Wanderung nach Agios Fotis, und noch etwas Telendos

Um zehn Uhr setzen wir am Freitagvormittag mit dem Halbstundenboot über nach Kalymnos. Wir wollen nach Kantouni, und wenn der Busfahrplan, den ich online gefunden habe, möglicherweise aktuell ist, dann fährt gegen halb elf Uhr ein Bus via Kantouni nach Pothia. Im Supermarkt in Myrties kaufen wir noch etwas Proviant, und ich frage nach dem Bus. Die Bushaltestelle sei gegenüber, da hinge ein Plan. Das tut er, und demnach ist der Bus um 10.10 Uhr in Kastelli weg, und müsste schon hier sein. Ein Frau wartet mit uns, und der Bus kommt gegen halb elf. Ein Euro pro Person kostet die Fahrt nach Kantouni, der Bus hält direkt am Strand, wo unsere Wanderung losgeht.

Wir wollen zur Höhlenkapelle Agios Fotis wandern. Das ist eine zwei Kilometer lange Strecke oberhalb der Küste, mit wenig Höhenunterschieden, aber schönen Ausblicken nach Telendos. Die Terrain-Karte preist es als einen der schönsten Wege auf Kalymnos an, und auch der Kalymnos-Trail geht hier entlang, aber natürlich noch weiter. Ich hatte überlegt, ob ich weiter wandern soll, bis Agios Konstantinos und dann rauf zum Flughafen auf der Argos-Hochebene, aber der Weg wird hinter der Kapelle zum Pfad, und auf schwierige Passagen hab ich keine Lust mehr. Der Mutter ist's recht, so kann sie auch mit.

 

Der Strand von Kantouni ist nicht schlecht, hier hat es sogar richtig Sand. Hotels und Pensionen dahinter, aber noch nicht los. Oder schon zu Nachsaison.

Aber die Wellen sind auch ganz ordentlich, es ist etwas windig heute. Der Weg nach Agios Fotis ist beschildert, und so gehen wir unterhalb der Hauptkirche Agios Athanasios vorbei nach Südwesten. Hoch über uns, über eine steile Treppe zu erreichen, hängt das unbewohnte Kloster Stavros am Felsen. Irgendwie hat Klettern auf Kalymnos doch Tradition.

 

Der Weg ist immer deutlich erkennbar, ziemlich steinig und er führt leicht wellig, und sanft ansteigend. Über uns hängen die Steilfelsen, und darüber befindet sich der Flughafen von Kalymnos. Später werden einige Flieger direkt über uns hinaus starten - es gibt mehr Flugverkehr hier als gedacht.

 

Der Blick hinüber nach Telendos und auf die vorgelagerte unbewohnte Insel Agia Kyriaki - natürlich mit namensgebender Kapelle - ist echt schön. Unser Ziel, Agios Fotis, liegt aber noch hinter einigen Felsenrinnen und -vorsprüngen verdeckt. Den Weg vor uns können wir ab einer Aussichtsstelle mit maroder Bank aber gut einsehen.

 

Wir sind mal wieder alleine unterwegs - sehr populär scheint der Kalymnos-Trail noch nicht zu sein, und die hiesigen Kletterfelsen sind heute auch nicht gefragt. Kann uns aber egal sein.

Als wir nach etwas fünfzig Minuten um eine Ecke biegen, sehen wir die Kapelle dann liegen. Wir benötigen noch zwanzig Minuten, entlang einer steilen Rinne mit tosendem Meer unten, bis wir das kleine Gotteshaus erreichen, das im Schatten einer mächtigen Felsenwand liegt: einer Kletterwand namens "Saint Fotis".

Ja, das war jetzt ganz gemütlich, auch wenn der steinige Untergrund nicht immer so bequem zum Laufen ist, und die Mutter etwas strapaziert hat.

 

Die Kapelle ist geöffnet, beziehungsweise der Schlüssel steckt. Es scheint hier jeden Tag jemand nach dem Rechten zu sehen, wie wir den Eintragungen im Gästebuch entnehmen können, und so ist alles sauber und gepflegt. Über der Ikone des uns wenige geläufigen heiligen Fotis hängen einige Tamata, besonders hübsch finden wir eine kleine Felsennische, in der eine Mini-Ikone des Erzengels Michael steht, und daneben ein kleiner Schwamm. Typisch Kalymnos!

Im Baum vor der Kapelle hängt neben der Glocke der Eimer für die Zisterne. Wir setzen uns auf die Felsenbank bei der Kapelle, aber schnell wird uns kalt. Um diese Jahreszeit liegt die Kapelle allenfalls am späten Nachmittag in der Sonne - zu sehr schirmt die mächtige Felsenwand nach Südwesten hin ab. Eine wärmere Jacke hätte nicht geschadet, aber die haben wir nicht dabei. Es ist ja eigentlich immer noch herrlich warm. Nur nicht im Dauerschatten.

 

Trotzdem ist das ein ganz wunderbarer Platz hier!

 

Die Ruhe und Einsamkeit wird nur durchbrochen vom Motor der Katamaranfähre, die draußen nach Leros zieht, und später vom Klingeln der Glocken einer Herde Ziegen, die auf dem Weg zur Kapelle  kommen. Sie lassen sich von uns nicht stören, ziehen unbeeindruckt vorbei. Als Naturkletterer stehen sie auch auf den ausgesetztesten Felsenklippen.

Gegen ein Uhr müssen wir dann dringend wieder in die Sonne, und machen uns auf den Rückweg. Ich ziehe ja Rundwanderungen vor, aber auf dem Rückweg ergeben sich zwangsläufig andere Perspektiven, und die sind interessant. Vor allem die Bergkette von Kalymnos mit dem weißleuchtenden Kapelle des Profitis Ilias ist beeindruckend. Und das Meer unter uns leuchtet in einer unverschämten Bläue.

 

Plötzlich tauchen vor uns Wanderer auf. Wo kommen die denn jetzt her? Sind sie aus dem Kletterfelsen herabgestiegen? Ein Paar ist es, jüngere Leute, aber sie sieht etwas malträtiert aus - das Knie verbunden. Wir machen eine Pause an der schrägen Bank und lassen sie davonziehen. Wieder startet ein Flugzeug lautstark direkt über uns hinaus, wir hören es ehe es über die Kante der Plateaus hinausschießt.

Um halb drei sind wir dann wieder am Strand in Kantouni. Der Bus fährt um 15 Uhr in Pothia ab, so kehren wir noch in einem Café auf einen Frappé ein. Am Strand herrscht inzwischen verhaltenes Badeleben, aber die Hotels und Pensionen sehen schon verlassen aus. Einige kleine Abschnitte des Strandes sind eingezäunt - es gibt hier Schildkrötennester.

Mit dem Bus sind wir dann schnell wieder in Myrties. Man muss allerdings eine ganzes Stück oberhalb des Anlegers aussteigen, da der Bus wegen der Einbahnstraßenregelung die obere Straße nehmen muss, die schon am Ortseingang von Myrties abzweigt.

 

Bis zum nächsten Halbstundenboot haben wir noch etwas Zeit und schauen uns den Strand von Myrties an. Na, der von Kantouni ist sandiger und schöner. Und aufgeräumter.

Den Rest des Tages genießen wir auf dem Balkon.

Unsere Vermieterin angelt wieder mit den Nachbarinnen, die gegenüberliegenden Felsenwände von Kalymnos verfärben sich in der Abendsonne rot. Es ist schon sehr schön hier. Morgen werden wir aber trotzdem nach Pothia wechseln, denn für die Wanderung nach Vathy und für die frühe Abreise nach Kos ist das einfach der günstigere Standort. Die Ruhe werden wir vermissen.

Das Abendessen im "Kapsouli" ist wieder sehr lecker: Tirokafteri, Chtapodia-Salat, Loukanika. Zahlreiche Katzen belagern uns, und weil die Portionen reichlich sind, kriegen sie auch was ab. Die Wirtin ist erschüttert, als ich ihr erzähle, dass wir heute an der Kapelle Agios Fotis waren - zu Fuß (anders geht es ja nicht), und die Mutter auch dabei. Ich hab ein bißchen ein schlechtes Gewissen, dass ich meine Mutter zwinge, solche Torturen auf sich zu nehmen. ;-) Sie kündigt auch schon wieder an, dass das der letzte Inselhüpfurlaub für sie war. Das kenne ich schon, da warte ich mal ab.

 

Nein, die Wanderung heute war wirklich problemlos, auch für fitte Seniorinnen (außer griechischen ;-) ). Und nach Vathy gehe ich solo.

 

*

 

 

Den Umzug nach Pothia können wir geruhsam angehen lassen - wir haben ja den ganzen Tag Zeit. Soll ich Henrik vom "Archontiko" anrufen und ein Zimmer reservieren? Dürfte nicht nötig sein: vor zwei Wochen schienen wir die einzigen Gäste zu sein, und jetzt ist schon Oktober.

 

Nach dem Frühstück möchte ich gerne noch an den Pnigmenos-Strand. Das ist der Strand am südwestlichen Zipfel von Telendos, den ich hab liegen sehen als ich zur Agios Georgios-Kapelle gegangen bin. Es ist etwas windig heute, aber die Himmel ist unverändert blau. Am Friedhof vorbei gehen wir nach Süden. Die Fläche mit den frühchristlichen Gräbern, dahinter die felsige Bergkette von Kalymnos - sieht aus wie eine Alm auf Kreta. Dabei sind wir gerade mal ein paar Meter über Meereshöhe.

 

Am Strand hat es schon Badende: links ein einzelner Mann, der textilfrei brät, rechts eine lautstarke Gruppe Italiener. Der Platz im Schatten eines einsamen Baumes ist aber noch frei für uns. Am Ufer hat es viel Seegras, und im Wasser höchst unbequeme Steine. Hat man einmal die Badeschuhe nicht dabei. :-(

 

Die Bucht ist sehr flach, das Wasser immer noch angenehm warm. Wir hatten es wirklich sehr schön in diesem Urlaub: die Quartiere nahe am Ufer, das Wetter von den zwei Tagen auf Agathonisi abgesehen wunderbar, die Leute freundlich. Wer nicht nach Griechenland reist, ist selbst schuld.

Nur die Flüchtlingserlebnisse auf Agathonisi.... aber ich bin dafür, auch im Urlaub genau hinzugucken, und die Realität nicht auszublenden. Mag sie auch unschön sein.

 

Danach möchte ich der Mutter auch noch die Georgskapelle zeigen, also nehmen wir auf dem Rückweg die Abzweigung dort entlang. In der Mittagssonne leuchtet sie noch mehr - ist einfach ein schöner Platz hier!

Entlang der Steilküste und mit Blick auf den Papa-Strand - nur für Kletterer und Bootsfahrer zu erreichen - gehen wir zum Ort zurück.

Unsere angelnden Nachbarinnen haben ihren Standort verlagert und probieren es nun südlich des Ortes. Mit Erfolg! Der Eimer ist schon gut gefüllt, und dem sich gerade einstellenden Ködermangel können wir abhelfen - das alte Brot hatten wir eigentlich irgendwo verfüttern wollen, aber so ist es natürlich noch besser genutzt.

In der Taverne von "Rita" kehren wir noch auf einen Kalymnos-Salat ein. So direkt am Anlieger sitzt man nicht schlecht und kann die Neuankömmlinge beobachten. Ein Mann kommt mit Gepäck und bringt dem Wirt eine Schachtel Nürnberger Lebkuchen als Gastgeschenk. Ein deutscher Stammgast, und irgendwo her kenne ich ihn, aber es fällt mir nicht ein.

 

Und dann heißt es sich verabschieden von unserer Wirtin Mando, die den Winter bei ihrem Sohn in Therma auf Kalymnos verbringt (ich wusste gar nicht, dass das ein Ort ist), wo er eine Tauchschule hat. Wir wünschen "kalo chimona" und nehmen das Halbstundenboot um halb vier hinüber auf die Mutterinsel.

 

Ende unseres Insel-Paradieses.