Von Rhodos nach Nisyros

 

Unser Wirt vom „Olympos“ in Rhodos bringt uns mit dem Auto zum Kolonaki-Hafen, wo die „Express Dodekanisos“ abgelegt – einer der beiden Kleinkatamarane der Linie „Dodekanisos Seaways“. Am seitlichen Anleger liegt eine beeindruckende Yacht, mit eigenem Hubschrauber. Wem die wohl gehört?

Ich bin kein Katamaran-Fan, aber mit denen macht das Fahren Spaß: es hat etwa 30 Sitzplätze auf dem Deck, und es geht flott zu. Nicht so preisgünstig (Euro 28,- für Rhodos – Nisyros) wie eine normale Fähre, aber deren Verbindungen sind in den Dodekanes abseits der Hauptrouten nicht so üppig, und der Katamaran fährt die Nebenlinien. Wir werden ihm treu bleiben.

Am Hafen ein Haufen Leute, unterteilt in zwei Gruppen: Touristen, vorwiegend aus England und Skandinavien, und Schüler samt Lehrkörper. Die Touristen verteilen sich später gleichmäßig auf Chalki, das wir nach einer guten Stunde erreichen und wo auch die Schüler von Bord gehen werden, und Tilos.

Wir erobern Plätze auf dem Sonnendeck (manchmal auch Winddeck) und genießen die Fahrt.

 

Chalki gefällt uns heute irgendwie nicht so, die Häuschen sind zwar ähnlich nett (neoklassizistisch) wie auf Kastellorizo, aber alles wirkt so kahl, flach und nackt, der Sonne ausgesetzt. Dabei weiß ich, dass die Chalkioten ausgesprochene Blumenfans sind, und hoch hinauf geht es auf der Insel auch. Egal, wir wollen hier nicht runter, und auch nicht auf Tilos, dessen Hafenort Livadia nach weiteren 40 Minuten Fahrt in Sicht kommt.

Bei der diesjährigen Inselauswahl war Tilos auch in der Diskussion, es ist eine meiner Lieblingsinseln, unspektakulär und überschaubar, ungeschleckt und herzlich. Aber auch hier wurde in den letzten Jahren fleißig gebaut, vor allem die neue und große Hotelanlage am Ostende von Livadia ist nicht wirklich nach meinem Geschmack. Hinter Tilos ist die "Express Dodekanisos“ fast leer. Während der Fahrt wird die griechische Flagge am Heck des Schiffes übrigens zur Schonung immer in eine blaue Holzbox gesteckt – rechtzeitig vor der jeweiligen Hafeneinfahrt ist ein Schiffsangestellter zuständig, sie zu hissen….

Nisyros (oder Nissiros, Nisiros, Nisyros, ich bleib jetzt mal bei Nisyros) ist nun schon in Sicht – die Katamarane der „Dodekanisos Seaways“ sind schon flott unterwegs! Das Dorf Nikia können wir früh ausmachen dank seiner exponierten Lage auf dem Calderarand; als wir uns der Küste nähern und anfangen, Nisyros zu umrunden, sieht man auch das andere Bergdorf Emborió gut. Später dann Pali und Loutra am Meer. Den Hauptort Mandraki sieht man nicht, er versteckt sich bei der Anfahrt von Osten her lange hinter einem niedrigen Bergrücken.

Nach dreistündiger Fahrt legen wir nun in Mandraki an, gehen von Bord. Die Fähre fährt weiter nach Kos-Stadt und wird am Nachmittag wieder hier vorbeikommen. Die Mütter bleiben am Hafen auf einen Kaffee, die Cousine und ich machen uns an die Quartiersuche.

 

Das ist nicht ganz einfach auf Nisyros. Die Insel ist nach wie vor hauptsächlich auf Tagesausflügler eingestellt, deshalb gibt es zwar einige Pensionen und Hotels in Hafennähe, aber kaum Privatzimmer oder Studios (Bei einem – „Ta  Liotrida“ - hatte ich vorab per eMail angefragt – 80 Euro für das Doppelzimmer ohne Frühstück war mir aber zu teuer!). Die Zimmer in den Pensionen sind eher klein und zum Teil abgewohnt, das kenne ich noch vom letzten Besuch. Das beste Hotel ist das „Porfyris“, das aber leider nicht am Meer liegt, sondern hinter dem Ort Mandraki. Wir steuern es an, zuerst die Uferpromenade entlang, dann links abbiegen, am Friedhof vorbei, da ist der langgestreckte zweistöckige Bau. Im großen, hallenartigen Eingangs- und Frühstücksbereich läuft der Fernseher – das wird er die nächsten Tage immer tun wenn wir vorbeikommen, und fast immer sitzt die Besitzerin Maria (Karpathaki – ob sie von Karpathos stammt? Ich habe vergessen zu fragen...) davor. Wir fragen nach freien Zimmern: die hat sie reichlich, das Doppelzimmer kostet inklusive Frühstück 37 Euro pro Nacht. Die Zimmer sind nicht groß, aber sehr ordentlich, jeweils mit kleinem Balkon und Blick auf Mandraki. Einen Pool hat das Hotel auch - nicht schlecht.

 

Ich will mir noch die Unterkünfte am Hafen ansehen, aber die „3 Brothers“und das „Polivotis“ haben noch zu, und im „Haritos“, wo wir letztes Mal gewohnt haben, ist zwar geöffnet, aber niemand da. Also nehmen wir doch das „Porfyris“, lesen Mütter und Gepäck am Hafen auf (gleich fallen mir zwei der geliebten Ape-Dreiräder auf – es werden nicht die letzten auf der Insel sein), wo sich inzwischen einige Busse eingefunden haben, die Tagesausflügler vom Vulkan zurück zum Hafen gebracht haben, und ziehen ortseinwärts.

Beziehen zwei Zimmer nebeneinander und machen erst mal Pause - am Pool. Im Schatten, denn es ist recht warm heute. Zum Missfallen einer Hotelmitbewohnerin: „alle Schattenplätze belegt“ meckert sie. Stimmt zwar nicht, aber der Mitteleuropäer hält gerne Abstand zu Anderen (im Gegensatz zu Griechen, die am liebsten dort sind, wo schon viele andere sind.).  Am anderen Poolende findet sie noch Schatten, ihren Gatten hören wir dann die folgenden Stunden (und Tage) dozieren. Das Poolwasser ist anscheinend Thermalwasser, warm ist es nicht, aber salzig, ich tippe mal eher auf Meerwasser. Egal, es erfrischt, und es gefällt uns im Hotel. Gute Wahl!

Am späten Nachmittag drehen wir eine kleine Runde durch Mandraki. Der Ort ist komplett anders als Kastellorizo: nicht so chic, herausgeputzt, bunt. Irgendwie kykladischer, pragmatischer, authentischer. Dennoch sehr sympathisch!

Vom Hotel ist es ein Katzensprung zur schönen Platia Ilikiomeni, dem schattigen Dorfplatz mit mehreren Tavernen und Cafés. Damit die riesigen Ficus-Bäume keine Blätter und Äste auf die Teller der darunter liegenden Tavernen werfen können hat man große Netze und Planen über die Sitzplätze im Freien gespannt was dem Ganzen eine intime Atmosphäre gibt. Auch an heißen Tagen sitzt man hier gut und schattig, und die wenigsten der Tagesausflügler scheinen sich hierzu zu verirren, Einheimische und Inselurlauber bleiben unter sich. Im Kafenio „Andrikos“ beeindruckt eine Wandmalerei mit dem lebensechten Porträt eines Mannes, der am Meer sitzt. Der Boden ist mit den auf der Insel überall zu entdeckenden Kieselsteinmosaiken verziert – so viele und schöne wie auf Nisyros habe ich noch nirgends sonst gesehen.

 

Etwas weiter westlich liegt die Hauptkirche Panagia Potamitissas. Sie ist geöffnet, und so können wir uns die Wandmalereien ansehen. Diese sind nicht alt, aber sehr eindrücklich, und der ganze Kirchenraum ist damit bedeckt. Links befindet sich der Kindermord von Bethlehem, ohne Blitz werden meine Fotos aber nicht scharf. Nun hinauf zur anderen Kirche, genauer: zum Kloster Panagia Spiliani, der „Muttergottes der Höhle“, die sich auf einem Felsen am Rand Mandrakis befindet, neben den Ruinen einer Johanniterfestung (Kastro), die man aber nicht besichtigen kann.  Das Kloster ist nicht mehr bewohnt, und die Kirche jetzt auch geschlossen, wir werden es in den nächsten Tagen nochmals probieren. Schön ist der Blick auf die Dächer von Mandraki und vor bis zu der alten Windmühle.

Nach Süden hinaus kommt auf einem schönen Weg in einer Viertelstunde zu den Zyklopenmauern der antiken Akropolis Pale(o)kastro (zur Verwirrung ebenfalls als „Kastro“ beschildert). Unterwegs gilt es – wieder einmal – Spinnennetze zu beseitigen, einige schöne blühende Schwertlilien und Malven stehen am Weg.

Dann stehen wir vor der imponierenden Mauer, die die besterhaltene antike Stadtmauer Griechenlands sein soll. Die Mauern wurden erst restauriert, auch der Zugang schön angelegt, alles ausführlich in Griechisch und Englisch beschildert. Was diese Mauer eigentlich schützte, ist immer noch nicht so ganz klar, nur, dass sie aus dem 5. Jahrhundert vor Christus stammt und der Platz vorher schon besiedelt war. Die Mauern sind aus dunklem Vulkangestein (Trachyt), fünf bis sechs Meter hoch und mehrere Meter dick, die Steine ohne Mörtel aufeinander gefügt.

Es gibt an zwei Stellen Treppen hinauf auf die Mauern, und der Blick von dort auf die vorgelagerte Bims-und-Obsidian-Insel Giali sowie nach West-Kos (Halbinsel Kefalos mit dem 426 Meter hohen Latra) auf der einen sowie nach Mandraki auf der anderen Seite ist toll!

Die Halbinsel Kefalos wirkt von hier aus wie eine eigene Insel. Im Westen vermeint man vielleicht Astypalea zu sehen, die unbewohnten Felsen sind aber Pergoussa und Pachia, wesentlich näher liegend.

Unsere vorher noch meckernde Hotelmitbewohnerin kommt auch, ist doch ganz nett :-) Sie zeigt uns einen anderen Weg zurück, schmaler, steiler - kann man, muss man aber nicht. Die Mütter - von uns ironisch-liebevoll "Jajádes" (= Omas) genannt (den Ehrentitel haben sie sich auf Anafi erworben, und die Tante ist ja auch Oma, mehrfache sogar), nehmen lieber den besseren Herweg.

 

Zurück in Mandraki verlaufen wir uns bei der Suche nach einem Laden – wir brauchen noch Ouzo für den obligatorischen Drink auf dem Balkon. Die labyrinthischen Gässchen enden immer wieder in Innenhöfen und Sackgassen, so klein ist Mandraki gar nicht.

Wir kommen auch am archäologischen Museum vorbei, neu eröffnet und sicher einen Besuch wert. Nur dass wir die Existenz dieses Museums in den nächsten Tagen leider komplett vergessen werden, und hier auch nicht mehr vorbeikommen…. Krima!

Bei der sehr netten Irini von der gleichnamigen Taverne auf der Platia Ilikiomeni essen wir am Abend gut und preiswert. Nisyros ist überhaupt eine preiswerte Insel, nach dem deutlich teureren Kastellorizo sind wir überrascht. Durch die Griechenland-Krise und entsprechende Kolportage in den Zeitungen hatten wir erwartet, eine Preissteigerung zu finden. Das ist nicht der Fall – außer beim Benzin, was aber bei den paar Kilometern, die wir auf den Inseln abfahren, nicht ins Gewicht fällt.

 

Morgen wollen wir mit einem Mietauto die Insel erkunden.