Ein Sonntag zwischen Kloster und Leuchtturm,

und ein bißchen Montag hinterher

Der Sonntagmorgen überrascht mit weniger Wind und diesig-verschleierter Sonne. Ich kann gemütlich auf dem Balkon mit Skopelitis-Blick frühstücken (der Bäcker in Katapola hat auch sonntags geöffnet), und beschließe, am Vormittag dem Kloster Chozoviotissa einen Besuch abzustatten.

Unter meinem Balkon versammelt sich eine große Wandergruppe, Italiener offensichtlich, und mindestens zwanzig Leute. Wandern in so großen Gruppe? Nicht mein Fall.

Auf dem Weg zum Mietwagen sehe ich eine weitere, aber kleine Gruppe Wanderer, von denen mir eine Person bekannt vorkommt: es ist zwar schon zwölf Jahre her, dass wir uns getroffen haben, aber wenn das nicht Valentino mit einer Wandergruppe ist? Ich spreche ihn an, und er ist es. Das damalige Zusammentreffen war nicht ganz ungetrübt verlaufen, und meine kritische Schilderung ist ihm durchaus in Erinnerung. Mhh, das ist mir jetzt etwas peinlich, vielleicht sollte ich den Text etwas überarbeiten .... Ich verteidige mich damit, dass ich ihn und seine geführten Wanderungen immer wieder Interessierten empfehlen würde. Puh, gerade noch mal die Kurve gekriegt. :-)

Er hat nur eine kleine Gruppe von drei Mitwanderern dabei, die vorher auf Naxos war und nun bis morgen in Katapola bleiben und dann nach Egiali übersiedeln wird. Wir tauschen uns etwas über Wanderungen aus, und werden uns in den nächsten Tagen noch zweimal über den Weg laufen. So groß ist Amorgos dann eben doch nicht.

Dann schnell über den Berg. Kurz nach zehn Uhr stelle ich das Auto am Klosterparkplatz ab und erhasche den ersten Blick auf das beeindruckend in der Wand hängenden Gebäude. Immer wieder ein erhabener Anblick. Ganz gemütlich nehme ich den schweißtreibenden Stufenweg zum Kloster in Angriff, das ich nach einer knappen Viertelstunde erreiche. Sollten sich auch weniger wanderaffine Amorgos-Freunde unbedingt mal zumuten, aber besser nicht am Nachmittag, wenn die Sonne die Felsenwand erhitzt hat. Jetzt geht es noch, und man ist für etwas Wärme direkt dankbar.

 

In Anbetracht der Kleiderordnung - Rock für Frauen, lange Hosen für Männer, und bitte die Schultern bedeckt - habe ich ein Tuch als Rockersatz im Gepäck, das ich nun über die halblange Hose drapiere und dann das Kloster in angemessener demütiger Haltung mit gesenktem Kopf - die Türe ist sehr niedrig - betrete. Die steile Treppe hinauf, ein junger Mann nickt - Kleiderkontrolle überstanden - und winkt mich weiter hinauf in die Klosterkapelle. Die Kapellenaufsicht hat ein mittelalter Mann mit leicht verwildertem Outfit und Geruch, von den beiden Mönchen ist keiner zu sehen. Der Mann ist sehr auskunfts- und sprachfreudig, polyglott erzählt er einem französischen Mitbesucher und mir die Geschichte der Ikone und des Klosters, fragt nach unserer Herkunft und unseren Urlaubszielen, lässt sich von mir Sätze ins Deutsche übersetzen, die er dann mit seinem Smartphone aufnimmt um sie auswendig zu lernen. Eine intensive Begegnung, die das Kloster in den Hintergrund rückt. Wie gerne würde ich aber mal die anderen Räume sehen, die nicht für das Publikum zugänglich sind. Über hundert sollen es sein, die sich auf acht Etagen und einer maximalen Breite von acht Metern auftürmen. Aber als nichtorthodoxe Frau hab ich da kaum eine Chance.

 

Vertraut ist mir dagegen das grelle Licht, wenn man aus dem Dunkel der Kirche auf den kleinen Balkon tritt. Es scheint mir Teil der Klosterinszenierung zu sein. Ebenso wie der Psimeni Raki (anderswo auch als Rakomelo bekannt) und das Loukoumi, das man begleitet von einem Glas Wasser anschließend im Saloni unter den kritischen Augen von Dutzenden Äbten, die von Fotos von der Wand gucken, serviert bekommt. Ob der freundliche Abt Spiridon auch mal so einschüchternd von der Wand gucken wird? Schade, dass er nicht da ist.

Ich verlasse das Kloster und stelle draußen fest, dass die Zahl der Klosterkatzen geschrumpft scheint: nur zwei sind zu sehen. Dafür nimmt der Besucherzustrom zu. Ein österreichischer Skipper hat neulich mal behauptet, das Kloster würde Eintritt kosten. Das ist nicht wahr, und war es auch nie. Aber natürlich darf man eine Spende geben.

So, und nun schnell ins Meer. Zumindest wenn an Agia Anna wenig los ist, so dass ich flugs in Badeklamotten wechseln kann (oder auf diese ganz verzichten). Es ist gar niemand da, aber das deutliche Schild mit dem Nacktbade-Verbot kann ich trotzdem nicht ignorieren. Als ich den Fuß ins Wasser setze, weiß ich auch, warum ich hier alleine bade: es ist einfach saukalt: Mühsam bringt das Thermometer es auf 17 Grad. Das wird wieder ein schnelles Bad. Eine ankommende Französin kann sich dann auch nicht überwinden, es mir nachzutun, obwohl sie kaltes Wasser aus der Bretagne gewohnt sei, wie sie schnell erklärt. Überhaupt sind wieder viele Franzosen auf Amorgos.

Und nun? Ein Mittagsbummel in der Chora wäre schön, auch wenn ich morgen nach oben umziehen werde und dann alle Zeit der Welt für die Inselhauptstadt habe.

Ich stelle das Auto am Straßenrand beim Kreisverkehr ab und gehe zu Fuß in den Ort hinein, wo mich verhaltene Geschäftigkeit erwartet. Männer sitzen beim Frühschoppen im Schatten des Torbogens vor dem Saccharoplastio "Kallisto", anderswo werden die Pinsel geschwungen. Das kühle und nasse Wetter hat ein rechtzeitiges Abschließen der Malerarbeiten zu Ostern verhindert, und so muss das nun nachgeholt werden.

Ich lasse mich von den pittoresken Gassen der Chora begeistern, aber noch lange nicht alle Läden sind geöffnet. Aber das kleine archäologische Museum ist es, geschäftig fängt mich die Aufsteherin ein, als ich noch über die drei Euro Eintritt zögere. Gut, so kann ich bei meinem zehnten Amorgos-Aufenthalt tatsächlich eine Premiere feiern, und es besuchen. An den drei Euro soll es nicht scheitern, und auch nicht an der Maskenpflicht. Spektakuläres gibt es allerdings nicht zu sehen, nur die obligatorische Sammlung von kopflosen Statuen, Kykladenidolen, Grabreliefs, Amphoren und Vasen aus den lokalen Fundorten in Minoa und Arkesini. Am interessantesten sind die menschlichen Gebeine in einem riesigen Tonkrug. Im unteren Stockwerk gibt es weitere Exponate, und auch das Gebäude ist ganz interessant. Trotzdem dauert mein Museumsbesuch keine Viertelstunde. Wirklich was verpasst haben ich den vergangenen Jahrzehnten durch den Nichtbesuch offenbar nicht.

Im Mezedopolio "Kath'Odon" bestelle ich mir dann eine Revithada, die heute als Tagesessen offeriert wird. Stimmt, heute ist ja Sonntag und der Kichererbseneintopf ist ein klassisches sifniotisches Sonntagsessen. Offenbar auch auf Amorgos

Vor der Dreierkapelle oberhalb steht ein gutes Dutzend Tische und harrt des Anstrichs. Die fleißigen Anstreichenden machen gerade eine kleinen Pause im Schatten. In den nächsten Tagen werde ich den Fortschritt, nicht aber den Abschluss der Malerarbeiten beobachten können. Dauert offenbar länger als gedacht.

Gegen zwei Uhr kehre ich nach Katapola zurück, nicht ohne erneut die üppig blühenden Straßenränder abgelichtet zu haben. Vor dem Skopelitis Village drehen sich Lämmer am Spieß. Definitiv findet hier heute ein Fest statt. Eine Hochzeit? Ich muss mal Maria fragen, wenn ich sie treffe.

Für den Nachmittag habe ich mir eine kleinere Wanderung vorgenommen: Zum Leuchtturm am Kap Agios Ilias, nordwestlich der Bucht von Katapola. Es gibt eine kostenlose Amorgos-Karte mit neun bezeichneten Wanderwegen samt Varianten, diese Tour hat die Nummer 7A und ein Stück von 7 bis Nera. Ab Xilokeratidi ist sie mit einer Stunde fünf Minuten ausgeschildert.
Ich breche um 15 Uhr in Katapola auf, bin in zehn Minuten in Xilokeratidi und folge dort zunächst dem Weg zum Maltezi-Strand, steige aber nach dem Friedhof nicht zur Küste hinab, sondern folge der befestigten Straße, vorbei am Haus mit der Gedenktafel für Lorenz von Gyömorey, bis zu einem Holztor. Dahinter liegt ein Brunnen mit mehreren moosgrünen Becken, ich haben offensichtlich Nera (=Wässer) erreicht. Hier geht die Straße in einen breiten Stufenweg über, der weit oberhalb des Maltezi-Strandes nach Westen führt. Die Landschaft wird kärger, die Blumen schwinden. Zwanzig Minuten nach Nera erreiche ich eine kleine, steinigen Hochebene, violett getupft mit kurzstieligen Winden und umrandet von ruinösen Mauern und Mäuerchen. Ich überquere sie, und nun wird der Weg undeutlicher, verläuft über steiniges und zunehmend unbequemes Gelände voller niedriger Büsche und mit gelegentlich wegweisenden Steinmännchen. Zu gelegentlich, als dass ich mich nicht ab und zu verlaufen würde. Eine einsame Gegend ist das hier, noch nicht mal Ziegen begegne ich. Nach weiteren 25 Minuten gelange ich an einen verfallenen Hof, bei dem die Wegführung zunächst unklar ist. Ich halte mich am Haus vorbei weiter westlich, die Vegetation schrumpft und weicht zunehmend Steinbrocken, der Weg hält sich unterhalb eines Hügels. Nach fünf Viertelstunden ab Xilokeratidi liegt ein Felsenkap mit einer Kapelle vor mir. Vom Leuchtturm aber noch keine Spur, er muss dahinter nahe dem Meer liegen. Richtig bin ich trotzdem, nur mit 65 Minuten Gehzeit bis zum Faros war die Zeit am Wegweiser doch sehr sportlich angelegt. Der Himmel hat sich eingetrübt, der Wind zugenommen.

 

An der Kapelle des Profitis Ilias gönne ich mir eine Pause. Sie ist offen, hat eine einfache, blau gestrichene Ikonostase. Wunderbar die als Bestuhlung dienenden verschiedenfarbigen Klapphocker, fast schon Design.

Der Wind weht unbarmherzig über die nördliche Steilküste und das Felsenkap, an dessen unterem Ende ich einen Steinhaufen ausmachen kann. Der Leuchtturm? Ich hatte eigentlich ein komplettes Gebäude in Erinnerung, aber es ist auch lange her, dass ich hier nahe vorbeigefahren bin, mit der Skopelitis nach Egiali. Etwas weiter unten zeigt sich dann das moderne, kleine Leuchtfeuer hinter dem Steinhaufen, und noch weiter unten ein gemauerter runder Turm. Steht doch noch, der alte Leuchtturm.
Ein eckiger Kasten mit einem runden, etwas höheren Anbau, Baujahr 1822. Hier macht wohl niemand mit beim Aktionstag des offenen Leuchtturmes, hier ist immer offen. Die metallene Wendeltreppe erodiert im Türmchen vor sich hin, die Einbauschränke haben ihre Türen schon lange verloren. Aber das Plumpsklo scheint noch einsatzbereit.
Um was für einen Gebäude es sich bei dem etwas oberhalb stehenden Gebäudestumpf handelt, lässt sich aber nicht mehr feststellen. Ein älterer Turm?

Die Verlassenheit des Ortes bedrückt mich, nur der Wind sorgt für Bewegung und Geräusch in den glaslosen Fensterhöhlen, in der Ferne die Meeresbrandung. Ein Lost Place, leicht spooky. Es ist fast fünf Uhr geworden, ich halte mich nicht zu lange auf.

Auf dem Rückweg verlaufe ich mich mehrmals im Steingewirre der mittleren Passage. Meine im iPhone aufgezeichnete Spur von Herweg hilft etwas, damit ich nicht lange verloren gehe. Dennoch fluche ich über diesen unbequemen Wegteil, der ruhig besser bezeichnet sein dürfte.


Um Viertel vor sechs bin ich wieder am Felsenplateau mit den blassvioletten Winden und freue mich an dem nun besseren Weg und wenig später am Blick hinab zur Kapelle des heiligen Panteleimonas auf ihrem Felsenkap und auf die Bucht von Katapola dahinter. Nach drei Stunden 15 Minuten schließt sich der Kreis in Xilokeratidi. Das war heftiger als gedacht, acht Kilometer und 228 Höhenmeter rauf und runter.

Ich bin erledigt und die Füße tun mir weh. Soll ich gleich hier einkehren? Aber die Sonne ist weg, ohne Bewegung wird mir kalt. Und dann schallt von Rachidi das Geknalle von Feuerwerkskörpern herüber. Ich beschleunige so weit mir das eben noch möglich ist und treffe am Platz unterhalb der Hauptkirche Agios Georgios auf eine große Gesellschaft mit aufgebrezelten Frauen und Männern im Anzug, die sich rund um die Kirche Agios Georgios versammelt hat. Eine Hochzeit, definitiv. Meine Versuche, einen Blick auf Braut oder Bräutigam zu erhaschen, scheitern: die sind schon in der Kirche. Aber ich erfahre, welcher lokale Promi hier heute heiratet, und jetzt weiß ich auch, warum das an einem Sonntagnachmittag geschieht: Dimitris Skopelitis, der jüngste Spross der Fährendynastie Skopelitis und Kapitän in dritter Generation, heiratet seine Evangelia. Da ist natürlich die ganze Inselprominenz auf den Beinen (bestimmt auch Abt Spiridon, was dessen vormittägliche Abwesenheit im Kloster erklären würde), und weil die Skopelitis samstags noch ihre turnusgemäße Runde durch die Inselwelt der kleinen Kykladen bis Naxos drehen musste (und auch Gäste herbeigebracht hat), geht die Feier in diesem Falle nur sonntags. Bis tief in die Nacht werden die Nissiotika verhalten vom "Skopelitis Village" herab schallen, wo die Hochzeit gefeiert wird. Und morgen um sieben legt die Skopi schon wieder ab zur nächsten Runde. Ob das Brautpaar auf Hochzeitsreise gehen wird?

Ich habe dann immerhin auch noch zu feiern, dass der VfB Stuttgart den Bayern ein Unentschieden abtrotzt und damit die Hoffnung auf den Nichtabstieg noch eine Woche am Leben halten kann. Müde schlafe ich auf dem Bett ein und gehe erst spät zum Abendessen. Einige Tavernen in Katapola sind heute geschlossen, hier feiert man wohl bei der Hochzeit mit. Im "Corner" sind windgeschützte Tische und Plätze drinnen alle belegt, mit etwas Glück bekomme ich noch einen Tisch im "Kapetan Dimos" und esse Risotto mit Hühnchen. Erschöpft, müde und verfroren bin ich früh im Bett.

Morgen ziehe ich hinauf in die Chora. Zum ersten Mal werde ich dort oben wohnen, und ich freue mich darauf. Wenn nur bitte der kalte Wind etwas nachlässt!

 

*

 

Die Kühle und der Wind bleiben mir auch am Montag treu, der Himmel ist bewölkt. Besserung mit weniger Wind wird erst am Freitag prognostiziert, aber da werde ich schon die Insel wechseln. Trotzdem besser spät als nie, und über wenig Wind werde ich mich auf meinen nächsten Destination auch freuen. Oder gerade.

Ich packe meinen Sachen zusammen und frühstücke heute außer Haus, im "Mythos". Mal ein Omelette zur Abwechslung, und ein frischgepresster Orangensaft. Die selbstgemachte Marmelade ist auch gut. Wieder treffe ich Valentino mit seiner kleinen Wandertruppe. Sie wollen heute von der Chora nach Egiali wandern, das Gepäck reist per Auto mit, da sie den Inselosten von dort aus erwandern werden. Der Mann aus der Gruppe schildert eine anstrengende Wanderung im Inselwesten, von Arkesini oder Vroutsi nach Katapola. Bin ich vor Jahren mal gewandert, und würde mich wieder locken. Aber heute steht nochmals ein eher fauler Tag mit dem Mietwagen an. So schließe ich einen Bummel durch den Ort an, gehe bis zum westlichen Ende zu meinem früheren Quartier "Eleni". Und kommt dabei am Haus der Skopelitis' vorbei, das hochzeitlich mit Schleifen geschmückt. Auf noch viele Skopelitis-Generationen samt Fähren!

Kurz vor Mittag verabschiede ich mich von meiner Wirtin Maria. Aber wir sehen uns wieder, auch weil ich bis Freitag bei ihrer Tochter Evaggelia oben in den Chora im "Emprostiada" wohnen werde.

Beim letzten Amorgos-Besuch war mir das Gebäude im wunderschönen Garten oben in der Chora aufgefallen, und der Wunsch entstand, hier zu wohnen. Als ich mich nun nicht zwischen Katapola und Chora entscheiden konnte, und außerdem kein Zimmer mit Aussicht im ersten Stock des Hauses über eine ganze Woche verfügbar war, fand ich den passenden Kompromiss: erst drei Nächte unten in Katapola, dann vier oben in der Chora im Zimmer namens "Pounti". 50 Euro kostet die Nacht dort, und das gönne ich mir jetzt.

Ich stelle das Auto am Parkplatz am hinteren Ortseingang bei den Schulen ab und ziehe meine Gepäck die hundert Meter vor zum Gartentor des Emprostiada und betrete den grünen Garten voller schattiger Sitzecken und Mittagsblumen. Sieht aus wie ein umgenutztes altes Gebäude, ist aber neu gebaut, wie mir Vangelia später erzählen wird. Es und ein Nachbargebäude beherbergen fünf Doppelzimmer, zwei Maisonette-Apartments und zwei Suiten. Den Eingang von "Pounti" erreiche ich über eine Außentreppe, das Zimmermädchen ist noch kurz zugange, dann kann ich rein. Was ich sehe, gefällt mir: ein geschmackvoll eingerichtetes und geräumiges Zimmer mit Fliesenboden und einem Balkon mit Aussicht nach Westen. Einziges Manko: die sehr kleine Küchenecke mit Heißwasserkocher und Kapselkaffeemaschine hat keinen Spültisch und ist auch sonst recht beengt. Und natürlich fehlen - wie meist - Haken an der Wand. Dafür steht - wie auch bei der Mutter in Katapola - ein Karäffchen mit psimeni raki bereit.

Ich richte mich häuslich ein und sitze etwas in die Sonne auf den Balkon. Dem Wind kann ich dadurch entgehen, dass ich den Stuhl halb ins Zimmer ziehen (bei den französischen Nachbarn abgeguckt).

Es folgt ein Fotobummel durch den Ort, zu den Windmühlen und zum Friedhof. Es gibt so viel zu gucken und fotografieren. Ich würde gerne mal auf den Kastrofelsen hinauf, der Weg führt aber durch die verschlossenen Kapelle des Agios Georgios. Der Schlüssel ist sicher irgendwo zu bekommen. Ein anderes Mal, zieht heute sowieso zu sehr dort.

Bei "Kastanis" bestelle ich mir einen Rote-Bete-Salat und bewundere die hübsch verzierten Tische. Und dann gibt es da noch die hübsche Metochi Fotodoti Christou bei den Schulen am östlichen Ortseingang, wo ich mein Auto abgestellt habe. Eine Metochí ist eine Klosterzweigstelle, diese gehört zum Kloster Chozoviotissa und ist byzantinisch, also alt. Warum ist sie mir bei den Vorbesuchen nie aufgefallen? Ich mutmaße mal, dass man sie erst in den letzten Jahren dem Dornröschenschlaf entrissen hat. Trotz des verweisenden Schildes mit den Öffnungszeiten werde ich sie nicht geöffnet finden, aber das breite Gebäude mit den doppelten Glockentürmchen ist auch von außen besuchenswert.

Und weil ich gerade bei den Metochia bin, fahre ich am späten Nachmittag noch auf einen schnellen Besuch zum Kloster Agios Georgios Valsamitis fünf Kilometer westlich der Chora (geöffnet täglich von 8 bis 13 und von 17 bis 19 Uhr, sonntags nur nachmittags). Das späte Nachmittagslicht inszeniert malerisch die Landschaft und die schroffen Berge - wem ginge das nicht das Herz auf?

 

Ich staune, als ich im Kloster Agios Georgios Valsamitis auf den einen der beiden Mönche des Klosters Chozoviotissa treffe. Ich dachte, hier würde eine Nonne wohnen. Vielleicht ist sie im Urlaub, und der Mönch vertritt sie. Er hat dazu offenbar auch die Katzen vom Hauptkloster mitgebracht: ein gutes halbes Dutzend sitzt im Mittagsschläfchen auf der Terrasse. Der Mönch - es ist der gleiche, den wir vor Jahren mit unserem Gesang in der Kapelle von Chozoviotissa und dem anschließenden Lachflash davon überzeugt haben, dass ausländische und unorthodoxe Touristinnen besser mit Misstrauen zu betrachten sind - öffnet mir schnell die Kirchentüre und setzt sich dann wachsam auf einen Stuhl in der Ecke. Ich fühle mich beobachtet, und verlasse die Kirche schnell wieder. Ich wollte ja sowieso nur etwas Atmosphäre schnuppern. Auf einem Fotozwecken geschuldeten Umweg Richtung Egiali kehre ich nach Chora zurück.

Zum Abendessen bin ich spät im nahen" Arbaroriza" (Aρμπαροριζα heißt offenbar Apfelgeranie.) Das hallenähnliche Lokal - natürlich sitze ich drinnen - ist fast leer, es liegt zu abseits der Touristenströme, die aber am Abend sowieso noch recht verhalten sind. Die überbackenen Biftekia mit Patates schmecken gut, der Preis ist inklusive Wein mit 16 Euro auch noch im Rahmen.

 

Und morgen wird wieder gewandert. Lange und weit.