Tinos-Stadt

 

Eine Stunde brauchen wir noch von Naxos nach Mykonos. Links liegen die (fast) unbewohnten Inseln Delos und Rinia, rechts die zugebaute Küste von Mykonos. Ein Anblick, der eigentlich auch hartgesottenste Mykonos-Kreuzfahrer in die Flucht treiben müsste. Aber nicht tut: im neuen Hafen liegt der sechzehn Decks hohe Kreuzfahrtriese "MSC Magnifica", 293 Meter lang, 60 Meter hoch, 2.500 Passagiere und 1.000 Besatzungsmitglieder groß. Die Passagiere schieben sich gerade bestimmt durch die ach so malerischen Gassen der Altstadt oder machen einen Trip nach Delos.

 

Falls ich in letzter Zeit dachte, Mykonos mal wieder einen Besuch abzustatten, so zerstieben diese Gedanken spätestens beim Anblick des monströsen Vergnügungsdampfers (Ja, ich weiß: es gibt noch  größere. Heftig.).

Der "Champion Jet 1" braucht ziemlich lange, bis er sich am Anleger neben dem 16-Stöcker einsortiert hat während wir schon mit scharrenden Hufen vor dem Ausgang stehen. Die meisten Passagiere wollen hier das Schiff verlassen.

 

Rechts von uns liegt die "Blue Star Patmos" und die fährt in ein paar Minuten via Tinos und Syros nach Piräus. Also runter von Schiff, rüber zur Ticketbude gegenüber, zwei Tickets nach Tinos gekauft (je 12 Euro), und rauf aufs nächste Schiff. Eine Sache von drei Minuten - mehr Mykonos muss nicht sein.

 

Die "Blue Star Patmos" braucht eine Dreiviertelstunde hinüber nach Tinos. Den steilen Felsen des Exomburgo können wir schon von weitem sehen, und ich freue mich auf Tinos. Schade, dass wir Theo nicht treffen werden wie ursprünglich vorgesehen, weil er seinen Kykladenurlaub wegen eines sturzbedingten Knieschadens stornieren musste. Auf Tinos kennt er sich viel besser aus als wir. Müssen wir uns eben alleine durchsuchen.

Dummerweise habe ich unseren Vermietern von den "Athos Studios" nicht Bescheid gesagt, mit welcher Fähre wir kommen - wir wussten das ja selbst bis vor kurzem nicht. Und so steht nun niemand am Hafen um uns abzuholen. Was aber nicht schlimm ist, denn es ist nicht weit zu diesem Quartier und so marschiere ich los. Leider reagiert dort zunächst niemand auf mein Klingeln, und auch am Telefon erreiche ich niemand. Nach einer Weile ist dann die Wirtin doch aus ihrem Mittagsschlaf aufgewacht und organisiert die Abholung der Mutter samt unserem Gepäck am Hafen durch ihren Mann.

 

Wir beziehen ein ordentliches Zimmer mit Küche im Hochparterre und Balkon (weiter oben hätte man einen besseren Blick gehabt, aber es ist trotzdem in Ordnung so), 30 Euro bezahlen wir pro Nacht.

Am späteren Nachmittag geht es zu einem Einkaufsbummel hinein in die Stadt. Es ist wenig los, auf der "Kriechspur" der Wallfahrtsstraße hinauf zur Panagia Evangelistria ist niemand unterwegs. Tatsächlich werden wir die paar Tage auf Tinos dort niemanden auf allen Vieren wallfahren sehen - es ist noch nicht Saison.

 

Der "Superjet" legt an, am alten Hafen, ein paar Tauben haben ihre dekorativen traditionellen Wohnungen verlassen und suchen in der Stadt nach Fressbarem, die "Hellenic Highspeed" (Χελλένικ Χαίσπιντ) legt am neuen Hafen ab, ein paar Segelboote dümpeln entlang der Paralia. Ganz im Osten der Stadt schaue ich mir (von außen) das Quartier "Agnatio" an - hier wären Zimmer und Lage wohl nicht schlecht und hätte sich Theo eingebucht (das Hotel "Tinion" war durch eine französische Wandergruppe ausgebucht). Allerdings sind die Doppelzimmer nur elf Quadratmeter groß, und für zwei Personen ist das etwas wenig um sich wohl zu fühlen. Weswegen ich froh war, dass Giannis von den "Athos Studios" sich auf meine eMail (Griechisch empfohlen!) hin gemeldet hat, auch wenn nicht allen das westlich des Hafen gelegenen Wohnviertel so richtig gefällt.

Das schöne Abendwetter lässt uns zum Sonnenuntergang unseren Balkon genießen ehe wir später am Abend nochmals in die Stadt hinein gehen und im "To Koutouki tis Elenis" essen gehen. Die Tische draußen sind leer, drinnen ist es aber recht voll. Ich möchte gerne die Fourtalia/Froutalia probieren, ein habhafter Omlettfladen aus Kartoffeln, Ei und der groben tinischen Landwurst. Zwölf Euro kostet einer, ist vier Zentimeter dick und reicht locker für zwei, drei Personen. Da wir unvorsichtigerweise vorab noch eine Skordalia bestellt haben, die mit einer üppigen Portion daherkommt, schaffen wir nur die halbe Fourtalia. Keine Problem, die nette Bedienung ist derlei gewohnt und bietet an, die andere Hälfte im Doggybag mitzunehmen. Haben wir schon ein Frühstück morgen....

 

Die rustikale Landwurst in der Fourtalia ist nichts für feine Gaumen und keineswegs mit den anderswo üblichen Loukanika zu vergleichen. Wir werden auf zukünftige Geschmackstest wohl verzichten, und brauchen danach unbedingt noch einen Tsipouro zu Verdauung.

Morgen wollen wir uns dann die Marmordörfer ansehen.