Mochlos - Iraklio

Zum Abschied bleibt das Wetter bewölkt, die Brandung hat die ganze Nacht lautstark getobt.

Gegen zehn Uhr sind wir fertig mit Packen, Stella kommt zum Bezahlen (44 Euro die Nacht, es gibt sogar eine Quittung) und ihr Mann hilft beim Gepäcktransport. Theo sieht froh aus, die vielen Stufen hinter sich zu lassen.

 

Wir fahren jetzt die direktere Straße durch die Berge nach Agios Nikolaos, die wir noch nicht kennen, und die über Skopi, Chamezi, Moulianai und Mirsini führt. In Sfaka biegen wir nach rechts zur Küste hinab ab um einen Blick auf Móchlos zu werfen.

Mochlos ist ein nettes kleines Dorf an der Küste auf einem Felsenkap, das sich sein Idyll vermutlich dadurch erhalten hat, dass die Bademöglichkeiten mäßig sind - nichts für Sandliebhaber, nur Kies und Felsen. Gegenüber dem Kap liegt eine kleine Insel mit einer Kapelle drauf. Auch das Inselchen heißt Mochlos, und Archäologen haben dort bei der Kapelle allerlei Minoisches ausgegraben - Gräber und Siedlungsreste.

 

Die Brandung ist sehr stark, aber wir wollten der Empfehlung aus dem MM-Reiseführer sowieso nicht folgen und hinüberschwimmen. Am Felsen(st)rand warnt ein Schild vor glitschiger Küste.

 

Der Ort ist weniger verlassen als man es im Januar erwarten könnte. Die Kirche ist geöffnet, in manchen Häusern sind Handwerker zugange. In der Taverne "Ta Kochilia" (für Griechisch-Ignoranten "Koxilia") sitzen drei Katzen erwartungsvoll auf dem Tisch. Nein, es ist erst halb zwölf und viel zu früh zum Essen, auch wenn das Lokal geöffnet scheint. Und Katz-iki wollen wir eh nicht. ;-)

Mochlos soll als Standort bei Wanderern beliebt sein. Wenn man einige Steigungen nicht scheut, ist das hier eine reizvolle Gegend.

Weiter westlich liegt ein geschützter kleiner Hafen, hier sind vielleicht die besseren Bademöglichkeiten. Die Straße führt uns aber ins Abseits, wir müssen umkehren und in Mochlos selbst die richtige Abzweigung zur richtigen Straße nehmen, die an den riesigen Stufen eines großen Steinbruches vorbeiführt. Kurz darauf treffen wir wieder die Hauptstraße und fahren oberhalb des Mirabello-Golfes durch Kavousi. Hier soll es irgendwo einen sehenswerten alten und großen Olivenbaum geben, aber wir haben keine Lust zu suchen. Womöglich treffe ich noch eine zickige Winterresidentin, das brauche ich echt nicht.

 

Ein Leichenzug auf der Straße nötigt uns in Pachia Ammos zur Vollbremsung. Ich soll seitlich einen Umweg nehmen, bedeutet mir einer der Trauergäste aus dem gefolge, aber schon nach zwanzig Metern ist die Piste nicht mehr in gut befahrbaren Zustand, also wird mühsam gedreht, und der Leichenzug ist auch schon zur Kirche abgebogen.

 

Next exit Agios Nikoloas. Nein, wir fahren weiter, erst in Neapoli suchen wir eine Gelegenheit zum Mittagsessen. Denn danach sind wir schnell an der Touristenküste ab Malia, und da kann einem womöglich der Appetit vergehen.

 

Neapoli ist ein nettes Landstädtchen ohne touristische Ausprägung. Allerdings finden wir am großen Platz vor der Kirche zunächst nur Cafés und Schnellimbisse geöffnet. Etwas versteckt neben einem Laden mit kretischer Feinkost gibt es aber ein Mezedopolio-Café, und dort bekommen wir Souvlakia und Omelette nebst Kaffee und Bier zum fairen Preis. Und können den beiden Senioren zusehen, die draußen ein Pläuschchen halten: der eine sitzend mit Zeitung, Zigaretten und Kaffee auf dem Tisch, der andere stehend mit Komboloi. Der Besitzer des benachbarten Ladens sitzt dabei wenn keine Kunden im Laden sind. Alles ganz gemütlich.

Das Wetter bleibt grau, was den Eindruck der winterlich-verlassenen und unmerklich ineinander übergehenden Touristensiedlungen von Malia bis Chersonissos nicht vorteilhafter macht. Wir haben extra die Nationalstraße verlassen, um uns dieses Elend von näherem anzusehen. Ja, auch das ist Kreta, selbst wenn hartnäckige Realitätsverweigerer das nicht wahrhaben wollen. Kreta ist nicht nur schöne Landschaft, Gastfreundschaft und nette Dörfer, sondern auch Bettenburgen, aufdringliche Kellner und "kretische Abende" mit Sirtaki und anderen Peinlichkeiten. Und vielen gefällt es offenbar, sonst wäre es in der Saison hier nicht so voll. Ich habe lange gebraucht, einen zweitägigen Aufenthalt in Chersonissos zu überwinden und wieder nach Kreta zu reisen.

Da gefällt es mir jetzt im Winter fast besser, so ganz in leer.

 

Aber Anhalten muss man hier nicht, und auch ein Besuch des Cretaquariums in Gournes lockt uns nicht. Zügig bringen wir die Kilometer bis Iraklio hinter uns. Nochmals volltanken, 37 Liter für sechzig Euro. Wir haben während des ganzen Urlaubes Benzin für 120 Euro gebraucht, 74 Liter, und sind 1074 Kilometer gefahren. Ziemlich viel Autofahren für die sonst von mir bevorzugte Art, Urlaub zu machen. Kreta ist einfach zu groß, und ich freue mich auf kleinere Inseln, die man besser erwandern kann.

 

Theo hat für uns je ein Einzelzimmer im bewährten Hotel "Kronos" reserviert. Am nächsten Tag werden wir vom Wirt  als Stammkunden bezeichnet und müssen inklusive Frühstück nur je vierzig Euro bezahlen (statt 48). Mein Zimmer hat Meer- und Koules-Blick. Die renovierte Festung am Hafen ist seit letztem Herbst wieder zur Besichtigung geöffnet. Als wir später dorthin bummeln, ist sie natürlich schon geschlossen, aber wir wollten eh nicht hinein.

Zwei Kilometer lang ist die nördliche Hafenmole hinter der Festung, eine beliebte Strecke bei Joggern. Heute nötigt die starke Brandung, die über die Hafenmauer schlägt, wasserscheue Läufer zum Umweg rechts entlang der Burg.

 

Die Lichtstimmung ist schön am venezianischen Hafen. Sogar ein paar Jollensegler sind unterwegs.

 

Wir wenden uns aber nun der Innenstadt zu und trinken am Morosini-Brunnen einen Kaffee. Man kann von hier aus so schön das Treiben auf dem Platz beobachten. Das einheimische Publikum ist sehr jung, ein Eindruck, der sich beim Wiederbesuch nach dem Abendessen verstärkt. Vier asiatische Touristen fallen uns auf, aber Iraklio gehört im Winter den Einheimischen.

 

Wir gehen noch zum Bembo-Brunnen mit der kopflosen Figur, wo das nette Kafenio samz umgebendem Grün den Restaurierungsmaßnahmen zum Opfer gefallen ist. Steril sieht der Platz jetzt aus, und verlassen. Schade.

Zum Abendessen sind wir im "Ligo krasi.... Ligo thalassa" in unmittelbarer Hotelnähe, gegenüber der Festung. Wir sind früh dran, was sich als nützlich erweist, denn das Lokal wird binnen kürzester Zeit voll bis auf den letzten Platz. Was an der guten Qualität und am Preis-Leistungs-Verhältnis liegt.

 

Zum Abschied gönnen wir uns nochmals Fava als Vorspeise, Theo nimmt gegrillte Barbounia und ich Fischsuppe. Der große Topf voll gelber Suppe, dazu reichlich gekochter Fisch und Gemüse auf dem Extrateller - das ist alleine kaum zu bewältigen. Obwohl die Soupa sehr gut schmeckt. Mit 42 Euro sind wir zwar an der oberen Preisgrenze, aber für das Gebotene ist das absolut angemessen.

 

Danach noch etwas Nachtleben, aber ohne Besuch der Gay-Lokalität vom letzten Mal. Wir sind müde und früh zurück im Hotel. Man wird nicht jünger.

 

*

 

Nach den umfangreichen Hotelfrühstück geben wir am Sonntagvormittag unseren Mietwagen am Flughafen zurück. Martin von "The Best Cars" empfängt uns pünktlich, die Übergabe erfolgt reibungslos (und dieses Mal ohne Macken am Auto). Wirklich the best cars!

 

Theo hebt eine Stunde vor mir ab, er fliegt über Athen, während ich in Thessaloniki umsteigen werde, wo ich vier Stunden Aufenthalt habe.

Es ist dieses Jahr mehr los am Flughafen Iraklio als im Vorjahr, aber trotzdem völlig entspannt und von der sommerlichen Überlastung meilenweit entfernt.

 

Aus der Luft kann ich die schneebedeckten Zweitausender Kretas über den Wolken bewundern, und ein Fazit dieses zweiten Winterurlaubes auf Kreta ziehen:

Ja, das war gut. Ich hätte nicht gedacht, dass der Inselosten mir so gut gefällt. Ein Wiedersehen ist nicht ausgeschlossen.