Himmlisch

Wieder schlafe ich schlecht und bin früh wach und aufgeregt. Beim Frühstück erklärt Rod die Pläne für heute: es wird entlang der Nordküste gehen, und zu den Glaronissia. Sarakiniko inklusive. Eine sehr verlockende Strecke, vielleicht eine der schönsten, die Milos zu bieten hat. Es wird wenig Wind haben, eher von Süden, insofern passt das. Allerdings geht es übers offene Meer....

Die dänische Parea, die dort schon am Montag war, nimmt heute ihren freien Tag. Das passt also auch. Weniger passen wird, dass Lise heute in ihrem Zimmer stürzt und sich den Unterarm bricht. Sie wird in die nahe Krankenstation gebracht, wo ein unerfahrener Arzt sich ihrem Arm annimmt und mit mäßigem Können eingipst. Am liebsten würde er sie nach Athen schicken, aber das will Lise nicht. Der andere, erfahrenen Arzt ist wohl nicht da. Arme Lise. Natürlich ist ihr Paddelurlaub beendet, und Schmerzen hat sie auch. Sie schlägt sich aber tapfer, und am Samstag überlegt ihre Parea, ob man sie nicht im Doppel mitnehmen kann. Nein, das wäre mehr als grob fahrlässig.

Rod erzählt, dass die meisten Unfälle nicht beim Kajaken passieren, sondern an den freien Tagen. Na, dann kann mir heute ja eigentlich nichts passieren, schon statistisch.

Reiner und seine Frau reisen nach Pollonia ab, wo sie die restlichen Tage ohne Kajak, aber dafür direkt am Meer verbringen werden. Ja, man soll es nicht übertreiben mit der Paddelei. :-)

 

Dafür sind heute viele Tagesgäste dabei: ein deutsches Paar, Kristin und Rudi, die Amerikanerin Savannah und noch eine vierköpfige Familie mit erwachsenen Töchtern, ebenfalls aus den Staaten. Wegen eines Missverständnisses über den Abholort müssen wir am Strand östlich von Mandrakia lange auf Pauls Auto mit der Familie warten und lassen schon mal die Kajaks zu Wasser. Ich bekomme das gleiche wie gestern, werde aber verstärkt das Steuerruder einsetzen, was bei der Querung helfen wird, die Richtung zu halten. In den Höhlen entlang der Küste muss ich es aber einziehen. Wenn es nur nicht so straff sitzen würde. Alleine bekomme ich es kaum zu Wasser, aber irgendjemand ist immer hilfsbereit.

 

14 Gäste sind also heute unterwegs, davon acht in vier Doppeln. Weil Carol mit Brian im Doppel sitzt, genießt Rod heute die Freiheiten seines blauen Einer.

Als dann endlich alle im beziehungsweise auf dem Wasser sind, geht es los, die Küste entlang.

Die ist hier sehr felsig, heller Tuffstein mit vorgelagerten kleinen Inselchen, Kanälen und Buchten. Und mit zahlreichen Höhlen, in die hineinzupaddeln uns Rod ermuntert.

Das Meer ist glatt und grün, und ich fühle mich sicher. Jan hatte von einer großen Höhle erzählt, für die man eine Taschenlampe braucht. So tief ins Innere will ich lieber nicht vordringen, vor allem wenn ich dann rückwärts wieder raus muss. Aber es macht total Spaß, hier unterwegs zu sein. Die Windstille hilft gegen meine Kenter-Ängste.

Weil sich die Gruppe allerdings über eine größere Strecke und verschiedenen Höhlen verteilt, dürfte es für Rod und Paul schwer sein, den Überblick zu behalten. So halte ich mich im vorderen Bereich an Rod und Jan, und komme, im Gegensatz zu gestern, auch öfters vor Rods Fotoobjektiv. Er macht wirklich sehr gute Fotos, und es gibt eigentlich keinen Grund, sich unterwegs selbst mit einem Fotoapparat zu belasten. Eine Anfängerin wie ich schon gar nicht, die alle Hände für ihr Paddel braucht.

 

Wir nähern uns nun Sarakiniko. Dort ist wieder heute einiges los, sogar ein Gulet (großer hölzerner Motorsegler mit mehreren Masten) liegt vor Anker. Von den hohen, überhängenden Felsenkanten gucken die Leute neugierig und neidisch zu uns herab. Und ich krieg das Grinsen nicht aus meinem Gesicht. Ein Springer wartet, bis ich wieder weg bin eh er hinter mir ins Wasser donnert. Danke für die Rücksicht.

 

Da ist ein schmaler Kanal, der unter der steinernen Brücke in das Loch hineinführt, das ich noch am Montag von Land aus fotografiert habe. Savannah und ich paddeln hinein, es ist zwar ein bißchen eng, aber geht schon. Und von oben gucken Leute herab. Ist das cool! Falls jemand da ein Foto von mir gemacht hat und das liest - das Foto hätte ich gerne.... :-)

 

Nun am Tortenfelsen vorbei, und hinein in die schmale Badebucht. Vorsicht, Badeverkehr! Keine Schwimmer überfahren, die haben Vorfahrt. Die stellen sich vorsichtshalber ins flache Wasser wenn sie uns sehen, und wir kurven im Slalom herum. Der eine oder andere guckt etwas ungnädig, aber wir passen auf, und versprechen, dass wir schnell wieder verschwinden, no problem.

 

Von den Tufffelsen winken uns Mie und Yvonne aus zu, und auch die beiden amorgosliebenden Kanadierinnen stehen oben. Klar, Sarakiniko ist wirklich die Attraktion Nummer eins auf Milos. Muss man gesehen haben. Punkt.

Um die kümmerlichen rostigen Reste des Wracks der "Africa" herum erreichen wir unseren ersten Rastplatz, eine flache Felsenbucht etwa einen Kilometer östlich von Sarakiniko. Der Strand ist felsig, und auch hier liegt allerlei Plastikmüll herum, so dass wir zunächst wieder Müll aufsammeln. Den müssen wir nicht mal auf die Kajaks laden, sondern können ihn einem Bekannten von Rod mitgeben, dessen Jeep nicht weit entfernt parkt. Danach ist Zeit zum Schwimmen oder Schnorcheln beim Wrack, wobei man aufpassen muss, wenn man ins Wasser geht, denn es hat glitschige Stellen und Seeigel.

 

Ein herrlicher Tag ist das heute. Karibikgrün und sandfarben, das Meer geht am Horizont fließend in den Himmel über. An Land wäre es wohl kaum auszuhalten mit dem wenigen Wind, aber auf dem Wasser ist er traumhaft. Vor der Sonne muss man sich allerdings schützen, aber nach zweieinhalb Wochen Griechenland hab ich schon eine gute Grundbräune, und ohne Hut geht es sowieso nicht.

Schließlich noch die obligatorischen Bananen und Kekse, und wieder aufs Meer. Weiter ostwärts.

Letzten Mai bin ich das ganze Stück hier entlanggewandert, bei stürmischer See und bedecktem Himmel. Vom Meer aus sieht alles ganz anders aus. Wo wir wohl rasten werden?

 

Nach einer halben Stunde paddeln wir hinein in die schmale Bucht von Mytakas mit ihren netten Bootshäusern. Es hat ein paar Leute dort, und so bleiben wir nicht. Das wäre auch ein Platz für ein eigenes Syrma, wobei Klima natürlich geschützter ist. Der Traum vom Haus am Meer, auf Milos? Es gibt schlechtere Inseln.

Nun geht es entlang der hellgrauen und abweisend-nackten Küste und durch enge Kanäle nahe der Felseninsel Kofto. Möwen schreien gegen uns an.

Schließlich biegen wir in die Bucht von Alogomantra ein. Im Osten liegt unter einem überhängenden Felsen ein wunderbarer Sandstrand, der schönen Schatten bietet. Diesen genialen Platz hab ich auch letzten Mai von oben aus gesehen, als die wilde Brandung jeden Gedanken an ein Bad dort aber verbat. Nun ist es unser Ort für die Mittagsrast. Das klare Wasser, der feine Kies - schön! Herrlich, hier zu schwimmen. Überhaupt nicht kalt.

 

Gelegenheit, ein paar Kajak-Übungen zu machen. Der wendige und zierliche Paul macht es vor: im Kajak aufrecht balancieren (Stand-Up-Paddling?), und nach dem Sturz ins Meer - der früher oder später kommt - wieder alleine in Kajak steigen. Für Paul ganz easy. Savannah ist die nächste, auch sie kriegt das leidlich hin. Dann soll ich mich probieren. Ich überwinde meine Wasserscheu und versuche, ins Kajak zu kommen. Auftrieb mit Beinschlag hinter der Lucke, so hoch wie möglich kommen, auf das Kajak liegen, Schwerpunkt schön tief halten. Wie erwartet gestaltet sich das schwierig und klappt erst, nachdem Paul das Kajak festhält. Ächz, es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen. Aber immerhin geschafft. Nun vorsichtig aufstehen. Ich bin noch nicht mal auf halber Höhe, da kippe ich zur Seite. Aber gut, das war ja auch die Zugabe. Immerhin bin ich ins Kajak gekommen, das hilf schon. Übung wäre gut, aber wo soll ich das machen? Auf dem Neckar? Oder im heimischen Hallenbad? Schon zum Bodensee ist es eine Ecke, aber ich fasse das mal ins Auge (und mache es in diesem Sommer doch nicht).

Brian macht das alles auch ganz spielend, aber auch er landet schließlich im Wasser. Noch jemand? Nein, kein Bedarf.

Rod und Paul bereiten das Mittagsessen vor, das so gut schmeckt wie immer. Auch hier ist eine Tischplatte deponiert. :-)

 

Danach erkundige ich etwas die Umgebung. Jenseits der felsigen Landzunge und des einsamen Bootshauses liegt der eigentliche Strand von Alogomantra. Natürlich kommt man hier auch auf dem Landweg her, es hat sogar Parkplätze. Aber jetzt sind nur wenige Badegäste da, und die sind am westlich gelegenen, schattenlosen Strandabschnitt. In meinen nassen Badeklamotten bin ich auch froh an der Sonne, lasse mich etwas trocknen. Und gucke hinaus auf die vorgelagerten Glaronissia: hmm, ganz schön weit. Und der Weg von dort zurück nach Mandrakia. Aber ich lasse mich nicht ins Bockshorn jagen - das Meer ist ja brav heute.

Es ist drei Uhr vorbei, als wir wieder aufs Wasser gehen und zunächst ostwärts paddeln. Gut eineinhalb Kilometer haben wir dann übers offene Meer vor uns, und Rod lässt uns schätzen, wie lange wir dafür brauchen. Ich hänge da aber schon mal wieder hinten, während die anderen Kajaks sich entfernen. Zum Glück hat Rod ein Einsehen und gibt mir Einzelunterricht: hier das Paddel einstechen, schöne lange Züge, ganz ruhig. Und das Paddel an der richtigen Stelle halten, um den Hebel optimal einzusetzen. Und siehe da: es geht. Und macht sogar richtig Spaß! Yeah! Bald gelange ich zu den anderen, die zwischen den beiden großen Glaronissia-Inseln warten. Meine erste Querung übers offene Meer, meint Rod, und streut gleich Salz in die Wunde: der Rückweg ist natürlich wesentlich länger. Klar, das weiß ich doch. Und das krieg ich schon hin. Wenn es keinen stärkeren Wind gibt. Da bin ich immer noch schisserig.

Zunächst aber gilt meine und die Aufmerksamkeit der anderen den "Möweninseln": die Felsen - der größte ist 28 Meter hoch - bestehen aus sogenanntem Säulenbasalt (wobei andere sagen,  es wäre Quarzporphyr = Rhyolith). Letztes Jahr bei der Inselumrundung mit dem Boot hatte ich schon Gelegenheit, diese imponierenden Gesteinsformationen zu betrachten. Der ganze Felsen ist aus senkrechten stabförmigen Bündeln - sechseckig wie Bleistifte - aus Basalt gebildet. Sieht genial aus! Und mit dem Kajak kann man viel näher dran als mit dem Segelboot der Inselumrundung, und sogar unter überhängenden Felsen durch. Einfach super! Mir gehen allmählich die Superlative aus an diesem Tag.

 

Die Felsen dienen - daher auch der Name - als Möwenkolonie, und die großen Vögel tun ihren Protest gegen unsere Annäherung lautstark kund. Da die Glaronissia aber auf dem Programm zahlreicher Ausflugsboote stehen, sind sie Besucher gewohnt. Und an Land kann man sowieso nirgends, und das wissen sie auch. Aber das Getöse ist schon heftig. Hoffen wir, dass keine Luftangriffe kommen.

 

Unter dem Steinbogen am westliche Inselende geht es durch. Und wieder krieg ich das Grinsen nicht aus meinem Gesicht. Ich liebe Milos! Und Paddeln. Wo kann man so etwas sonst schon erleben?

 

Ein Stück südlich der Felsen sammeln wir uns und bilden nebeneinander ein Floß. Zeit für ein Gruppenfoto. Alle schön nebeneinander einsortieren, gut aneinander festhalten. Und nun die Hintermänner (oder auch -frauen) in den Doppels aufstehen. Das scheint leichter zu sein als gedacht, und so bekommen wir ein fast schon artistisch wirkendes Foto von uns allen zusammen. Zum Lachen muss uns da niemand extra auffordern, das geht von alleine.

So, und nun die drei Kilometer Rückweg. Damit ich nicht gleich wieder hinterher paddeln muss, erklärt Rod, dass Jan und ich einen Vorsprung bekommen und die anderen etwas warten bis sie nachkommen. Das ist eine sehr gute Idee! Als Ziel sollen wir einen bestimmten Punk an Land ansteuern. Und los geht es, ab in die Riemen (ähm, wie heißt das denn beim Paddeln?)

Jan zu meiner Linken paddelt immer weiter weg von mir - sie scheint einen anderen Punkt anzusteuern. Inzwischen hat die Gruppe mich eingeholt und wir bewegen uns auf einer breiten Front westwärts.

 

Die Strecke zieht sich, und es geht nicht ohne Anstrengung. Trotzdem sitzt das Kentertrauma heute nicht mit im Boot, ich hab es irgendwo bei den Glaronissia gelassen. Und dass es mit dem Steuerruder auf dem offenen Meer besser und einfacher geht, hab ich auch kapiert. Wenn das nur nicht so stramm sitzen würde. Rod wird danach gucken.

 

Langsam nähert sich die weiße Küste von Milos, das Kap östlich von Mandrakia. Und als Rod empfiehlt, noch einen kleinen Abstecher in den Hafen von Mandrakia zu machen bevor wir an den Ausgangsstrand östlich zurückkehren, bin ich mit dabei. Heute krieg ich nicht genug, was ein schöner Tag!

Und zwischen den Booten und Bootshäusern in Mandrakia ist es auch sehr nett. Man muss nur aufpassen, dass man nicht aufsitzt, es hat hier sehr flache und felsige Stellen. Die Kajaks sind aber robust und halten was aus.

 

Jan findet schließlich auch den richtigen Weg zu uns. Heute ist sie wieder letzte, aber das macht ihr nichts. Um dreiviertel fünf ziehen wir die Kajaks an Land, und alle Paddler haben glückliche Gesichter. Ich außerdem etwas müde Arme und Schultern. Morgen werde ich pausieren (es ist Wind und wechselhaftes Wetter angesagt), und am Samstag nochmals ins Kajak steigen.

Hier Rods Fotos vom Tag.

 

*

 

Tatsächlich ist der Himmel am Freitag etwas grau, und es ist schwül. Die Paddler brechen zur Südküste auf, die Däninnen sind wieder dabei, bis auf die bedauernswerte Lise, die den gestrigen Tag auf der Krankenstation verbracht hat und mit ihrem gebrochenen Arm nicht nur Schmerzen hat, sondern auch sonst ziemlich gehandicapt ist. Aber Rückreise kommt nicht in Frage, und solo nach Athen auch nicht. Dann lieber die Zähne zusammenbeißen.

Carol und Brian haben heute auch paddelfrei und wollen nach Tripiti zu den Katakomben und nach Klima. Schön aufpassen und nicht vergessen: die meisten Unfälle passieren an den freien Tagen.

 

Ich werde es heute ruhig angehen lassen und eine Runde nach Plakes und Plaka drehen. Ich würde gerne das Kriegsmuseum anschauen, fürchte allerdings, dass es geschlossen sein wird. Im Winter habe ich das Buch "Der Arzt Hans Löber. Briefe aus Milos, 1943-1944" gelesen, und bin neugierig geworden. Leider hab ich das Buch nicht dabei, die Fotos aus dem 40ern mit den heutigen Ansichten zu vergleichen wäre interessant.

Schnell bin ich drüben in Plakes. Ähnlich wie Triovasalos ist das ein Wohnort, der kaum vom Tourismus berührt wird. Es gibt ein paar Pensionen, aber das griechische Alltagsleben bestimmt den Rhythmus hier. Alles ist eher unspektakulär. Interessant der Hügel mit den drei großen Kreuzen und einer kleinen, verglasten und unverputzten Betonkapelle. Eine Art Kalvarienberg? Stimmungshebend ist das Ensemble her nicht, und der Himmel wird grauer. Aber kaum Wind. Die Prognosen haben getäuscht.

Soll ich hinab nach Platiena wandern und dort baden? Keine rechte Lust. Außerdem zuerst das Museum.    Es befindet sich unterhalb des Weges von Plakes nach Plaka, etwas versteckt in einem früheren Stollen, und natürlich ist es geschlossen. Schade!

Dafür kommt mir das verwahrloste, freistehende Haus, das in Plaka an der Kreuzung liegt, bekannt vor: sollte das das Haus sein, in dem Löber gewohnt hat? Es war von den Besatzungstruppen beschlagnahmt worden und lag neben dem damaligen Lazarett, in dem sich heute ein Kindergarten befindet. Ich mache einige Fotos und finde meine Vermutung zuhause bestätigt: das war Löbers Haus. Was nun wohl daraus wird? Der Putz blättert, aber Säcke mit Baumaterial liegen herum. Oder ist es Müll

 

In Plaka lasse ich den Kastrohügel heute rechts liegen. Immer war ich bisher bei grauem Himmel dort, das bedarf keiner Wiederholung. Lieber wende ich mich Tripiti zu, denn oben bei den Windmühlen war ich noch nicht. Die Mühlen scheinen fast alles Gästezimmer zu sein, die Anlagen sehen gepflegt, aber jetzt im Mai auch noch verlassen aus. Man hat einen guten Blick auf Triovasalos und das Meer und Kimolos dahinter. Bei der Suche nach einem direkt Fußweg hinab nach Tripiti treffe ich dann - Milos ist klein - Kristin und Rudi, die hier neben einer der Mühlen Quartier bezogen haben und sich auf ihrer Terrasse von der gestrigen Paddeltour erholen. Zeit für ein kleines Schwätzle.

Inzwischen habe ich beschlossen, nach Adamas hinabzuwandern und dort das Bergbau-Museum zu besichtigen. Dann etwas essen, baden, und mit dem Bus wieder hinauf. Ich war schon letzten Mai im Museum, konnte die geballte Information aber gar nicht alle aufnehmen. Und hab seither noch viel mehr von Milos gesehen und gelernt. Es interessiert mich fast alles hier.

 

Leider hat das Museum diesen Mai nur bis 14 Uhr geöffnet hat, und nicht mehr - wie letzten Mai - nochmals am späten Nachmittag. Ich verkneife mir also den Abstecher zur Fischersiedlung Schinopi, auch weil ich dann die steile Straße wieder hinauf müsste. Aber die lässige Wanderung bergab durch die Erosionstäler von Milos, die ich nun schon zum dritten Mal in einem Jahr absolviere, gefällt mir wieder gut. Es ist ganz anders als auf Sifnos oder Serifos, nicht so lieblich und stärker vom Menschen geprägt. Aber ich mag es einfach. Und da ist wieder der Blick über ein Feld hinüber nach Kap Vani und Antimilos. Magische Silhouetten für mich. Letzten Mai war hier alles viel grüner und frischer. Wobei das Referenzfoto fünf Tage früher entstand, am 13. Mai. Heute ist schon der 18. Mai.

Nach einer Stunde erreiche ich Adamas und eile ohne Stopp zum Museum. Weil heute der internationale Tag der Museen ist, ist der Eintritt frei. Na, da hab ich ja Glück gehabt und vier Euro gespart.

 

Den Besuch konzentriere ich auf das oberste Stockwerkes mit den Gesteinen, auf die Fotos und Beschreibungen von den Miloterranean Walks und auf den Aspekt der Renaturierung der Steinbrüche. Schade, dass es kein deutschsprachiges Buch über die ganzen Erze und Mineralien hier gibt, es ist einfach sehr viel Information für den geologischen Laien, und dann noch auf Englisch oder Griechisch.

 

Leicht erschöpft und hungrig wanke ich aus dem Museum. Der Himmel drückt doch tatsächlich ein paar Tropfen heraus. Nicht so viel, dass es einen Schirm lohnen würde, der Boden wird kaum nass. Der dringend nötige Wasserschub ist das nicht, aber bei "Marianna" muss ich mein Dakos samt Viertel Weißwein doch unter dem schützenden Dach genießen. Dann bin ich so müde, dass ich mir am Langada-Strand einen Platz suchen muss für einen Mittagsschlaf. In der Strandbar "Karnagio" ist man gerade am Aufstellen der Sonnenschirme, die Liegen sind schon da, und ich darf mich gerne dort niederlassen. Perfekt, wobei dieser Strandabschnitt wirklich einer der am wenigsten schönen von Milos ist: viel trockenes Seegras (das wird bestimmt in den nächsten Tagen weggeräumt) und der Einstieg über groben Kies ins flache Wasser. Da bleib ich lieber draußen.

 

Noch ein Eis bevor der Bus hinauffährt. In der Eisdiele "Anggeliki" treffe ich Marianne, die ich vor einer  Woche auf Sifnos kenngelernt habe. Sie wohnt im "Delphini", das ihr gut gefällt. Im Gegensatz zu Milos, das sich ihr mit seinen schlechten Busverbindungen nicht so recht erschließt. Sifnos verwöhnt. Wie wäre es mit einem Fahrrad? Oder halt ein Mietauto? Milos ist zu schön um sich von solchen Dingen abschrecken zu lassen.

Am Abend gehe ich mit Jan nach Plaka zum Abendessen. Vorher natürlich der Sonnenuntergang vor der Odigitrias-Kirche, der mit einer faszinierenden Dramatik aufwartet. Wolken sind doch viel spektakulärer als blauer Himmel.

 

Wir essen schließlich bei "Archontoula", wo fast alle Tische belegt sind, wir uns aber in noch in eine Ecke quetschen können. Meine gekochten Artischocken sind gut und reichlich, und Jan findet ihr Moussaka yummy. Die Portionen sind reichlich, mit dem Tsatsiki vorab schaffen wir das Essen kaum. Mit dreißig Euro inklusive Wein und Wasser sind wir zu zweit dabei, das ist in Ordnung. Und ich brauche dringend noch einen Schnaps. Gut, dass der Alpha-Markt Richtung Tripiti abends lange offen hat.

 

Morgen ist dann schon unser letzter Paddeltag. Ich bin gespannt wohin es geht.