Auf den Profitis Ilias von Olymbos

 

Am Dienstagmorgen strahlt der Himmel blau. Bei der Suche nach einem Frühstückslokal lassen wir das „Partheneon“ erneut links liegen (was natürlich wieder nicht unbeobachtet bleibt) und werden vor dem „Edem“ von einer der beiden jungen Frauen, die es betreiben angesprochen: „Breakfast?“. Ja, gerne, stand aber doch gestern nicht auf der Karte. Haben sie aber trotzdem. Wir bestellen vier Nescafé, zwei Omeletts mit Käse, Brot mit Butter und Honig, und zwei frischgepresste Orangensäfte. Alles kommt in der XL-Version daher, dazu noch leckerer Schokoladenkuchen aufs Haus. 28 Euro werden dafür nachher fällig – völlig ok. Auf der Terrasse in der Morgensonne zu sitzen ist wunderbar. Der Ort ist noch so still.

Und was machen wir nun heute? Barbara und ich besteigen den Profitis Ilias – besser wird das Wetter kaum werden, nur ein paar dünne Wölkchen hängen am Berg. Wenig später machen wir uns auf den Weg. Wir werden entlang der Westküste gehen und von dort aufsteigen, nicht über die Windmühlen. Im Michael-Müller-Führer „Karpathos“ ist der Weg mit Abstieg über den Osten mit 5,6 Kilometern und zwei Stunden 15 Minuten reiner Gehzeit angegeben. 460 Höhenmeter laut dem Wanderbuch von Franz Postlbauer, wobei der den gleichen Weg zurückgeht. Das werden wir sehen und oben entscheiden.

 

Der Weg am Kafenio „Kriti“ vorbei aus dem Ort hinaus bringt schöne Ansichten auf Olymbos und die Steilküste. Da liegt eine kleine Kapelle unterhalb des Weges, und hinter Olymbos steigt der kahle Kegel des Korifi empor. Der Panoramaweg führt über die Weiler Aposkinou oder Péi und Argoni nach Spoa und in den Inselsüden – nur für ausdauernde Wanderer. Wir stoßen aber nach zehn Minuten auf einen Wegweiser, der links den Hang hinauf zeigt: zwanzig Minuten bis zur Kreuzung dieses Weges mit dem, der direkt von Olymbos entlang der Mühlen hinaufführt.

Hier geht es nun über steiniges Gelände sehr steil aufwärts, der Weg ist undeutlich, und schnell haben wir ihn verloren – die führenden roten Punkte sind rar, und gelegentlich täuschen rote Flechten die Markierungen vor. Wir suchen den Hang entlang und sind nach wenigen Minuten schon kurz vor dem Aufgeben, als wir endlich den richtigen Weg finden, weiter nördlich. Dass wir hier nicht wieder hinab wollen, ist uns auch schnell klar – der „Weg“ ist mit losem Gestein übersät, da kommt gerne die Schwerkraft ins Spiel und an landet auf dem Allerwertesten.

 

Wahrscheinlich wäre der Weg an den Mühlen von Olymbos vorbei doch besser zu finden gewesen, wobei Franz Postlbauer in seinem Buch diese Variante als die schönere, aber auch schwerere beschreibt. Mhhh – noch schwerer? Am Kreuzungspunkt hat man auf alle Fälle eine atemberaubende Aussicht auf Olymbos, das schon ein gutes Stück unter uns liegt, und auf die Inselostseite mit sich windenden Straßen. Den Gipfel des Korifi verbirgt inzwischen ein Wolkenschleier, die Stimmung wird unwirklich.

Hoffentlich werden die Wolken nicht dichter!

Nach einer Haarnadelkurve wandern wir nun südwärts auf den Gipfel des Profitis Ilias zu. Der Weg ist hier deutlich und gut begehbar, gelegentlich auch mit Steinmännchen markiert. Er geht steil aufwärts durch grüne Frygana. Vorne können wir jenseits eines kurzen Sattels schon die Gipfelkapelle erkennen. Ist gar nicht so weit. Und der Blick auf die Westküste mit der markanten Felsennase des Agrilli ist beeindruckend. Wieder so eine tolle Wanderung, mit der uns Karpathos verwöhnt!

 

Eineinhalb Stunden nachdem wir Olymbos verlassen haben, erreichen wir das Gipfelplateau des Profitis Ilias mit der Kapelle. Ein Paar Wanderer steht schon dort, Engländer, die wir morgen wieder treffen werden, und beim Abstieg später kommt uns eine Gruppe deutscher Wanderer entgegen. Das Plateau ist weitläufig und sehr grün, eine Betonsäule markiert den höchsten Punkt.

Blick nach Süden
Blick nach Süden

Das Panorama reicht nach Süden bis zum Kali Limni hinter dem breiten Kamm von Kefala und Agrilli und Kouloura bis Kassos, und im Norden über den Korifi bis Avlona (die Kapelle von Agios Konstantinos auf dem Sattel davor) und dahinter das Massiv des Orkili und Saria. Sehr beeindruckend! Diafani blitzt unten an der Küste heraus. Spannend auch der Blick auf die zerfurchte Landschaft im Osten, bis zur Bucht von Opsi, die neue Asphaltstraße windet sich darüber als helles Band.

Nach einer Vesperpause am Rand des südlichen Plateaus inklusive Versands einer Gipfel-SMS nach Köln sind die Engländer weg, und wir sehen uns die Gipfelkapelle an. Die Ikone des Propheten ist mit einem Dutzend Tamata behängt, von denen einige schon ganz grünspanig sind - sie sind schon länger hier. Überwiegend Frauen werden gewünscht - offenbar kommen vor allem Männer herauf. Ein Gipfelbuch hängt in einer Tüte rechts an der Wand – wir hinterlassen unsere Spur darin.

 

Über Olymbos tief unter uns hängen wieder Wolken. Der Ort hat ja oft sein eigenes Wetter.

Wir machen uns an den Abstieg, zunächst auf dem gleichen Weg wie herauf. Nach einer Viertelstunde zweigt nach rechts der Weg gen Osten ab, das Schild weist auf Forókli und Olymbos, eine Dreiviertelstunde bis zur Kreuzung.

In einem weiten Bogen geht es oberhalb eines breiten Hochtales, grün von Kugelbüschen. Der Weg ist problemlos, erst weiter vorne an einem Felsenkamm muss man im rechten Winkel zur ursprünglichen Richtung nach links abbiegen und nicht über den Felsengrat – dort geht es nach Forokli. Östlich entlang eines trockenen Bachbettes wandern wir dann über steinerne Stufen abwärts bis wir an der Straße östlich von Olymbos bei einem einfachen Haus und einer Kapelle herauskommen (der Weg aufwärts ist dort nicht beschildert).

 

Unterhalb liegt das grüne Tal mit den Gemüsegärten von Olymbos und zahlreichen verstreuten Kapellen – da könnte man auch noch viel Zeit verbringen. Wir marschieren aber nach Olymbos zurück, wo uns am Parkplatz eine große deutschsprachige Gruppe entgegenkommt, im wandermäßigen Outfit. Aber so richtig wandertrainiert sehen sie irgendwie nicht aus. Wo die jetzt um halb drei noch hinwollen? (Die beschilderten Wanderwege von Nordkarpathos findet man übrigens hier beschrieben: http://www.fdkarpathos.gr/userfiles/file/map_en.pdf )

Am Ortseingang kehren wir bei Mike’s und der freundlich-herben Sofia auf einen Frappé und eine Chortopitta ein. Die Chortopitta schmeckt, und Sofia will wissen wo wir gewesen wären. Auf dem Profitis Ilias. Ah, gut! Wie es uns gefallen hätte? Sehr gut, tolle Aussicht. Sie lacht, freut sich an uns wanderbegeisterten Gästen.

 

Die Mütter haben uns noch gar nicht so bald zurückerwartet, und auch nicht aus der Richtung. Sie wären sonst noch mit uns Kaffeetrinken gegangen. Das haben wir jetzt ohne sie erledigt. Nach einem Besuch in der Apotheke vorne am Ortseingang um etwas gegen den Husten der Tante zu kaufen (die ärztliche Station oberhalb gegenüber sah immer geschlossen aus, keine Öffnungszeiten oder so angeschrieben) haben sie den Tag in Olymbos verbummelt. Je nach Touristenlage haben mehr oder weniger Geschäfte geöffnet, so heute auch der Laden mit hübscher Keramik, zahlreichen Tees, Honig von Saria und Karpathos und anderen brauchbaren Souvenirs vor der Biegung beim Brunnen gegenüber vom „Drossia“. Und die meisten Verkäuferinnen kennen uns inzwischen, und versuchen nicht mehr uns etwas zu verkaufen.

 

Bei strahlender Nachmittagssonne gibt es kaum einen schöneren Platz als auf dem Balkon des „Afrodite“. Der Nachbar unten hat inzwischen noch ein zweites Beet neben dem ersten angelegt, und die Setzlinge stehen auch bereit. Die Gartensaison ist eröffnet.

Die Zahl der geöffneten Tavernen ist größer als die Abende, die wir hier verbringen. Da fällt die Wahl schwer – ich wäre gerne ins „Olymbos“, aber die draußen stehende Speisekarte mit dem Tagesessen Katsiki fournos lockt uns dann doch in „Drossiá“. Die Wirtin Evgenía hält selbst Ziegen bei Argoni, da wird es sicher schmecken. Trotzdem ist Zicklein nach zahlreichen fettigen Erfahrungen nichts für mich. Also mal wieder Makkarounes. Schmecken ausgezeichnet! Die Begleiterinnen sind mit ihrem Katsiki samt Gemüse aber sehr zufrieden, und auf der Terrasse über dem Tal sitzt man schön.

Später hilft beim Bedienen noch die Tochter oder Schwiegertochter, in der ich die Frau wiederzuerkennen glaube, der ich vor sechs Jahren beim Backen zugeguckt habe. Kann es sein, dass sie die Schwester der Wirtin vom „Zefiros“ ist? Komplizierte Familienverhältnisse….

Und waren wir am Anfang noch die einzigen Gäste, so finden sich später noch ein paar Einheimische auf ein Schwätzchen ein.

Doch, es ist schön hier in Olymbos zu wohnen. Auch wenn die Unterkunft etwas rustikaler ist.

Morgen könnten wir wieder wandern, da ist der 21. Mai und damit der Namenstag von Konstantinos und Eleni. Müsste eine entsprechende Kapelle das Ziel sein…