Während unseres Aufenthaltes auf Sifnos hatten wir die Gelegenheit an einem Panigiri teilzunehmen. Es fand im äußersten Nordwesten der Insel, bei Cheronisos, statt und wurde zu Ehren des Heiligen Giorgios gefeiert. Der hatte zwar eigentlich schon 2 Tage vorher Namenstag, doch da war Ostermontag und so wurde die Feier verlegt.
Wir schlossen uns auf dessen Einladung dem Griechisch-Sprachkurs von Dimitrios Mastoras an, sonst hätten wir von dem Fest wohl nicht erfahren oder uns
nicht hingetraut.
Mit Taxis fuhren wir abends von Kamares eine gute halbe Stunde durch den dünn besiedelten, aber im Frühling grünen Nordteil der Insel bis in den Nordwestzipfel von Sifnos, dann hiess es noch 20
Minuten zu Fuß den Hügel hinauf gehen. Die Einheimischen waren für diese "Wanderstrapaze" gut gerüstet mit Stöcken und Knüppeln – und mit Taschenlampen für den Heimweg im Dunkeln. An die hatten wir
ärgerlicherweise nicht gedacht und daher beim Aufstieg Sorgen, ob wir den immer schlechter werdenden und sich verlierenden Weg auch noch in stockdunkler Nacht (kein Mond am Himmel) finden würden.
Kaum oben vor der Kirche angelangt wurden wir mit Wein aus 5-Liter Tetrapacks empfangen – "Partywein" stand darauf aufgedruckt! Doch der kretische Weißwein war sehr gut trinkbar - wir sollten im Verlauf des Abends noch jede Menge davon bekommen. In kluger Voraussicht steckte ich den Plastikbecher ein um ihn bei sich bietendem Nachschub immer parat zu haben. Auch gegrillter Fisch wurde angeboten. Die Leute strömten den Berg hinauf, auch 2 Papades trafen ein, zunächst tat sich jedoch nichts, so dass wir uns dem Sonnenuntergang widmen konnten – mindestens so gut wie der in Oia/Santorin. Dabei bemerkten wir rund um die Kirche in Kreuzform aufgehäufte trockene Reisig- und Kräuterstapel, sie sollten anscheinend entzündet werden. Dann wurden die Glocken heftig geläutet, der Gottesdienst begann. Natürlich passten nicht alle Leute in die kleine Kirche, die meisten gingen nur kurz rein, küssten die Ikonen und versammelten sich im Innenhof, dort waren einige riesige Brotlaibe aufgestapelt worden. Feierlich war das Ganze kein bisschen, eher wie Jahrmarkt. Wir bekamen auch nichts vom Gottesdienst mit und harrten draußen gespannt der Dinge, die da kommen sollten.
Zunächst wurden wir im Eiltempo vom aus der Kirche stürmenden Papas gesegnet, dann verschwand er wieder nach Drinnen. Ein Mann sammelte Geldspenden für das Essen und die Getränke ein und
bespritzte uns mit Rosenwasser. Kurze Zeit später kamen dann alle aus der Kirche und das Brot wurde gesegnet. Anschließend hielt ein Herr eine längere Rede, da ich des Griechischen kaum mächtig
bin konnte ich nur erahnen, was er gesagt hatte: Es ging wohl um den Heiligen Georg und seine Kapellen auf der Insel Sifnos. Einige Böller wurden gezündet, die Gesellschaft drängte hinter dem
Papas aus dem Innenhof, im Eiltempo rasten alle drei Runde um die Kirche. Das trockene Reisig war angezündet worden und brannte rasch hinunter. Ich ließ eine Runde aus um die Spitze der
Prozession wieder zu Gesicht zu bekommen, es wurde gedrängelt und auf dem unwegsamen Boden stürzte ein Frau beinahe.
Nach dem offiziellen Teil wurde nun zum gemütlichen übergegangen: Zwei junge Burschen spielten mit Geige und Laute im Innenhof Nisiotika, eine weitere „Band“ in gleicher Besetzung spielte schon
seit längerer Zeit in einem der beiden Seitenräume der Kirche, hier wurde auch inbrünstig gesungen.
Wir konzentrierten uns aber auf den linken Seitenraum, denn dort war gekocht worden. Wie nun die Speisung der anwesenden 250 bis 300 Leute in dem kleinen Raum vor sich gehen sollte war uns ein
Rätsel! Nun, wie wir erfahren sollten wurden diese in Etappen gesättigt: immer 35 bis 40 Leute durften das Räumchen betreten. Wir (ungeduldige und unerfahrenen deutsche Gruppe) drängelten uns
hungrig vor der Tür, dann durften wir endlich rein. Dort herrschte dicke Luft vom Kochen und vom Wein, eine lange Tafel war aufgestellt, an der wir Platz nahmen. Noch bevor alle saßen bekam jeder
einen Teller mit Kichererbsensuppe vor sich hingestellt. Die war äußert lecker, doch es galt, schleunigst zu essen und keine Zeit zu verlieren (dass wir möglich schnell und ohne Zurückhaltung
essen sollten hatte uns Dimitrios netterweise vorher gesagt), sonst wurde einem der noch nicht geleerte Teller entrissen. Ohne Pause wurde der Hauptgang serviert, Lamm mit Nudeln. Zum Dank wurde
bei jedem Gang mit dem Besteck kurz vehement an die Teller geklappert, es klang wie Gefängnisrevolte. Auch das Lamm war sehr gut, aber es war echtes Fast-Food, so schnell hatte ich noch nie
gegessen; zudem kam man in dem warmen Raum sofort ins Schwitzen. Zwischendurch wurde ständig Wein nachgeschenkt – das Ganze war perfekt organisiert. Als einige sich zu viel Zeit beim Essen
ließen wurde von einem der bedienenden Männer mit der Faust auf den Tisch gehauen – Schluss mit Essen, raus jetzt, die nächste Gruppe bitte! Wir taumelten nach draußen an die frische Luft...
Als eingefleischter Tanzfreak hatte ich natürlich darauf gehofft, Gelegenheit zum Tanzen zu haben. Doch außer zwei Frauen, die einen sehr anspruchsvollen Paartanz darboten, wollte niemand das Tanzbein schwingen. Schade, hätte ich doch gerne die inseltypischen Tänze gesehen und eventuell mitgemacht. Sind wohl kein so tanzfreudiges Volk, die Sifnioten....
Lange nach Mitternacht, als auch die letzte Gruppe zu Essen bekommen hatte und das Panigiri sich allmählich auflöste, stiegen wir den Berg hinunter. Zum Glück hatte doch noch jemand eine
Taschenlampe dabei, sonst hätten wir uns wohl verlaufen – das Licht der ungezählten Sterne (nirgendwo scheint es mehr Sterne zu geben als über den Kykladen) reichte zur Erhellung der stockdunklen
Nacht nicht aus. Nach der Fahrt in einem heftig nach Benzin stinkenden Auto (der Fahrer rauchte zum Glück nicht!) gelangten wir schliesslich leicht benebelt in Kamares an.
Dieses mein erstes Panigiri wird mir ein unvergessliches Erlebnis bleiben!