PorOstern

Gegen 18 Uhr sind wir wieder auf Poros. Von der Fähre aus sehen wir neckische artistische Wasserspiele, Menschen lassen sich per Wasserstrahl in die Luft heben. Die Yacht-Show scheint komplett, kein freier Platz mehr entlang der westlichen Promenade (außer dort wo die Uferbefestigung abgebrochen und deshalb kein Kai mehr da ist).

 

Viele Leute sind unterwegs, der Kontrast zu Methana ist wieder da und heftig. Vor einigen Tavernen drehen sich schon Lämmer auf dem Spieß – früher und anderswo waren die eigentlich dem Ostersonntag vorbehalten. Aber auf Poros ist ja so manches anders. Wir haben uns noch ein Eis bei Pagotomania gegönnt und brauchen am Abend nur Ouzo mit Meze um bis Mitternacht durchzuhalten. Natürlich an der Platia Karamanou, wo heute noch mehr herausgeputzte Kinder mit ihren Ostergeschenken spielen, und die nicht minder herausgeputzten Eltern am Rande in den Cafés sitzen. Schön, einfach nur zuzusehen.

 

Und es ist immer noch so sommerlich lau, 25°Lufttemperatur.

Es hat etwas von Weihnachten – alle warten auf die Bescherung, auf Mitternacht. Die Gottesdienste in den Kirchen beginnen gegen 23 Uhr, die Familien tröpfeln erst spärlich, nur die älteren Frauen sind schon da. Ein Junge muss zurück, er hat seine Kerze vergessen. Es gibt ja extra geschmückte Kerzen für Jungs und Mädels, mit Figuren dran, für Basketballfans, für Rosa-Fans, für Autofans. Aber in früheren Jahren haben wir mehr gesehen. Doch die Krise?

Nein, daran denkt jetzt niemand!

 

Wir haben uns die Georgskirche auf dem Hügel ausgesucht für die Auferstehung – da haben wir danach einen kurzen Weg zur Taverne. :-) Es hat noch Platz drinnen, ganz hinten. Am Eingang haben wir zwei dünne Kerzen gekauft, ganz ohne geht ja nicht.

Die langen feierlichen Gesänge, das Kommen und Gehen, die Kirche, die sich füllt – eine schöne Zeremonie. Dann verlöscht das Licht, der Pappas kommt mit einigen Kindern hinter der Ikonostase heraus, er bringt das Licht, das in der Kirche verteilt wird. „Christos anesti!“ – „Ine alithos anesti!“

Ein ergreifender Moment!

Und nein, ich habe keine Fotos gemacht.

 

Dann drängt alles hinaus, die Zeremonie geht draußen weiter, es wird auch geböllert, aber verhalten. Wir stecken noch in der Kirche fest, aufpassen auf die Kerzen, damit die nicht ausgehen, oder alles mit Wachs verkleckern. Haben versäumt, uns eine Schutzmanschette zu holen.

 

„Chronia Polla“ schallt es von überall. Der Pappas und ein Teil der Gemeinde kehren wieder in das Gotteshaus zurück. – da geht die Liturgie noch ein, zwei Stunden weiter. Aber die meisten drängen nun in die Tavernen, oder nach Hause, zur Ostersuppe.

 

Ich hatte im „Platanos“ einen Tisch auf meinen Namen bestellt, was gar nicht so einfach war – der Kellner wollte meinen Namen einfach nicht richtig verstehen. Aber da er ihn jetzt wieder gleich falsch versteht, bekommen wir einen netten Zweiertisch am Rande der Tavernenterrasse. „Golor“ steht auf dem Namensschild – nicht zum ersten Mal frage ich mich wie man ein „R“ am Wortanfang aussprechen muss damit es als solches verstanden wird.

Die anderen Tische sind belegt, es hat Familien, Gruppen, Paare, auch Touristen. Wir bestellen zwei Portionen Majiritsa (die Portion zu sieben Euro fünfzig) – die traditionelle Speise um das Fasten zu brechen. Mit Innereien, Grünzeug, Ei, Zitrone. Schmeckt hervorragend! Eigentlich hätten wir vorab noch mit roten Eiern ein „Duell“ ausfechten müssen, aber auf unserem Tisch (und auch dem benachbarten Zweiertisch) liegen im Gegensatz zu den anderen Tischen keine Eier. Schade.

 

Unsere Kerzen brennen erstaunlicherweise immer noch, obwohl ungeschützt in einem Trinkglas auf dem Tisch stehend. Eine gelegentliche Böe lässt sie flackern, aber nicht ausgehen. Das passiert erst später, auf dem Weg zum Hotel. :-(

 

An den anderen Tischen herrscht inzwischen ein großes Gelage – wie in guten alten Zeiten wird mehr bestellt als verzehrt werden kann. Es ist ja Ostern, und die Welt in Ordnung. Ende der Fastenzeit!

Gegen zwei Uhr sinken wir müde in unsere Betten. Auf unserem Zimmer steht ein Teller mit roten Eiern, gefüllten Teigtäschchen und Mürbteiggebäck – eine nette Geste des Hotels! So kommen wir doch noch an unsere Eier. Und erstaunlicherweise ist es in der Nacht recht ruhig draußen.

 

*

 

Wir schlafen lange am Ostersonntag, und haben uns kein Programm vorgenommen. Wollen einfach ein wenig herumschlendern, irgendwo in einer Taverne Lamm und Kokoretsi essen. Zum Frühstück gibt es die Osterleckereien und das Ei. Danach möchten wir die östliche Paralia bis zum Ende entlanggehen. Auch am Ostersonntag kommt um viertel nach elf Uhr die „Flyingcat 6“ – und ist gut belegt. In der zentralen Ägäis fahren an diesem Tag kaum Fähren – wer jetzt nicht auf der Insel seiner Wahl ist, kommt nicht mehr hin. Hier ist Athen zu nah, und damit die Geschäftigkeit.

 

Die Tavernen, die Platia – alles noch leer und aufgeräumt. In den Cafés sitzen ein paar „Frühaufsteher“. Je weiter wir nach Osten kommen, desto ruhiger wird es. Segelboot liegt aber an Segelboot. Sie gehören nicht zu Yachtmesse, sondern haben über Ostern hier angelegt – Platz hat es reichlich. Noch weiter östlich liegen Segelboote ohne Besatzung – im Winterquartier vermutlich. Das eine oder andere Kaiki dazwischen, Netze stapeln sich davor.

So eines der Häuser hier, nur durch die heute kaum befahrene Uferstraße vom Meer getrennt – nicht schlecht. Die Mutter setzt sich auf eine Bank, und ich gehe noch weiter.

Am Ende der Promenade dreht sich ein Lamm auf einem Grill, begleitet von einem Kokoretsi-Spieß. Das sieht lecker aus, ich mache in Foto. Und werde prompt vom Chef der Parea gefragt wo ich herkomme: „Apo tin Jermania“ antworte ich, und ziehen schon wegen der zu erwartenden Schmähungen den Kopf ein. Die Beschimpfungen Angela Merkels kommen auch unverzüglich, und in deutscher Sprache (aber nicht zitierfähig), und ich kontere damit, sie nicht gewählt zu haben. Das hätte ich gut gemacht, applaudiert der Mann, so um Mitte sechzig, und schon hab ich einen Becher Wein und ein Stück Wurst in der Hand. Ich muss dann doch auch die griechischen Politiker in die Pflicht nehmen, die schließlich auch schuld haben an der Misere, und da ist mein Gegenüber mit mir einig. Ich solle heute Abend wiederkommen, er feiere Geburtstag, und ob ich alleine da wäre? Ich verweise auf die Mutter, und Kostas, so heißt der Mann, meint, ich solle sie holen.

 

Und so sitzen wir wenig später in der schattigen Halle einer Billard-und Spiel-Bar namens „Pounta“, haben Würstchen auf dem Teller, und einen sich nie leerenden Becher Wein in der Hand. Kostas, der eine deutlich jüngere Frau geheiratet hat und dessen vielleicht elf Jahre alter Sohn auch herumrennt, hat vor Jahren (Jahrzehnten?) in Deutschland studiert. Er ist schon im Ruhestand, aber seine Rente wurde von (üppigen) zweitausend Euro auf gerade mal neunhundert Euro gekürzt. Da kann man schon einen Groll haben.

 

Mit steigendem Weinpegel wird Kostas müder und legt ein Nickerchen ein, und eigentlich wäre es für uns jetzt der Zeitpunkt, uns davonzumachen, wollen wir die Gastfreundschaft nicht schamlos ausnutzen. Aber wir kommen nicht weg. Kostas Kumpel mit Tochter, deren Freund, seine Frau, seine Schwiegereltern, die ganze Parea – sie demonstrieren uns, dass griechische Gastfreundschaft auch in Krisenzeiten noch gilt. Und so sitzen wir später gemeinsam am Tisch und bekommen Kokoretsi und Lamm, das geeignet ist meine Vorurteile gegen Lamm am Spieß zu wiederlegen, so gut schmeckt es.

Und mein Griechisch muss ich bei der Gelegenheit auch anwenden – der Weißwein macht es leichter.

 

Erst gegen halb vier, als die ganze Parea in nachmittäglich-weinseliger Osterschläfrigkeit zu versinken droht, können wir uns verabschieden. Wir sollen heute Abend wiederkommen!

 

Können wir diese Gastfreundschaft am Abend nochmals strapazieren? Und wo kriegt man am Ostersonntagnachmittag ein geeignetes Gastgeschenk her? Wenn man eh schon reichlich betrunken ist? Wir sind unentschlossen.

 

Aprpops: unser Gastgeber und dessen Freund vermieten Studios in Askeli: "2 Lions" - sicher sehr schön!

Erst mal stärken wir uns mit einem Elleniko an der Platia Iroon, und bauen den Alkohol durch einen Mittagsschlaf ab.

Wir haben uns inzwischen entschieden, am Dienstag früh um 6.30 Uhr mit der Fähre nach Ägina und weiter nach Agistri zu fahren und die letzten Urlaubstage dort zu verbringen. Methana ist wandertechnisch zu anspruchsvoll für die Begleiterin, und auf noch eine städtische, womöglich teure und rummelige Insel wie Spetses haben wir auch keine rechte Lust (abgesehen davon, dass wir dann ja wieder weiter von Piräus wegfahren müssten). Obwohl Methana und Ägina ja nicht weit weg von Poros sind, sind die Fährverbindungen dorthin dünn gesät. Schnellfähren fahren gar keine – nur direkt nach Piräus.

So müssen wir eben diese frühe Fähre nehmen, und kaufen heute noch am Hafen die Tickets (€ 8,50), wozu wir wieder durch die stille Oberstadt gehen. Falls diese womöglich knapp werden – Osterrückreiseverkehr. Aber die Kapazität ist hier kein Problem, denn die großen Fähren haben ja viel mehr Platz als die Dolphins, und so früh wollen die Osterurlauber auch nicht so gerne nach Athen zurück – Mit der Seacat geht es ja auch schneller, und später (und teurer).

 

An der Uferpromenade ist unglaublich viel los jetzt, ganz Griechenland scheint auf Poros zu sein. Natürlich zieht die Yacht-Show zusätzliche Gäste an, wenn man akkreditiert ist kann man auch auf die Schiffe drauf. Alles sehr, sehr edel und eine rechte Angeberei. Und von Galatas herüber kommen immer noch mehr Leute. Wir wollen morgen nach Galatas, und werden dann verstehen warum.

Am östlichen Yachtanleger ist eine ganze Armada russische und osteuropäische Segelboote angekommen, sie liegen in mehreren Reihen und feiern und tanzen am Abend und in der Nacht in den Tavernen direkt dort – es wird laut und alkoholträchtig. Nicht die richtige Ecke für unser Abendessen heute. Kein Problem, denn endlich klappt es mit dem von Theo hochgepriesenen „Stin Rota“ an der Platia Iroon direkt bei unserem Hotel.

Die Portionen – Rote Beete und zweimal Pasta (Lust auf Fleisch hatten wir keine mehr) – sind zu üppig als dass wir sie ganz aufessen könnten. Aber in Griechenland gehört das Übriglassen eh zum guten Ton. Geschmeckt hat es uns. Und der Abend ist immer noch so lau wie eine mitteleuropäische Sommernacht.

 

Nein, wir schaffen es dann nicht mehr zu Kostas Geburtstagfeier, sind müde und satt. Ich hab ein wenig schlechtes Gewissen deshalb.

 

Morgen wollen wir nach Galatas übersetzen, und sehen ob es vielleicht einen Bus nach Epidavros gibt.