Nach Donoussa und der erste Tag dort

Bevor wir um 6 Uhr die „Scopelitis“ entern können, müssen wir unsere Trolleys die 84 Stufen hinunterschleppen. Bei der Abreise ist eigentlich selten Hilfe da, schon gar nicht vor 6 Uhr morgens. Da müssen wir (und vor allem die Tante) jetzt durch...

 

Die „Blue Star Paros“ liegt neben der „Scopelitis“, beiden fahren um 6 Uhr ab, und das war es dann auch weitgehend mit dem Fährverkehr für heute, außer der Rückkehr der „Scopi“ am Abend. Wir scheinen die einzige Scopelitis-Passagiere, alle anderen fahren Blue Star. Punkt 6 Uhr legt die „Blue Star“ ab, und genau in dem Moment kommt von Chora herunter und die Uferstraße entlang ein Auto geprescht, laut hupend. Es – vielmehr der Fahrer - will noch mit! Nur scheint der Steuermann der „Blue Star“ nichts bemerkt zu haben, mit „Für Elise“ schließt sich langsam die Ladeklappe und dreht die Fähre. Die „Scopelitis“ hat inzwischen auch abgelegt, muss aber warten bis die Großfähre aus dem Weg ist. Der verzweifelte Autofahrer ist jetzt am Anleger ausgestiegen, erst gestikulierend, dann resignierend im Auto sitzend. Da wollte er über Feiertag und Wochenende nach Naxos oder Piräus, und nun sitzt er da und sieht die Rücklichter der Fähre. Ti krima!

Irgendjemand im Hafen kommt dann auf die Idee, dem Hafenpolizist Bescheid zu sagen, denn der kommt heraus und funkt die „Blue Star“ an, die schon fertig gedreht hat und gerade Fahrt aufnehmen möchte.

Und die „Blue Star“ kommt zurück! Noch einmal eine halbe Drehung, langsam, ganz langsam, die Klappe geht wieder runter!

Das wird ihr eine Viertelstunde Verspätung einbringen, und wahrscheinlich einen  dankbaren Kunden auf Lebenszeit.

Wir sind von diesem Service stark beeindruckt – wäre doch mal das für die Thank-You-For-Travelling-with-Deutsche-Bahn? Verspätung hat die auch genug...

 

Die „Scopelitis“ muss allerdings noch länger warten bis sie an der Fähre vorbeikann, aber wer mit der „Scopi“ unterwegs ist, hat sowieso Zeit. Die erste sich bietenden Lücke wird genutzt – DIE Gelegenheit für die Kleinfähre, mal vor der großen draußen zu sein, nach fünf Minuten kommt die „Blue Star“ aber schon nach.

Die Sonne geht hinter dem Krikelos auf. Wir biegen nach Osten ab, fahren zwischen Nikouria und Amorgos durch – Privileg der kleinen Fähre. Schön, der Blick auf Amorgos, bis rauf zur Agios-Mamas-Kapelle.

Nach einer Stunde erreichen wir Egiali. Den 1. Mai nutzen einige Einheimische für einen Tagesbesuch beim donoussischen Nachbarn, ausländischen Mitreisenden immer noch Fehlanzeige. Kurs nun Nord, nach Donoussa. Wir trinken einen brüllend heißen Nescafé beim Steward „Karnikel“, die Mutter verbrennt sich den Mund. Fragen, ob es möglich ist, ein Skopelitis-T-Shirt zu erwerben – nein, er gibt keines her :-(

 

Außer den Tagesausflüglern von Egiali entdecken wir noch ein schlafendes junges griechische Paar im Salon, die waren schon seit Katapola an Bord, waren wir doch nicht die einzigen Passagiere.

Donoussa kommt in Sicht und näher, wir sehen Mersini oben m Hang liegen. Nach fünf Viertelstunden ab Egiali legen wir im Hafen von Agios Stavros, dem Hauptort von Donoussa, an.

 

Wir verlassen das Schiff und halten Ausschau nach Zimmervermietern. Vor einigen Wochen hatte ich ein eMail an den Vermieter des „Iliowasilema“ geschickt, ob denn die Zimmer schon geöffnet wären. Ab Ostern war die Antwort von Christos, und er wäre eh immer am Hafen wenn eine Fähre kommt. Mhh, jetzt nicht, und auch sonst niemand, wie uns scheint. Doch, da spricht uns eine Frau mittleren Alters an: „You want room?“. Wir wollen, müssen uns aber noch ein wenig gedulden, denn sie muss erst das junge Paar in Empfang nehmen, ihr Sohn mit Frau, sie schaut schwanger aus. Das Gepäck kommt auf die Ladefläche des Pick-Up, und ich dazu, denn vorne haben höchstens noch zwei Passagiere Platz (Der Sohn mit Frau und umfangreichem Gepäck wird mit einem zweiten Auto abgeholt). Ihr Mann fährt.

Bin sehr gespannt wo es nun hingeht! Zunächst am Ufer entlang, dann einen Schlenker durch den Ort am Mini-Market vorbei, schließlich kommen wir am Strand raus und fahren an der gegenüberliegenden Buchtseite hinauf. Zwischen einer – noch geschlossenen – Taverne und einer Anlage mit Studios halten wir an, wir sind da. Und: wir sind im „Iliowasilema“ gelandet. :-) Das Zimmer mit drei Betten ist geräumig, frisch gestrichen, hat eine Kochecke, und gefällt uns. 28 Euro bezahlen wir pro Nacht.

Wir sind die einzigen Gäste. In den anderen Appartements wird noch schwer gewerkelt. Nick/Nikos und sein Sohn Christos arbeiten den ganzen Tag, streichen, schleifen, hämmern. Auch Nikos’ Frau hilft, kümmert sich um die schönen Blumen vor der Veranda. Mitte Mai kommt eine große Gruppe aus England, dann muss alles fertig sein, auch der neue Anbau. Ende Mai eröffnet dann auch die Taverne gegenüber, Nick kocht selbst. Fremden Arbeitern gegenüber ist er skeptisch – er macht lieber alles selbst. Sein Sohn Christos hat gerade geheiratet, in Athen, ist mit der frischangetrauten Gattin mit uns mit der „Scopelitis“ gekommen, zuerst mit der „Blue Star“ nach Katapola, dann umsteigen auf die „Scopi“. Die Flitterwochen fielen aus, Christos Arbeitskraft wird auf Donoussa gebraucht. Wegen des Feiertages wäre der Fahrplan anders als sonst.

Probleme am Ende der Kykladen.

 

Wir gehen erst mal frühstücken und ein wenig den Ort erkunden. Im „To Kyma“ bei Nikitas werden wir essenstechnisch fündig, ein Omelette und ein Kaffee stärken unsere Lebensgeister. Bei der Gelegenheit können wir gleich das Sortiment des dazugehörenden Ladens begutachten und nach Brot fragen (wieso haben wir eigentlich keines von Amorgos mitgebracht?). Brot gibt es aber erst am Abend, wenn die „Scopelitis“ kommt. Brot von Naxos. Die Bäckerei nebenan hat nur im Sommer geöffnet, und überhaupt ist hier saumäßig Vorsaison, hoffentlich bekommen wir heute Abend irgendwo was zu essen.

Ein Fischerkaiki läuft in den Hafen ein, das sehen wir uns an. Der Fang war halbwegs ordentlich und wird direkt ab Kaiki verkauft. Auch einige Langusten zappeln in einer Kühlbox. Nicht mein Geschmack, die Teile....

Ein paar Meter weiter werden die Fische gleich ausgenommen, unter den gierigen Augen einer Katze (und den weniger gierigen von uns).

 

Die Sonnenflügel oberhalb des Hafens sind voll aufgeblüht, das Magenta ist schon umwerfend. Weiter geht es durch den Ort, bergauf an der Taverne Kapetan Giorgos vorbei, dann zur Kirche Agios Stavros, die dem Hafenort den Namen gibt. Leider ist sie geschlossen. In der Straße hinter dem Strand kommen wir am Mini-Market vorbei, wo wir erst mal einkaufen (super lecker die Oliven!). Eine ganze Horde junger Leute sitzt vor dem Laden, Griechen offensichtlich. So viele junge Griechen? Wir wundern uns, und kommen erst später darauf: Es muss sich um die Lehrer der Insel handeln, heute ist ja Feiertag, keine Schule also, Zeit zum Müßiggang. Donoussa hat, wie auch in dem Film „Seebären der Ägäis“ auf Iraklia zu bewundern, eine ganze Fuhre Lehrer, die sich um eine Handvoll Schüler kümmern, Verhältnis Lehrer : Schüler 1 : 1 oder so... Tja, dem griechischen Staat ist die Schulausbildung halt noch was wert (was aber bei PISA nix geholfen hat), und sich schon auf dem Festland ganz anders verhält: der griechische Schulunterricht ist nämlich so lausig, dass die Schüler fast alle nachmittags teure Nachhilfe nehmen müssen – bei den gleichen Lehrern, die das am Morgen schon nicht schaffen, andererseits auf die Nebeneinkünfte dringend angewiesen sind. Auf die Lehrer auf Donoussa trifft der Einkommensengpass wohl nicht zu, wie man hier bei MartinPUC nachlesen kann.

Mhh, im nächsten Leben werde ich Lehrer auf Donoussa.

Den Nachmittag verbringen wir lesend vor dem „Ilowasilema“. Wir müssen uns aber schon ein windgeschütztes und dabei sonnige Plätzchen suchen um nicht zu frieren – etwas weiter oben, im fast geschlossenen Innenhof der Anlage ist das der Fall. Die Zimmer sind alle noch nicht für die Saison gerichtet, aber gelüftet wird schon mal. Ausländische Touristen haben wir übrigens noch keine gesehen...

Ein tief im Wasser liegendes Tankschiff kommt in den Hafen, legt aber nur ganz kurz an. Ein Wasserschiff? Ich dachte, Donoussa hätte genug eigenes Wasser, noch dazu im Frühjahr? Das Schiff wird am nächsten Tag wiederkommen, und es IST ein Wasserschiff. Denn das gute Donoussa-Wasser ist rar, vor unserem Haus füllen wir an einem Wasserhahn unser Trinkwasser ab, es sollte nicht für Wäsche oder Toilette verschleudert werden (an vielen der Brunnen wird mit liebevoll handgemalten Schildern darauf hingewiesen).

Gegen später geht es dann noch hinauf zur Kapelle Panagia Ioannis auf den Hügel. Die Ecke Donoussas kenne ich noch ohne die Straße, die seit einigen Jahren von Stavros über Mersini nach Kalotaritissa um die halbe Insel führt (und die mit einer gefühlten Frequenz von 5 Autos am Tag vielleicht doch entbehrlich wäre).

Auf dem Weg zur Kapelle auf der linken Seite ein neues Haus, sehr hübsch angelegt und liebevoll mit Steinen, Schwemmholz und ähnlichem dekoriert. Das würde ich nehmen! Ein Haus auf Donoussa? Hmmm...

Den Weg zur Kapelle zieren - eher stümperhaft gemalte – Blumen und Dekore.

Die Panagia-Kapelle ist leider abgeschlossen, schon das Tor ist nur mit mehr oder weniger rohen Kräften zu öffnen (Drücken des Tores und Drehen des Schlüssels gleichzeitig). Aber ein schönes Motiv ist das Tor schon, rot gestrichen, dazu die blauen „Reiter“ auf den Pfosten. Der Blick schweift nach Naxos rechts, eher im Dunst gerade, und Amorgos links. Dann noch die vorgelagerten Makaries-Inseln, unbewohnt und drei an der Zahl.

 

Wenn wir schon da sind, werfen wir noch einen Blick auf den Kendros-Strand (Es ist mir wirklich egal wie er sich schreibt oder spricht!). Hinter der Kapelle ein sich auflösender Weg, der auf die Straße stößt. Fünfzig Meter darauf zurück Richtung Stavros geht ein wunderbar gepflasterter Fuß- und Treppen-Weg zum Strand, gleich bin ich unten. Kein einziger Badegast ist da! Schwer vorzustellen, dass hier im Sommer Zelt an Zelt steht wie neulich auf einem Foto irgendwo im Internet gesehen. Wir haben keine Badeklamotten dabei (was aber niemand stören würde), aber es ist uns heute zu frisch zum Baden. Wir werden – wenn der Wettergott mitmachen - morgen einen Strandtag einlegen, schon zum Steine sammeln (Und wenn ein Naxos-Auge dabei wäre, wäre ich auch zufrieden. Seit die Mutter auf Serifos eines gefunden hat, will ich auch eines finden, das wird zur fixen Idee! Immer gesenkten Blickes am Strand....).

Gerade rechtzeitig zurück in Stavros um das Einlaufen der „Scopelitis“ zu beobachten. Keine Touristen kommen, aber ein Sack voll Brot, ich kaufe gleich eines bei Nikitas. Die Leute aus Egiali gehen auf die Fähre, Nachbarschaftsbesuch zu Ende.

 

Wegen der Lokalität für das Abendessen fragen wir Nick, unseren Wirt. Zwei Tavernen sind geöffnet: Das „Aposperitis“ und das „Kapetan Giorgos“. Wir nehmen das „Aposperitis“ und treffen auf dem Weg dorthin die anscheinend einzigen ausländischen Touristen außer uns, ein älteres Paar, eher abweisend bis unfreundlich. Ist ja auch ne Frechheit, kommen da einfach noch mehr Touristen auf „ihre“ Insel – so was gehört verboten! Propriété privée (und ich glaube, es sind auch Franzosen). Zum Glück können wir so was ignorieren, echten Robinsonen rate ich zum Erwerb einer eigenen Insel, im Angebot zum Beispiel bei Arzumanidis.

 

Draußen sitzen kann man nicht, zu kalt. Drinnen sitzt eine Gruppe Einheimische, alle zur der Familie des Wirtes und damit zu den Skopelitis gehörend (alternativ heisst man auf Donoussa sonst Prassinos/ou, wie mir scheint – „Grün“, netter Name). Die Tochter bedient, in den Pausen sitzt sie mit dem Bruder am Notebook, Hausaufgaben machend? Vorne die Männerrunde, diskutierend, der Fernseher läuft natürlich. Klassische griechische Taverne abseits der Klischees. Das (französische?) Paar am Nachbartisch, immer noch hochgezogenen Schultern. Die Essensauswahl ist bescheiden, zwei gekochte Gerichte und allerlei vom Grill. Wir nehmen Souzoukakia und Choriatiki Salata, sehr reichlich, dazu ein Kilo Rotwein, lecker, und sind zufrieden.

Die Tante ist beim Wein zurückhaltend, bleibt für mich mehr, bei der Heimkehr aufs Zimmer hab ich echt einen sitzen. Der Raki danach fällt heute aus!

 

Unser Zimmer ist wirklich schön und sauber, und um das Modell „Zweite Haut“ zu verhindern, hat es gleich gar keinen Duschvorhang im Bad. Dafür einen vorsintflutlichen Duschkopf mit 360°-Panorama, äh, Streuung. Das Wasser kommt überall raus außer dort wo es soll. Binnen Nullkommanix ist Land unter im Bad, da hilft auch die zehn Zentimeter hohe Duschumrandung nix. Sollten wir vielleicht mal Nick sagen... und tun es doch nicht.

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