Dörfertour in den Osten

Mit frischem Brot vom Mini-Markt bzw. Bäcker frühstücken wir auf dem Balkon mit der tollen Aussicht. Die Schwalben müssen sich erst noch an uns gewöhnen, so ganz trauen sie sich, wenn wir da sind, nicht ins Nest, in dem noch die Eier liegen oder die Jungen gerade geschlüpft sind.

Nebelkrähen umfliegen uns krächzend, sie haben ihre Nester an einigen Steilfelsen hinter dem Anleger.

Das Wetter ist sonnig mit etwas Wind, die Segler unten verlassen zögerlich den Hafen. Für den Nachmittag sind wieder Gewitter prognostiziert. Wir wollen entlang der Küste nach Vathy wandern, dann hinauf nach Katomeri und wieder zurück nach Spartochori. Der größte Teil der Strecke ist leider auf der Straße, aber da ich mir vor drei Tagen mal wieder meine Iliosakralgelenke blockiert habe und der Chiropraktiker sich so kurzfristig vor dem Urlaub nicht mehr einschieben ließ, ist mein wandersportlicher Ehrgeiz gebremst. Und die Mutter ist erkältet, wozu sich noch Heuschnupfen gesellt (Olivenblüte? Noch ein Punkt gegen ionische Gefilde...). Mich erwischt am Abend auch eine böse Attacke, aber dank Jörgs Tipps vom Vorjahr - Aerius - ist die schnell Geschichte.

 

Zunächst geht es den Stufenweg hinab nach Spilia, vorbei an einer wunderbaren schiefen Bank. Unten in Spilia gibt es außer den Seglern an festen und schwimmenden Stegen nur eine Imbissbude (die nie geöffnet hat wenn ich dort bin, aber mit dem Fernglas kann ich sehen, dass abends offen ist), ein paar eingewachsene Autos, und die Taverne "Porto Spilia" mit einer riesigen Halle und Heißtheke, die Kantinencharme versprüht. Falls man morgen bzw. übermorgen irgendwo auf der Insel die Champions-League-Halbfinals gucken möchte, dann kann man das vermutlich hier. Muss ich aber nicht - ob Madrid oder München - ich bin gegen alle (wenn nur der VfB erstklassig bleibt).

Entlang der Bucht geht es nach Osten, vorbei an einem Strand und einer zweiten Taverne (oder eher ein Café?) samt Bootsanleger. Und dann zieht sich die violettblumengesäumte Straße mehrere Kilometer entlang der Küste, grün und üppig - selbst die Eidechsen sind hier grüner als in der Ägäis.


Autoverkehr? Fehlanzeige (und nicht mal ein kleines Dreirad :-( ). Nach fünfviertel Stunden (ist doch weiter als gedacht - viereinhalb Kilometer behauptet die Terrain-Karte) erreichen wir die Ausläufer der Bucht von Vathy (in diesem Urlaub wird es gleich zwei Mal Vathy geben, und beide lieben die Segler - tiefe geschützte Buchten).

Vathy ist kleiner als gedacht, und hat weniger Segler als Spilia. Wir finden es ganz nett, und es zeigt sich auch durchaus belebt (nicht nur von Seglern). 

Eine Erfrischung wäre nicht schlecht, es ist warm und etwas drückend heute, die Sonne sticht und unsere Malaisen setzen uns zu. Sitzen wäre gut.

Bloss zum Essen ist es zu früh, Kaffee wollen wir auch keine, so gibt es wenigstens ein Eis auf die Faust, das wir an dem Spielplatz an der Uferpromenade sitzen verzehren. Da kommt und geht die "Meganisi II", und jetzt fährt doch tatsächlich der kommunale Bus vorbei (vorsaisonal in der Kleinbus-Variante). Es gibt ihn also wirklich - nur sonntags nie.

 

Gut auch zu wissen, dass es eine regelmäßige Fährverbindung von Vathy nach Lefkada-Stadt gibt, mit der "Achialos" ("Αγχίαλος", auch "Anchialos"). Jetzt in der Vorsaison fährt sie nicht täglich, aber im Sommer schon, dann sogar mehrmals.

Weiter nach Katomeri. Nicht auf dem direkten Weg, sondern auf der östlichen Variante - ich möchte gerne einen Blick auf die Bucht von Ambelakia werfen (wegen der hohen Büschen dann doch nicht möglich ohne hinabzusteigen), und eigentlich wollte ich auch noch zu Atherinos-Bucht. Da weigert sich aber die Mutter, und weil der Himmel inzwischen leicht gewitterdrohend aussieht verzichte ich auf den Schlenker.

Dafür sehen wir uns den Friedhof an - ziemlich gepflegt. "Katopodi" ist der vorherrschende Familiennamen. Aber was sind das für merkwürdige "Gewächshäuser" über einigen Gräbern?

 

Nach Osten fällt unser Blick auf die sich steil und unnahbar präsentierende Nachbarinsel Kalamos. Ist gar nicht weit weg, und wir wollen da in diesem Urlaub auch noch hin. Aber erst als letztes Urlaubsziel, und auf Umwegen (ein bißchen Odyssee muss sein).

Nach Katomeri ist es nur noch einen Steinwurf weit, wir passieren das Hotel "Meganisi" (wer hat nur die mintgrüne Farbe für den neuen Anstrich verbrochen?), vor dem eine Touristin sich, halb im Teller liegend, das Essen reichschaufelt. Auch hier dominieren Briten (hatte Achim nicht gesagt, es gäbe hier vor allem Touristen vom Balkan? Also nicht im Mai).

Gegenüber liegt die Kirche, groß und geschlossen. Mit den Kerzen wird das hier auch schwierig, abgesehen davon, dass es kaum Kapellen gibt. Alles ziemlich ausgestorben, dabei soll hier die Inselverwaltung sitzen. Ob es nicht wenigstens eine Taverne gibt?

Die Kirche von Katomeri
Die Kirche von Katomeri

Es gibt eine, sie heißt "O Gantzos", und da kehren wir auf einen griechischen Salat und ein Radler ein. Vier Engländer am Nachbartisch. Der Salat ist gut und reichlich (so müssen Tomaten schmecken), und als die dem Gewitter vorhergehenden Sturmböen durch das Lokal blasen, werden schnell die großen Fenster geschlossen ehe überall die Servietten von den Tischen fliegen.

Dann beginnt es zu regnen, große Tropfen an den Scheiben. Da müssen wir warten, bis wir das letzte Etappenstück nach Spartochori in Angriff nehmen können. Die Engländer vom Nachbartisch gehen irgendwann, sie sind mit dem Auto da. Es regnet immer noch, nicht mehr so stark. Aber der Wind ist heftig.

Ich komme mit der Wirtin ins Gespräch. Zu Fuß seien wir da (panagia mou!)? Ihr Mann könne uns nach Spartochori fahren, kein Problem. Nein, wollen wir eigentlich nicht. Doch, doch, kein Problem. Und so bekommen wir für die zehn Euro für das Essen noch einen kostenlosen Lift nach Spartochori (er will kein Geld dafür nehmen, auch nicht fürs Benzin).

Schrieb ich schon, dass die Leute hier sehr nett und gastfreundlich sind? (Ein paar Schüler rufen uns am Abend noch ein "Welcome in Greece!" nach.)

 

Schade nur, dass uns so wandertechnisch das Stück über die Hochebene von Katomeri nach Spartochori fehlt. Geregnet hat es übrigens kaum mehr, aber die Windböen haben die Segler an die (festen) Anleger von Spilia getrieben - vor allem eine große englische Flottille des Anbieters Sunsail füllt die Bucht.

Später drehe ich noch ein Runde nach Westen, zuerst zum Hotel Esperides Resort (für 41 Euro hätte es dort das Doppelzimmer inklusive Frühstück gegeben). Sieht chic aus, aber auch leer und unbewohnt. Vier Wohngebäude à zwölf Zimmern, davor der Pool, der wie auf der Website optisch in das Meer übergeht. Nicht schlecht, aber wir sind mit unserem "Panorama" auch ganz zufrieden, und außerdem zentraler. Dann auf der Straße hinab nach Spilia in der Hoffnung, irgendwo im übermannshohen Gebüsch (blühenden Ginster und Perückensträucher inklusive) am Straßenrand das Chamäleon zu erblicken - natürlich vergeblich. Aber Kaninchen sind auf der Straße. Keine wilden, sondern Stallhasen. Zur späteren Jagd ausgesetzt?

 

Unten am Anleger steht eine große Tafel mit einer Inselkarte. Darauf sehe ich nicht nur, dass es tatsächlich einen direkten Weg von Spartochori zum Ansatz des "Inselschwanzes" im Süden gibt (auf der Terrain-Karte ist der (noch) nicht drin, aber bei GoogleEarth), sondern dass sich auch nette Runde durch den Inselnordwesten entlang der Küste mit optionalem Strandbesuch aufdrängt.

Dann geht es den Treppenweg wieder hinauf (er muss auch einen etwas weiter westlich geben, wir sehen ihn von unserem Balkon, aber der Einstieg ist zugewachsen).

Für das Abendessen wählen wir heute die Pizzeria "Tropicana" aus. Das Ambiente ist nicht so stimmig wie bei Lakis - eng und leicht plastikig-kitschig-bunt, aber dafür ist der Blick von der Dachterrasse sehr schön. Die akarnanischen Berge leuchten rot im Alpenglühen - das Wetter wird die nächsten Tage schön bleiben.

Und das Essen ist auch gut. Als Tagesessen gibt es Kleftiko und Stifado, wir nehmen von jedem eine Portion, und beides schmeckt hervorragend. Nur die Rechnung fällt unerwartet hoch aus: eines der Essen (vermutlich das Kleftiko) schlägt mit 12,50 Euro zu Buche - in diesem Urlaub ein (zum Glück ziemlich einmaliger) Ausreißer nach oben.

Ab morgen soll das Wetter regenfrei sein - dann wollen wir baden und wandern.