Profitis Ilias

Frühstück um halb neun, Abschied von Carey, Bill, Rosemary und Jeremy. Kalo taxidi, und kalo Chimona!

Ich frage Rod nach der Beschaffenheit der Straßen Richtung Profitis Ilias und Embourios. Nach Embourios wäre die Straße breit, und wegen der Taverne würden dort viele fahren auch wenn es Schlaglöcher hat. Geht. Der Anstieg zum Profitis Ilias wäre zwischendrin mal richtig schlecht, würde aber oben wieder besser. Na gut, mal sehen, man kann auch weiter unten anfangen.

Ich besorge mir noch etwas Proviant und fahre hinab nach Adamas. Das Wetter ist wie gemacht für einen Gipfelsturm: Sonne, etwas Wolken, etwas Wind.

 

Schnell fahre ich beim Milos Mining Museum vorbei, das geöffnet hat. Ich will aber nur das Buch "Der Arzt Hans Löber. Briefe aus Milos, 1943 – 1944", das zu kaufen ich im Mai versäumt hatte. Zurück in der Heimat erwies es sich als schwierig, es zu bekommen. Also neuer Versuch vor Ort. Aber im Museum hat man nur die griechische Ausgabe, kann mir die deutschsprachige aber bis Dienstag (übermorgen) besorgen. Blöd, ich reise morgen ab. Das wird eine längere Geschichte mit dem Buch.

 

Um halb elf bin ich in Agia Marina, wo bei der hübschen Kirche und dem üppigen Garten die asphaltierte Straße endet und eine breite Piste in den Westen führt. Rechts biegt die Piste nach Embourios ab, und links eine steile hinauf auf den Sattel vor dem Profitis Ilias. Die nehme ich.

 

Am Anfang kein Problem, aber dann werden die Schlaglöcher und Fahrrinnen riesig. Wie weit ist es denn noch? Man kann es nicht sehen, die Piste verschwindet hinter einer Kurve. Mist. Umdrehen geht auch nicht, denn links ist ein metertiefer Graben und rechts droht der Abgrund. Ich rolle langsam zurück bis es etwas mehr Platz hat und ich vorsichtig wenden kann. Dann stelle ich das Auto an der Abzweigung zu einem Haus ab und gehe die Piste zu Fuß hoch.

Das war schon besser so, auch wenn sich das Stück auf der Piste zieht. Es geht entlang eins grünen Tales voller Erdbeerbäume und die Aussicht auf den Norden von Milos mit Plaka und Tripiti wird mit jedem Meter besser. Auch die beiden vorgelagerten Akradia-Inseln sind zu sehen, wo die anderen heute paddeln. Aber selbst mit dem Fernglas ist da nichts auszumachen.

Um zehn Uhr bin ich auf dem Sattel, wo die Straße endet. Ein zunächst breites Monopati führt von hier Richtung Gipfel, der hinter einem Vorgipfel gut zu sehen ist. Das sollte doch in einer Stunde zu schaffen sein. Der Weg wird schnell schmaler, ist aber oft mit Steinmännchen markiert und gut zu finden. Steine und grüne Dornenpolster, ein paar Ziegen ergreifen die Flucht.

 

Die Aussicht wird immer besser. Die zerklüftete Landschaft ist mit Pisten durchzogen, die vier Windräder auf der Bergflanke stehen still. Die Nachbarinseln sind gut zu sehen: Sifnos, Kimolos, Antiparos-Paros, Poliegos, Ios und Sikinos wie zusammengewachsen, dann Folegandros. Und Plaka, so wunderhübsch mit dem kleinen Profitis Ilias und dem antiken Theater. Und Klima davor.

 

Milos ist so spannend!

Es ist gut wandern so. Am Zwischengipfel hat es eine Reihe aufgetürmte Felsen, und nun sieht man auch die Südküste mit der großen hellen Fläche des Steinbruches bei Tsigrado.

 

Ich bin mal wieder völlig alleine unterwegs. Der Weg zickzackt aufwärts, weiter kein Problem, ihn zu finden. Bald sehe ich die Masten der Telekommunikationsstation auf dem Gipfel, und ein paar Häuser. Das letzte Wegstück geht daran südlich vorbei, dann erreiche ich die Zufahrtsstraße (Piste) von Westen. Es ist zwölf Uhr, eine Stunde habe ich ab dem Sattel gebraucht, ab dem Auto 80 Minuten. Für geschätzte 500 Höhenmeter.

Auf dem Gipfel (748 m, oder ist das ein Nebengipfel weil die Breite oben von der Telekommunikationsanlage in Beschlag genommen ist?) steht eine Betonsäule. Gipfel-SMS nach Köln.

Die Aussicht von hier ist total genial und ich bleibe so lange bis es mir trotz Anorak kalt wird.

 

Von Kimolos her kommt die "Dionysios Solomos" von Zanteferries, mit der ich noch so wenig gefahren bin wie mit dem Schwesterschiff "Adamantios Korais". Dann landet ein Flugzeug über den Binnensee herein. Ob es das von Jeremy und Rosemary ist? Nett ist auch der Blick auf die Siedlung Embourios und die Lagune von Rivari. Da will ich unbedingt hin, egal wie die Straße ist. Und auf den Arkradia-Inseln werden die Paddler sich gerade herumtrieben. Rachel wird erzählen, dass die Tour es ziemlich in sich hatte. Vor allem mussten sie Felseninseln wieder verlassen haben ehe der "Speedrunner III" kommt, da der einen mehrere Meter hohen Schwell auslöst, der die Kajaks davontragen kann. Da muss man als Paddler den Fährplan im Kopf haben will man nicht als Robinson enden.

Auf der Südseite des Berges liegt das Kloster Profitis Ilias, eine kleine Kirche mit mehreren Nebengebäuden und einem hübschen Ziehbrunnen auf der Terrasse. Kerzen anzünden. Es gibt auch einen Schlafraum mit Etagenbett und einen Gaskocher samt allem Zubehör, das man für einen Kaffee braucht. Und weil ich inzwischen ziemlich durchgefroren bin, mache ich mir erst mal heißes Wasser. Upps, zu heiß - der Plastikbecher fängt an zu schmilzen, ein zweiter Becher muss her. Der Kaffee schmeckt trotzdem köstlich! Wenn es jetzt das Brötchen vom Bäcker in Triovasalos nicht so kätschig wäre. Schon im Auto hat mein umfallender Rucksack es seiner dritten Dimension beraubt. Na, der Hunger treibt es hinein.

 

Die Südküste ist nicht so spannend wie die andere Inselseite. Bestimmt kann man an klaren Tagen bis Kreta sehen. Heute nicht. Aber heute Abend werde ich noch einen Blick auf die Peloponnes werfen können.

Es geht doch nicht über eine gepflegte Wanderung auf einen schönen Gipfel. Autotouristen wissen ja gar nicht, was ihnen entgeht. Besser so. :-)

Um halb zwei geht es wieder abwärts. Vorsichtig gehen, aber das Geröll hält sich in Grenzen. Der Wanderstock ist trotzdem eine Hilfe. Hat ja lange gebraucht bis ich dessen Nützlichkeit eingesehen habe, aber nun will ich ihn nicht missen. Nur einen, nicht zwei. Ich weiß, die Fachleute empfehlen zwei, aber über den linken würde ich nur ständig fallen und er würde das Unfallrisiko definitiv vergrößern.

Die rostbraunen glatten Felsen mit gelben, weißen und bläulichen Einsprengseln auf dem Weg sehen interessant aus. Was das wieder ist?

Nach einer knappen Stunde bin ich wieder am Auto. Halb drei. Noch drei Stunden Sonne. Die Taglänge im Mai ist doch wesentlich entspannter, erst recht nun nach der Zeitumstellung. Und die Temperaturen sind es auch.

 

Vorsichtig fahre ich die Piste bis zur Hauptstraße hinab, und an der Kirche Agia Marina vorbei. Hier biegt die Straße im rechten Winkel nach links ab und wird schlagartig hundsmiserable, so dass ich zögere, sie weiter zu befahren. Doch, das ist schon die Straße, es gibt keine andere. Und ich will da runter. Im Januar auf Kreta hatte ich schlimmeres (allerdings unfreiwillig). Also weiter im Schritttempo. Man kann den Löchern und Steinen auch gut ausweichen, denn die Straße ist sehr breit, und unten wird es besser.

Auf Meereshöhe kommt dann zunächst eine Art Lagune - ein Stück des Binnenmeeres ist durch eine Landzunge vom Meer abgetrennt, an deren Ende eine Kapelle für den heiligen Nikolaos steht. Von Süden ragt auch ein flaches Landstück herein, auf dem ein Haus steht. So wirkt das Becken ganz abgeschlossen. Schafe weiden auf einem Halbinselchen davor. Im Hintergrund liegen zwei große Frachter vor der Verladestelle in Kanava. Eine unwirkliche Szenerie.

Nach Embouriós ist es nun nicht mehr weit. Hinter den hübschen Syrmata und dem einzelnen Turmhaus - vielleicht früher eine Mühle? - fällt ein langgestrecktes Gebäude auf - es sind die Silos und die Perlit-Verladestelle von Ambourdechtaki. Ob sie noch in Betrieb sind? Ich hab da noch nie ein Schiff gesehen.

 

Die Taverne in Embourios ist natürlich längst geschlossen, auch am heutigen Sonntag. Aber es leben einige Leute hier, die die zahlreichen Katzen füttern und sich um die Pfaue und Hühner in einem Gehege kümmern. Schafe hat es auch. Zusammen mit den farbfrohen Bootshäusern wieder ein neuer interessanter Farbtupfer meiner Milos-Karte.

Vor allem der Turm ist sehr fotogen wenn er sich im ruhigen Meer spiegelt. Und besonders schön ist der Blick über das Binnenmeer nach Plaka, Tripiti und Klima, das sich von hier aus wie an einer Perlenschnur aufgereiht zeigt.

 

Embourios war der Zugang zum südwestlichen Inselteil, man setzte von Klima, und später von Adamas aus über. Dr. Löber beschreibt in seinen Briefen 1943/44, dass er von hier aus den Profitis Ilias bestiegen hat nachdem er mit dem Boot übergesetzt ist, die Straßen sind offenbar späteren Datums oder waren in zu schlechtem Zustand. Weltabgeschieden hier irgendwie, und doch nah.

Zurück auf der Hauptstraße habe ich Lust auf ein wenig Schwimmen im Meer. An schnellsten erreiche ich eine schöne Badestelle in Provatas, wohin ich den Mietwagen steuere. Den Wunsch auf ein texilfreies Bad erfüllt sich nicht - es sind doch einige Leute am Strand. Ist ja Sonntag. Es gibt aber eine Umkleidekabine.

 

Schnell ins flache Meer, die Brandung wirft mich hinein. Woher ist denn plötzlich dieser kühler Wind gekommen, der für starke Wellen sorgt und den anschließenden Strandaufenthalt so ungemütlich macht? Als dann zwei SUV auch noch eine Horde greko-französischer Menschen entsteigt, die lautstark in meiner unmittelbaren Nähe herumstehen (der Strand ist zweihundert Meter breit!), wird es Zeit, den Rückzug anzutreten.

Bevor ich in Plaka den Sonnenuntergang erleben möchte, mache ich noch einen Abstecher nach Mandrakia. Das pittoreske Fischerdorf mit seinen in den Felsen gebauten Bootshäusern zeigt sich recht belebt - Kinder und Katzen toben herum, wobei vor allem letztere mich mit ihrem Spiel becircen. Das Dorf selbstpräsentiert sich ohne Sonne etwas unterkühlt. Nun flugs nach Plaka, die Sonne wartet nicht!

Von der Terrasse bei der Panagia Korphiatissa genieße ich nun den Sonnenuntergang. Es ist so klar, dass ich in der Ferne die Bergzüge auf der Ostpeloponnes sehen kann. Parnon oder das höhere Taygetos - keine Ahnung. Ist mir auch total egal, denn die Sonne zieht ein Schauspiel vom feinsten ab (da müsst ihr jetzt fototechnisch durch), das außer mir auch noch zwei ältere einheimische Frauen und ein Fotografenpaar angelockt hat.

Wenn es nur nicht so kalt wäre.

Ich halte bibbernd durch bis die letzten glühenden Flecken am Himmel verschwunden sind, dann presche ich nach Triovasalos unter die heiße Dusche. Der Kykladenherbst kann schon ganz schön kalt sein.

Unsere geschrumpfte (Ex-)Paddlertruppe geht dann am Abend ins "Glaronissia" in Tripiti. Das große Lokal, das ich vom Mai in guter Erinnerung habe, ist überraschend gut gefüllt. Ein gutes Dutzend Teenies feiert lautstarke den Geburtstag einer Mitschülerin, und ein noch nicht abgeräumter langer Tisch verweist auf eine vorher tafelnde Parea. Das Tagesessen Spetsofai und die Melitsanosalata schmecken sehr gut, sind aber etwas zu viel. Die Preisklasse ist etwas gehobener als in Triovasalos, aber das ist in Ordnung. Und die Gespräche mit den liebgewonnenen Mitpaddlern sind auch sehr interessant. Ob ich mal in Großbritannien Urlaub machen soll? Ich kenn mich da überhaupt nicht aus.

 

Rachel, Mike, Ann und Steve werden morgen Rods letzte Paddeltour der Saison nach Kleftiko mitmachen. Wegen der Zeitumstellung brechen sie schon eine Stunde früher auf als sonst, so dass es Frühstück schon um halb acht geben wird. Das kommt mir entgegen, denn so habe ich auch noch etwas vom Vormittag. Mein Olympic-Flug nach Athen geht um 13.20 Uhr.

 

 *

 

Der Abschied von Rod und den Briten am Morgen fällt kurz aber herzlich aus. Thank you, it was a pleasure! Und nach Milos komme ich wieder, klar. Ins Kajak. Wann auch immer. Next time single. Versprochen (jetzt suche ich einen passenden Kurs in Griechenland. Nicht so einfach. Ostsee? Nein danke.)

Das Wetter ist perfekt für die letzte Tour des Jahres. Sonne pur. Nachdem die Paddler ins Rods Auto gestiegen sind - sie passen alle in seinen Jeep - und ich ihnen wehmütig nachgewunken habe, schnappe ich meinen Trolley, wünsche Petrinela einen Kalo Chimona und fahre mit meinem roten Mietwagen nach Sarakiniko, das ich bisher noch nie bei Sonne erlebt habe. Heute also Premiere.

 

Die hellen Gesteinsformationen ziehen mich auch sofort in ihren Bann. So faszinierend wie die weichen, runden Felsnasen und die weißen, geschichteten Wände finde ich die Strukturen der Fließlinien in den Felsenböden. Wie getrockneter Schlamm, oder wie Luftaufnahmen. Und manchmal wie Jahresringe. Geniale Natur.

Das Meer ist heute im Fjord von einem milchigen Grün, das wunderbar kontrastiert. Nur ein Paar genießt den Morgen hier außer mir.

Ich könnte auch hier baden, an dem kleinen Strand. Nein, dann doch lieber in Paleochori und ohne den Badeanzug für die Rückreise nass machen zu müssen. Hier nur ein Sonnenbad auf den glatten warmen Felsen. Herbst in Griechenland - da hab ich keine Lust auf den in der Heimat.

Ich reiße mich schließlich los vom Fotomotiven und Natur und fahre nach Adamas, wo ich mit dem vergeblichen Versuch, das Löber-Buch zu bekommen, einige Zeit verbringe.

 

Nun aber schnell nach Paleochori!

Ich merke, dass man mit dem Auto das Gefühl für Entfernungen und Gelände verliert. Im Mai war es mir mit dem Fahrrad zu weit nach Paleochori bei Gegenwind (beziehungsweise zurück), jetzt fahre ich mal schnell an die Südküste, presche vorbei was ich mir im Mai erwandert und erstrampelt habe, und damit erlebt.

Jetzt nur kurze Landmarken, traurig irgendwie. Ein Verlust.

 

Paleochori befindet sich in nachsaisonaler montäglicher Verlassenheit. Ich parke etwas weiter östlich am Strand und springen zwischen zwei leeren Tavernen in die Brandung. Schön, auch wenn hier nichts von einer Erwärmung des Meerwasser durch vulkanische Wärme zu spüren ist, für die Paleochori bekannt ist. Vermutlich bin ich an der falschen Stelle, und das Meer ist zu unruhig. Egal, Hauptsache ein Bad zum Abschluss.

Beim Trocken in der Sonne nehme ich Abschied von Milos.

Natürlich bin ich viel zu früh am Flughafen. Ich gebe das Auto zurück und muss mit dem jungen Mann am Schalter noch über die korrekte Tankfüllung diskutieren, die in meiner Vertragskopie handschriftlich geändert wurde, aber nicht in den Computerunterlagen. Am Ende stimmt dann doch alles.

Nach der Gepäckaufgabe habe ich noch Zeit, einen Bummel zur Kapelle der Vierzehn zu machen, die am Binnenmeer an der Abzweigung zum Flughafen steht. Vierzehn junge Männer, von den deutschen Besatzungstruppen hingerichtet. Furchtbar.

Ein vorbeifahrender LKW-Fahrer sieht mich, hupt, winkt und lacht. Eine wohltuende Geste, wie überhaupt die Leute auf Milos zwar eher zurückhaltend, aber dennoch freundlich sind.

 

Mein Flugzeug landet. Für kurze Zeit Geschäftigkeit auf dem Flughafen - ein paar Mietautos werden übergeben, Taxis fahren mit Gästen davon. Alles mit der Entspanntheit eines kleinen Provinzflughafens, die dem Betrieb auf einer langsamen Fähre gleicht.

 

Der Flughafen füllt sich nun mit Abreisenden. Griechische Großfamilien mit Tüten voller Gepäck, französische Touristen, telefonierende Jungmänner, gestylte Blondinen - der Inselkosmos. Die Sicherheitskontrolle ist auch freundlich, meine Schuhe mit einem Metalldekor führen mal wieder zu intensivem Durchleuchten und Abtasten. Schließlich geht es zu Fuß zum Flieger, einer Turboprop mit 48 Sitzplätzen. Nur so wenig? Kamen mir viel mehr Leute vor, die gewartet haben.

 

Ziemlich pünktlich starten wir. Das verbrannte, karge Ost-Milos ist aus der Luft gut zu sehen, mit dem großen ehemaligen Bentonit-Steinbruch von Tsantili. Den möchte ich mir beim nächsten Besuch ansehen. Bye-bye Milos! Dann verschwinden wir in den Wolken, dank denen der hintere Teil des Flugzeuges keine Getränke bekommt - zu viele Turbulenzen. Macht nichts beim kurzen Flug nach Athen.

Vom Flughafen mit der Metro nach Athen, Monastiraki. Die langen Schlangen am Ticketschalter irritieren mich. Streik, oder was ist das Problem? Ich hab zum Glück mein Rückticket für morgen schon. Ich wohne dieses Mal im Hotel "Cecil", das Einzelzimmer mit Frühstück für 42 Euro. Zu früh gebucht, später wäre es billiger gewesen. Und zum Frühstücken wird es mir nicht reichen, denn ich muss schon um 6 Uhr weg, mein Flugzeug startet um 9 Uhr. Aber das wußte ich vorher.

 

Das Hotel ist ordentlich für diese Lage, sauber und bei geschlossenem Fenster auch nachts nicht zu laut.

 

Nach einer Gyropitta im nahen Psirri geht es dann zum Archäologischen Nationalmuseum. Da war ich seit mindestens 20 Jahren nicht mehr, aber es hat heute (montags) bis 20 Uhr geöffnet, und das passt. Zumal es zu regnen beginnt. Zehn Euro kostet der Eintritt (Winterrabatt- und -öffnungszeiten erst ab 1. November) zu der Flut an hochwertigen Exponaten. Ich will mir gar nicht alles ansehen, sondern mich auf die kykladischen Exponaten konzentrieren, und die Fresken von Santorin.

 

Das Museum ist angenehmerweise nicht sehr voll, und so kann ich Kykladenidole, bronzezeitliches von Syros, Milos und Ios in aller Ruhe genießen. Jetzt, wo ich gerade erst an oder bei den Ausgrabungsorten war - Filakopi/Milos, Kastri/Syros, Ios - kann sich ein ganz andere Beziehung zu den Exponaten entwickeln. Keros, Amorgos, Naxos - nochmals eine Reise durch die Kykladenwelt, irgendwie beglückend. Da können die Fresken von Santorin nicht mithalten, auch wenn das Frühlingsfresko mit den tanzenden Schwalben sehr schön ist.

Dann doch noch das Gold von Mykene, die archaischen Kouroi, den Junge auf dem Pferd und natürlich der schönste Gott von allen: Zeus oder Poseidon von Artemision in Bronze. Von jeder Seite schön.

Nach einer Kaffeepause im Untergeschoß bin ich wieder fit für die Aufnahme wenigstens eines weiteren Teils der Exponate. Um dreiviertel acht verlasse ich erschöpft und zufrieden das Museum.

Nach so viel geistiger Nahrung möchte ich gerne in "Bakaliaro Saita" zum Essen, aber ich finde es nicht. Dafür nerven alle die Aufreißer vor den Lokalen. Ich verziehe mich nach Psyrri, wo ich heute Nachmittag ein paar nette Lokale gesehen habe. Aber das sind entweder Cafés und voll mit der Athener Jugend, reine Gyrosbuden (das hatte ich heute schon), oder Tavernen mit überlauter, nervender Bouzoukimusik der Touristenklasse. Kann ich jetzt nicht ertragen. Also wieder rüber an die Plaka, wo ich schließlich im "Diodos Agoras" an der Adrianou (ja, natürlich touri) einen guten Salat mit einem Karäffchen Raki und plastikfreiem Wasser aus der Leitung bekomme und den Urlaub entspannt ausklingen lassen kann.

 

Meine erster Versuch in der zweiten Oktoberhälfte. Hat gepasst. Nicht zuletzt dank sehr netter Leute, die ich auf Syros und Milos getroffen habe. :-)

Aber auch das Wetter war im großen und ganzen in Ordnung.

Wiederholung also nicht ausgeschlossen.