt. Weiter oben kann ich die Serpentinen abkürzen und bin nach einer knappen Stunde auf dem Pass, wo die Schotterpiste in einem Haufen vertrockneter Kakteen endet. Unter mir der weite Kessel der Bucht von Kalotaritissa (Ormos Roussas), die ich auch gerade noch sehen kann. Vor Jahren bin ich hier quasi in der Falllinie hinauf, wir waren spät dran und hatten keine Karte. Einen Weg suche ich hier aber vergeblich, sehe im Wanderführer nach: Der Weg geht in einem weiten Bogen links den Kessel entlang, an einigen Wegstellen fällt die Küste links steil ab und gibt tolle Ausblicke frei: Das Kap Aspros, das türkisfarbene Meer, einige bizarre Felsenformationen davor.
Auf der anderen Seite die Häuser von Kalotarisissa und die runde Bucht, in der sich im Ersten Weltkrieg zwei deutsche Kriegsschiffe versteckt hatten bevor die Deutschen sie den Türken schenkten (und damit die türkische Flotte verdreifachten - gerade gelesen in meiner Urlaubslektüre, dem Roman „Traum aus Stein und Federn“ von Louis de Bernières). Das Inselchen Skylonisi, die Hundeinsel. Im Dunst kann man Ikaria ahnen, mehr aber auch nicht. Ich winke zu Marga Richtung Kalymnos.
Marmorbrocken glitzern als Wegmarkierung, Steinmännchen helfen etwas weiter unten, dann erreiche ich Kalotaritissa. Der Ort scheint ausgestorben, nur einige Hühner mit Kücken beleben die Szenerie. Die sowieso nur vage Hoffnung auf eine geöffnete Taverne verflüchtigt sich. Immerhin, aus einer Türe guckt misstrauisch eine ältere Frau, ich grüße und gehe weiter. Die kleine Georgskapelle ist offen, Zeit, mal wieder Kerzen anzuzünden, innezuhalten.
Das Meer in der Roussasbucht lockt, lädt zum Bad ein. Sand und feiner Kies, wer kann da schon nein sagen zu wenigstens einer äußerlichen Erfrischung? Badeklamotten hab ich nicht dabei, aber es ist niemand zu sehen, also flugs ins flache Meer. Es kommt mir wärmer vor als gestern. Erst als ich das Meer verlasse, sehe ich einige Quallen am Ufersaum schwimmen. Zum Glück hat mich keine erwischt!
Nach dem Vertilgen eines Teiles meiner Vorräte bin ich wieder frisch und gestärkt für Teil 2 der Tour, nun weitgehend auf der Straße. Das heißt, das erste Stück nach Kalotaritissa geht unterhalb der Straße am Ufer entlang, nach ein paar hundert Metern, bei einem umzäunten Gartengrundstück, muss man dann recht steil hinauf, im Zick-Zack, und landet endlich auf der Straße. Auf dieser nun südostwärts. Der Dieter-Graf-Wanderführer empfiehlt immer mal wieder auf den Reste des alten Weges zu laufen, aber die Suche danach und die Wegeführung ist mir zu anstrengend, ich bleibe der Straße treu. Rechts erstrecken sich grüne Getreideterrassen, an den Rändern der unvermeidliche Mohn. Ob die Gerste hier noch geerntet wird? Ziegen und Schafe abgezäunt dazwischen. Die Straßenränder holt sich die Natur schon wieder zurück, rosa Blumen (Winden?) wachsen herein. So auf der Straße laufen hat den Vorteil, dass man auch mal gucken und laufen gleichzeitig kann und den Blick in die Ferne schweifen lassen kann. Andererseits ist auf der Straße wandern ätzend: immer noch ne Biegung, und warm ist es auch ganz ordentlich.
Kein Auto weit und breit. Erst als die Straße bei einem kleinen Windrad einen Knick macht, kommt mir ein Auto entgegen, das bei einem netten Anwesen unterhalb der Straße hält. Nun kann es nicht mehr weit sein bis Mersini, und da sehe ich auch schon ein paar Häuser liegen, unterhalb, steige hinab, die Straße bleibt oben. An einem großen Taubenschlag vorbei, daneben ein Hühnerstall – Geflügelfreunde.
Am Ortsausgang von Agios Stavros werben abwechseln Schilder für zwei Tavernen in Mersini – ein Frappé wäre jetzt toll! Links die Taverne „Kori tou Michali“, ob ich da Glück habe? Wie ich so um die Ecke spähe, höre ich von rechts Stimmen. Bekannte Stimmen. Sie kommen aus dem „Tzi-Tzi“, der anderen Taverne, und gehören zu meinem Begleiterinnen. Sie sind tatsächlich nach Mersini gewandert, wobei sich die auf dem letzten Stück von der Wirtin des „Tzi-Tzi“ (die Frau mit Hund vom Strand des Vortages) in deren Auto mitnehmen ließen. Die Taverne – oder ist es nur ein Café? – hat aber noch zu, wobei es sich Lia, die Wirtin, nicht nehmen ließ, die Beiden mit einem Frappé zu erfrischen. Schade, da bin ich zu spät, denn sie sind gerade fertig, und wollen zur Quelle. Lias Esel „Ben“ (glaube ich) guckt neugierig um die Ecke, mit seinem wolligen Kopf sieht er aus wie ein Steiff-Tier. Er korrespondiert mit dem Hund gegenüber.
Die Quelle liegt ein gutes Stück unterhalb von Mersini in einem Wäldchen. Bin sehr gespannt. U., die wir vor Jahren auf Anafi getroffen hatten, war erschüttert über die gefasste Quelle mit den Goldfischen („Disneysierung“). Ich finde jetzt erst mal den schattigen Platz schön, und das frische Wasser (das aber, abgefüllt in die Trinkflasche, nach ein paar Stunden leicht gruftig und eher bäh schmeckt). Der perfekte Rastplatz! Ja, Goldfische sind da in dem Becken, ich glaube, drei Stück, hab sie aber nicht gezählt (Vergessen – signomi, Martin). Hat der Winter noch mal Tribut gefordert.
Was macht denn das wunderbar halbprovisorische angebrachte Brett über den Wasserausläufen? Versteckt sich dahinter ein Schmuckrelief oder so? Quellnymphen, oder Afrodite? Wir werden es nicht erfahren.
Wir vertilgen lieber den restlichen Proviant (ein paar Krümel für die Fische) und machen ein Päuschen unter dem Blättern der Platanen. Dann geht es weiter (für mich) und zurück (für die Begleiterinnen) nach Agios Stavros, nicht ohne der Kapelle Agia Sofia und dem kleinen Friedhof am Ortseingang von Mersini noch einen Besuch abzustatten. Da ist noch ein kleines Grab außerhalb der Friedhofsumfriedung, sonderbar.
Den Strand von Livadi ersparen wir uns, warum noch Schweiß vergießen wo wir doch Kendros für uns alleine haben und ich eh schon im Meer war? Nach einem Kilometer versperrt uns mal wieder ein Esel den Weg. Wenn ich dran denke, dass wir im Herbst auf Kreta nur einmal so ein Viech gesehen haben – der griechische Esel stirbt aus, aber zum Glück nicht hier. Bei Messaria (ein Weiler – ich habe Mühe, die drei Häuser als solchen zu identifizieren) sieht man ganz gut die Reste des alten Weges, ich lasse mich verführen, ihn zu benutzen und komme immer weiter von der Straße ab – wohl doch keine Abkürzung, wie komme ich denn jetzt wieder auf die Straße runter? Auf dem Hinterteil rutschend über Stock und Stein, aua.
In der Kendrosbucht liegt eine Segelyacht, Schweizer Beflaggung. Und ein paar Badegäste, Lia vom Tzi-Tzi ist auch wieder dabei. Da schau an, die Saison beginnt!
Noch schnell ein Blick auf den kleinen Friedhof von Agios Stavros, direkt vor dem "Iliowasilema". Die bekannten Namen....
Wir werden morgen weiterfahren, nach Koufonisi.
Die Tickets kaufe ich bei Christos in seinem kleinen Agentur gegenüber, neben der Taverne des „Iliowasilema“ , er öffnet extra für uns :-) Abfahrt gegen 8.15 Uhr, er wird uns zum Hafen bringen.
Oder sollen wir doch noch bleiben?
Nein, das nächste Ziel lockt, unruhiger Geist der ich bin.