Mal wieder Amorgos – die Sehnsucht war so groß, da konnten Alternativziele nicht mithalten. Kurzfristig einen Flug mit Aegean Airlines nach Athen gebucht. Einen Tag sahen wir uns das nach olympischen Spielen und Paralympics (2 Tage vorher beendet) herausgeputzte, sehr angenehme Athen an, bevor es mit der "Blue Star II" um 23.30 Uhr Richtung Amorgos ging (Preis ca. 22 Euro).
Eigentlich hatte ich nicht mit vielen Zimmervermietern bei unserer Ankunft in Katapola Sonntagmorgens um 5 Uhr gerechnet. Aber 5 oder 6 waren doch da. Wir entschieden uns für "Eleni" ganz im
Westen der Hafenbucht (schöner Blick, ruhig vom Rauschen des Meeres abgesehen, sauber, gut ausgestattet) – eine gute Wahl, die ich uneingeschränkt empfehlen würde, hätte sie nicht hinterher
versucht, uns diese sehr kurze Nacht ("you arrived saturday!") ebenfalls voll zu berechnen (dabei waren wir 6 Nächte dort, weit länger als die meisten Touristen um diese Jahreszeit). Na ja,
und der Duschvorhang gehörte auch eher unter die Rubrik "landestypisch".
Unser erster Blick galt den Veränderungen im Hafen, der letzte Besuch war über 4 Jahre her gewesen. Außer einem merkwürdig sinnlosen Anbau im Scheitelpunkt der Hafenbucht konnten wir nur wenig
neues entdecken: In Xilokeratidi waren noch einige Häuser dazugekommen, der Weg zum Kap Aktotiri war durch eine Schotterstraße ersetzt worden, die hässliche Bauruine neben dem Campingplatz stand
auch noch. Die Bushaltestelle ist an den Ortsanfang von Katapola verlegt worden, der aktuelle(?) Busfahrplan zeigte nur noch 3 tägliche Verbindungen von Katapola über Chora nach Agia Anna, nichts
nach Egiali oder Arkessini – lag aber an der Nachsaison.
Wir besorgten uns die sehr gute Landkarte aus dem Anavasi-Verlag, von 2004, die auch etliche Wandervorschläge enthielt. Eine dieser Wanderungen planten wir für den nächsten Tag: von Chora in 2
Stunden über Therlakia nach Xilokeratidi. Der am Anfang gut ausgebaute, stufenähnliche Weg führte durch ein schönes Tal auf die andere Hügelseite, schließlich einlang einer Schotterpiste, auf der
auch prompt – mitten in der Einsamkeit – ein Auto kam. Es hielt 100 Meter vor uns – an einer Telefonzelle! Nein, es war nur einen ausrangierte, zweckentfremdete Telefonzelle, und der Mann
telefonierte auch nicht, er stellte irgendetwas ab. Am Ende der Piste löste sich der Weg fast vollständig in Wohlgefallen auf – weiter auf gut Glück nach Himmelrichtung, mit zerkratzten Beinen,
immer wieder von heftigen Windböen (Windstärke 6 bis 7) durchgeschüttelt. Nach einigen Irrwegen fanden wir wieder einen brauchbaren Weg, der an einem Tor endete, dass nicht zu öffnen war – man
konnte nur darunter durchkriechen. Das taten wir auch (mein Kreuz!), und kamen nach einem weiteren Irrweg, einem steilem Abstieg und 3 Stunden Wanderzeit endlich in Xilokeratidi an. Es ist auch
weiterhin nicht so einfach mit dem Wandern auf den Kykladen, irgendwie hatten wir uns Illusionen hingegeben angesichts von Wanderwegen auf Karten.
Für 18 Euro (unbegrenzte Kilometer! :-) ) mieteten wir am nächsten Tag bei "Thomas" einen fast neuen (5000 km) Hyundai Matix und fuhren in den Inselsüdwesten. Die Strasse ist inzwischen bis
Kalotaritisa sehr gut ausgebaut, nur das letzte Stück zur Ormos Kalotaritisa ist noch etwas holpriger. Auf der rechten Seite die Liveros-Bucht mit dem fotogenen Wrack der "Olympia". Am Ende der
Insel eine malerische, fast kreisrunde Piratenbucht: Fischerbötchen, Sandstrand, eine Strandtaverne – niemand da außer dem Tavernenbesitzer, ein Mietauto und 2 Mopeds kamen später. Das
Wasser hatte 22°C, aber der kalte Nordwind nahm uns die Lust auf ein Bad.
Auf dem Weg zurück nach Richtung Inselmitte ließen wir uns Zeit, hielten an der Kirche Agia Paraskevi (eine klosterähnliche Anlage mit Zellen), am Pirgos Agia Triada von Arkessini (nur
unvollständig erhalten und geschlossen) und schließlich in Vrutsi. Zu Fuß marschierten wir in etwa 35 Minuten hinunter nach Alt-Arkessini, den Ruinen einer antiken Stadt, auf einem Felssporn 135
Meter über dem Meer gelegen, und schon wegen der Aussicht einen Abstecher wert. Zu sehen ist nicht mehr viel, einige Mauern aus dem 4. Jhd v. Chr. und auch später, und eine kleine Kapelle, die
dort steht wo in der Antike der Athene-Tempels war. Ein schönes Plätzchen! Zurück benötigten wir trotz heftigem Schiebewind länger, es ging ordentlich bergauf. In Vrutsi/Kamari nahmen wir die
(schlechte) Schotterpiste nach Notina Mourou, einem der schönsten Strände der Insel. An dem schönen Kiesstrand waren wir völlig alleine, nur ein Kaiki fischte in der Bucht. Der Strand wird von
Steilfelsen abgeschlossen, ohne Fahrzeug kommt wohl niemand die schweißtreibenden 2 Kilometer herunter vom Hauptkamm. Dabei ist man hier von den heftigen Nordwinden gut geschützt, die uns bei der
Weiterfahrt nach Chora immer wieder erfassten und das Auto zur Seite trieben – nix für Zweiradfahrer! Den schönen Tag beschlossen wir bei sehr gutem Essen im Restaurant "Liotrivi" in der Chora.
Am nächsten Tag nahmen wir die große Inseldurchquerung in Angriff. Mit dem 10 Uhr-Bus zur Haltestelle "Monastery" – genug Wasser und Verpflegung dabei, eine 4 bis 5-stündige Wanderung ohne Einkehrmöglichkeit lag vor uns. Am Kloster Chosowiotissa kann man inzwischen wohl keine Röcke mehr ausleihen, wer nicht "ordentlich" gekleidet, d.h. Männer mit langen Hosen und Frauen mit (längeren) Röcken sowie die Schultern bedeckt, kommt, wird nicht eingelassen.
Nun, den Besuch des Klosters (es soll inzwischen nur noch einen Mönch dort geben) schenkten wir uns dieses Mal, und nahmen nach kurzer Pause den Weg gen Norden unter die Füße. Er führt zunächst über Schotter den Hang leicht bergauf, meistens gut zu finden. Beim Erreichen des Kammes wurden wir von den starken Windböen erfasst, bis Windstärke 8 wurde an dem Tag erreicht. Nun ging es den Nordhang entlang auf einem besseren Ziegenpfad, durch Steinmännchen aber gut markiert. Wir waren froh, als es nach einer Weile wieder etwas geschützter wurde.
Einige Gemäuer des Hofes Agrilas und jede Menge Ziegen kamen in Sicht, aber kein Mensch. Auch weiterhin war der Weg recht anstrengend auf dem schotterigen Untergrund, die Orientierung aber problemlos. Die Landschaft sehr kahl und trocken, aber mit schönen Ausblicken auf die Küsten und Berg des Südostens. Im Weiler Asphondilitis (auch hier nur Ziegen und keine Menschen) statteten wir der Nikolaus-Kapelle einen Besuch ab. Nun waren zwei Drittel der Strecke bewältigt, einen guten Eselsweg hinauf zu einem Bauernhof mit Eseln, Kühen, Ziegen, Gänsen, Hühner – kurz: allem was kreucht und fleucht. An der Flanke eines Berges entlang kam die Küste mit dem Ort Tholaria erstmals in Sicht, an einigen Kapellen vorbei verlief der Weg deutlich auf das Ziel Egiali zu. Am Ortseingang von Ano Potamos informiert ein Esel die Anwohner durch lautes Geschrei davon, dass Fremde kamen. Esel sind in dem ursprünglichen und nicht befahrbaren Ort noch Verkehrsmittel Nummer 1 – überall waren Esel geparkt oder weideten. Schnell noch die steile Strasse den Sunset-Boulevard hinunter nach Egiali. Knapp 5 Stunde hatten wir gebraucht, uns aber auch Zeit gelassen.
Der Weg zieht sich doch sehr und ist sicher im Frühjahr viel schöner zu begehen als im Herbst.
Mit Egiali konnte ich mich immer noch nicht so recht anfreunden, zu wenig gewachsener Ort, zu viele Hotels, Pensionen und Souvenirläden, der Hafen nicht sehr einladend, zu wenig Flair. Wegen des trüben Wetters (unterwegs hatte es sogar ein paar Tropfen geregnet) fiel das Bad am Strand aus, und da auch kein Bus oder Schiff fuhr, ging es nach kurzer Einkehr in einer Taverne mit dem Taxi (Euro 18,-) zurück nach Katapola. Der Taxifahrer fuhr extra langsam damit wir auch was von der Fahrt hatten und er keine der zahlreichen Zigen überfuhr, die sich auf der Strasse tummelten und nur nach lautem und hartnäckigem Hupen bereit waren, das Feld zu räumen.
Durch den Wind war der Fahrplan der "Skopelitis Express" einigermaßen durcheinander-gekommen, die gewünschte Fahrt nach Donoussa fiel aus, und am Donnerstagabend kehrte die Kleinfähre nicht von Naxos zurück, konnte also am Freitag nicht um 6 Uhr ab Katapola fahren. Wir hätten die G&A-Ferry nachts um 3 Uhr nehmen können, aber das wollten wir nicht wirklich. Folglich verschoben wir unsere Abfahrt um einen Tag und mieteten uns erneut ein Auto um noch ein wenig in den Nordosten zu kommen. Vorher noch ein leckeres Frühstück mit selbstgemachte Marmelade an der Platia im "Agaiou" – schade, dass wir diese gute Frühstücksmöglichkeit erst am letzten Tag entdeckten!
Ein kleiner Zwischenstopp in Agios Pawlos – leider fuhren keine Badeboote mehr hinüber nach Nikouria! Weiter nach Tholaria, ein Bummel durch die leeren Gassen, es kam uns vor wie ein kaputter
Hühnerstall: halb verfallen, kaum Leben, verwildert, staubig, vernachlässigt – wir flohen hinüber nach Langada. Hier war nun wirklich die griechische Idylle, nach der wir gesucht hatten. Zuerst
hinauf zur Felsenkapelle, den Ausblick genießen und die Eselskarawane beobachten, die unten ständig Baumaterial abtransportierte. Dann schlenderten wir doch die Gassen, über die gepflegten
Treppen, Vorsicht: Esel von hinten! Die Kirchen waren aber alle verschlossen und wir nicht "anständig" gekleidet. Aber Hauptsache, die Taverne von Nikos hatte offen: es gab einen griechischen
Salat und Tomatenkeftedes - mmh!
Nein, für die Wanderung zum Kloster Agios Theologos fühlten wir uns heute nicht fit genug, nach dem guten Essen schon gar nicht mehr. Wir beschlossen den Nachmittag unten am Levrosos-Strand in
Gesellschaft einiger neugierigen Enten, die auf jedes Tütenrascheln wild auf uns einstürmten, sowie anderer Badegäste – Badekleidung überflüssig.
Auf dem Rückweg noch ein Zwischenstopp in Chora – bei den Windmühlen oben waren wir dieses Mal noch nicht gewesen. Es machte einen gepflegteren Eindruck als vor vier Jahren, eine der Mühlen sogar wieder mit Flügeln. Der Ort ist aber auch den Hügel hinauf gewachsen, einige Neubauten – sicher eine windige Sache an dieser Stelle! Wo es doch in der Chora sowieso immer noch "einen Kittel kälter ist" als unten an der Küste. Auf dem Friedhof warfen wir einen Blick ins Beinhaus – für uns Mitteleuropäer eine ungewohnte Sache, lag doch ein Oberschenkelknochen in einem Eimer gleich rechts neben der Tür... ob die Verwandten, wie in dem Buch "Eleni" beschrieben, hier auch noch aus dem Schädelknochen trinken?
Mit dem letzten Tropfen Sprit (man bekommt das Auto leer und muss selbst tanken, und wenn man zu viel tankt hat man Pech gehabt, und der nächste Kunde oder der Autovermieter - ob er das Benzin abschläuchelt? - Glück) fuhren wir wieder hinunter nach Katapola, wo wir ab letzten Abend bei "Vitzentzos" Essen gingen – unsere erste Wahl vor "The Corner" (da gab es zwar leckere Lachanodolmadakia, aber sehr fettig und fast kalt). Nur noch wenig Gäste an den Tischen; eine Woche noch, höchstens zwei, dann werden auch die letzten Touristen verschwunden sein und die Tavernen schliessen.
Am nächsten Tag frühmorgens um 6 Uhr verließen wir mit der "Skopelitis" Amorgos – sicher werden wir wiederkommen!