Olymbos - Rhodos

Wir frühstücken wieder im „Edem“. Die große Tasse Kaffee von vorgestern war aber wohl ein Angebot für Erstfrühstücker – heute fällt der Nescafé kleiner aus, und obwohl wir weniger bestellen als vor zwei Tagen, zahlen wir fast gleich viel. Und Kuchen gibt es auch keinen. Tja, so ist das wenn die Essenswünsche nicht auf der Karte stehen.

 

Die umliegenden Berge hängen immer noch in den Wolken, wir haben wirklich den optimalen Tag für unsere Prophetenbesteigung erwischt. Wir bummeln nochmals durch den Ort, kaufen ein (eine CD mit karpathiotischer Musik von Giannis Pavlidis, etwas Keramik) und essen später im „Mylos“ gefüllte Pita und Salat. Und entdecken zu spät den kleinen Laden, der inseltypische Backwaren verkauft. Schade, den brauchen wir jetzt nicht mehr. Hinter der Hauptkirche kann man am Rathaus vorbei auf einen kleinen Buckel und hat eine tolle Sicht auf die Kirche und den Ort.

Am Nachmittag wandern die Cousine und ich noch ein Stück entlang des Weges nach Spoa während die Mütter dem Friedhof einen Besuch abstatten wollen. Den Anfang des Weges bis zur Abzweigung zum Profitis Ilias kennen wir ja schon, und vor zwölf Jahren sind die Mutter und ich auch um den Berg herumgewandert. Der Rückweg auf der damals noch nicht asphaltierten Straße war aber nicht so schön, und weil die tiefen Wolken heute nur eine mäßige Aussicht versprechen möchten wir nur gerne einen Blick – wenn möglich - auf die Gegend um Péi und Aposkinou werfen.

 

Wieder ermöglicht uns diese Wanderung beeindruckende Blick auf Olymbos hinter uns und die Küste vor uns. Leider auch auf die Abwässer von Olymbos unter uns – ein großer graubrauner, schaumiger Fleck tanzt auf den Wellen entlang des Ufers. Am Strand der Ormos Fises, die dort liegt, badet aber wohl eh keiner, auch wenn eine Piste hinabführt. Da wir nicht unten waren ist es reine Spekulation meinerseits, dass diese Piste nur der Entsorgung von größerem Müll dient, der nicht in die Täler unterhalb des Dorfes passt. :-(

Wir passieren einen Reliefstein gegenüber einem ummauerten Feld, nun führt der Weg steil aufwärts oberhalb eines Kiefernwaldes. Es duftet nach Oregano. Dann liegt das Hochtal von Aposkinou vor und unter uns, wenn wir weiter wollten könnten wir hinab zur Kapelle der Panagia Evgonimos steigen, oder oben bleiben bis wir Aposkinou erreichen. Beides ist uns heute angesichts der mäßigen Wetterlage und der fortgeschrittenen Tageszeit zu weit. Eine knappe Stunde waren wir von Olymbos aus unterwegs als wir auf dem gleichen Weg wieder zurückgehen. Wie so oft ist das kein bisschen langweilig, da sich auf dem Rückweg andere Perspektiven bieten. Diesen fast waagrechten Baum, den haben wir vorhin nicht so wahrgenommen.

Nun nehmen wir auch die Stufen hinab zur Kapelle unterhalb des Ortseinganges. Ein schöner Platz um den Sonnenuntergang zu erleben. Aber bis dahin sind noch drei Stunden Zeit. Wir entdecken ein nagelneues Haus, an dem ein Mann letzte Hand anlegt: er malt sorgfältig die Balkonverzierungen an.

Die Mütter sammeln wir auch wieder auf, im gemütlichen Tempo der Tante sind sie noch im Tal auf dem Rückweg vom Friedhof.

Bevor wir ab Abend im „Blue Garden“ zum Essen gehen kehren wir auf einen Ouzo in das schöne Kafenio „Kriti“ ein. Wir sind die einzigen Gäste, und werden von dem freundlichen Wirt mit dem Schnauzbart mit je einem riesigen Ouzo samt Oliven, Tomaten und Käse versorgt. Hat das PASOK-Kafenio Probleme da die Wählerschaft dieser Partei so heftig geschrumpft ist? Auf alle Fälle können wir die Dekoration samt historischen Fotos ausgiebig betrachten.

 

Gut, dass der Weg auf die Dachterrasse des „Blue Garden“ kurz ist – der Ouzo hat reingehauen. Bei gebratenem Hühnchen und Zicklein haben wir freien Blick auf einen wundervollen Sonnenuntergang – unseren letzten auf Karpathos.

Wir bezahlen bei Nikos die Zimmer und verabreden, dass er unser Gepäck morgen um dreiviertel zehn vor zum Parkplatz bringen wird, dort wird uns Minas vom „Dorana“ abholen und zum Flughafen fahren.

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Die melancholische trüb-neblige Morgenstimmung erleichtert uns den Abschied. Schon um halb neun stellen wir die Trolleys bereit, verabschieden uns von der Schwiegermutter und gehen durch das ruhige Dorf vor zu „Mike’s“, wo wir bei Sofia frühstücken – süße oder salzige Pita nach Wahl, Nescafé. Pünktlich und gleichzeitig sind sowohl der Gepäcktransport Nikos als auch unser Minas-Taxi da. Nikos schimpft: weil der Anlasser seiner Zweitakter-Gepäckkarre nicht wollte, musste er unsere Trolleys den Weg bei den Windmühlen hinab bis zum seinen Pickup tragen. Die sehen entsprechend beansprucht aus, haben es aber überlebt. Nikos braucht jetzt sicher erst mal ne Pause. Späte Rache für nicht geleerte Toiletteneimer… ;-)

Minas freut sich uns zu sehen, lädt das Gepäck aufs Dach, und dann geht es los zur Tour quer durch Karpathos. Unsere Premiere auf dem Landweg. Durchaus beeindruckend, die Straßenführung, die Aussicht, und nochmals Karpathos. Es stehen noch ein paar Baufahrzeuge am Straßenrand, vielleicht kommen sie nach einem Steinschlag zum Einsatz, oder nach dem Winter. Manche werden aber bleiben bis sie auseinanderrosten. Und wir haben Zeit, aus dem Fenster zu gucken, denn Minas fährt langsam und gepflegt. Er liebe die Insel sehr, und auch das Autofahren, das er sichtlich genießt.

Es hat nicht viel Verkehr, nur sehr vereinzelt kommt uns mal ein Auto entgegen. Ob die Straße den erhofften Aufschwung für den Norden bringt? Ich kann es nicht beurteilen, aber in Olymbos hatte man nicht unbedingt den Eindruck, dass sich die Touristen drängen.

 

Hinter Spoa fahren wir entlang der Ostküste über Aperi und Pigadia zum Flughafen. Die Verbindung an der Westküste über Messochori und Arkassa wäre vermutlich auch nicht länger gewesen, aber da Minas in Pigadia wohnt ist es wohl die Macht der Gewohnheit.

 

Fast eineinhalb Stunden dauert der Transfer, um zehn nach elf Uhr sind wir am Flughafen. Unser Flugzeug nach Rhodos soll um 12 Uhr 40 starten. Heute ist Freitag, da kommen keine internationalen Flugzeuge, und entsprechend wenig ist los. Das zahlreich vorhandene Personal langweilt sich beim Frappé, irgendwann können wir dann unser Gepäck aufgeben und durch die Sicherheitskontrolle in den sehr überschaubaren Duty-Free-Bereich. Vielleicht ein Dutzend Mitreisende wartet auf den Flieger, der pünktlich von Kassos eintrifft. Dass wir vom Gate zum Bus fast so einen langen beziehungsweise kurzen Weg haben wie der Bus zum Flugzeug finden wir erheiternd. Aber so viel Zivilisation und Ordnung muss schon sein.

Und dann starten wir nach Süden hinaus, und ich will mich schon ärgern, dass ich den Fensterplatz auf der falschen Seite habe (ich sitze links), da ziehen wir in einem weiten Bogen über Arkassa und quer über die Insel zur Ostküste und über dem Meer parallel zu Karpathos nach Norden. Die Wolken säumen die Gipfel. Letzter Gruß nach Diafani, zum Steno und nach Saria. Antio!

Was für ein Kontrast zu kahl-braunen Chalki, das als nächstes im Fenster auftaucht. Dann macht das Flugzeug eine weitere Schleife nach Norden bis Symi über die davor liegenden Inseltrabanten Seskli und Koloundros.

Und schließlich setzen wir von Süden her auf Rhodos auf, nehmen wieder ein Taxi zu den „Alexia Apartments & Studios“ in Kremasti, wo wir das gleiche Vierer-Appartement wie auf der Hinreise bekommen (wieder 45 Euro). Nur das Wetter ist schöner als vor zwei Wochen. So fahren wir am Nachmittag mit dem Bus nach Rhodos-Stadt hinein (€ 2,30 pro Person) zum Einkaufsbummel. Hätte für mich nicht sein müssen – auch ohne Kreuzfahrtschiffe ist der Rummel groß, und nach der spröden Ruhe von Karpathos fast unerträglich und aggressivmachend.

 

Auf der unmöglichen Suche nach einer Taverne ohne aufdringliche Anreißer scheitern wir und landen im „Symposium“, wo man aber immerhin in einem hübschen Hof sitzend ordentlich essen kann. Der ungeschickte Kellner schüttet der Mutter ein Glas Wein über die Hose – zum Glück ist es Weißwein. Der Wein – ein halber Liter gratis war uns beim „Hereinholen“ versprochen worden – taucht dann auch tatsächlich nicht auf der Rechnung auf. Trotzdem wird sie mit 65 Euro unsere höchste Tavernenrechnung des Urlaubes sein. Ich weiß schon warum ich Rhodos-Stadt nicht mag… Kremasti ist da zwar nicht schöner, aber ungeschminkt, griechischer und sympathischer.

Wir gönnen uns für die Rückfahrt ein Taxi, die vierzehn Euro nach Kremastí finden wir preiswert, und sitzen am Abend noch im schönen Garten unserer Unterkunft – zur Freude der lokalen Stechmücken.

 

Zeit, den Urlaub Revue passieren zu lassen: Auch wenn es im Gebälk der Gruppendynamik ab und zu ein wenig geächzt hat, war es wirklich sehr schön auf Karpathos.

Zum Wandern war das Wetter meist perfekt, ein Badeurlaub war ja nicht vorgesehen. Und der Inselnorden hat sich weniger verändert als ich befürchtet hatte. Ich war sicher nicht das letzte Mal dort – während ich das schreibe erfüllt mich die Sehnsucht nach Diafani, Tristomo, Avlona, Olymbos. Den weiten Aussichten, den freundlichen Menschen, den gelebten Traditionen. Möge der Balanceakt zwischen Fortschritt und Tradition auch zukünftig gelingen!

 

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Nachtrag:

Pünktlich zwei Stunden vor dem Abflug hat unser Alexia-Wirt uns am Flughafen von Rhodos abgeliefert. Zum Glück nicht später, denn am völlig überlasteten Diagoras-Airport (den wir kaum als den gleichen wiedererkannten von dem wir vor zwei Wochen nach Karpathos abgeflogen waren – damals nur ein paar Dutzend Passagiere, die warteten) war erst mal Schlange stehen angesagt. Der Web-Check-In brachte keine Zeitersparnis, denn am Schalter von TUIfly nach Stuttgart waren nur wenige Leute. Dennoch dauert es, und zur großen Freude darf man sich nach dem Wiegen des Gepäckes erneut in einer viel längeren Schlange einreihen um dieses dann erst abzugeben. Schließlich noch die Sicherheitskontrolle – wenn ein paar tausend Leute nach Norwegen, Holland und Deutschland fliegen wollen ist die Kapazitätsgrenze schnell überschritten. Entsprechend auch am Duty-Fee und auf den Toiletten. Dass unser Gate auf den Bildschirmen nicht angezeigt wurde machte da auch nichts mehr aus. Ich kann nur empfehlen auf Rhodos frühzeitig auf dem Flughafen zu sein!