Athos-Blüten

Vom gerne unterschlagenen „n“.

 

 

Es ist schon ein paar Jahre her, das sollte ich für einen Referenten, der einen Vortrag über den Berg Athos halten sollte, einen Flasche Athos-Wein besorgen.

Nichts leicht als das, schließlich gibt es Athos-Wein doch in fast jedem griechischen Lokal in Deutschland. Ich versuchte mein Glück zuerst in einem griechischen Lebensmittelladen in Stuttgart: Ja, natürlich hätte man Athos-Wein, ob ich eine große oder eine kleine Flasche wolle?

Große Flasche, huch? Man zeigte mir eine Zweiliter-Pulle von Tsantali. Der sei vom Athos? Ja, natürlich. Mein Griechisch war damals noch eher bescheiden, aber die Beschriftung war auch in Deutsch, und da stand nirgends was von Athos. Dafür hieß der Wein „Ánthos“ (=Blüte), und die 0,7-Liter-Flasche lag bei etwa drei Euro und damit im Preissegment für preiswerte Tafelweine à la Demestica, Makedonikos, Kourtaki Vin de Crete.

 

Ich hatte gedacht, Wein vom Berg Athos wäre rar da die Anbaufläche begrenzt ist, und folglich auch teurer. Ich fragte nach: der sei wirklich vom Athos? Ja, der sei vom Athos, würde aber unter Nordgriechenland laufen. Ich war nicht überzeugt, und da das der einzige „Athos-Wein“ war, der hier verfügbar war, ging ich leer aus dem Laden.

 

Neuer Versuch in einem anderen Laden. Gleiches Ergebnis: Anthos statt Athos.

Sprach ich so undeutlich, oder hatten die Verkäufer was an den Ohren? Oder wollten sie es nicht besser wissen? Schließlich fragte ich im griechischen Lokal meines Vertrauens – Athos-Wein stand auf der Karte, rot und weiß. Und bekam erneut Anthos-Wein angeboten. Ich vermutete nun Absicht, und nicht mehr Unkenntnis.

 

In der Markthalle Stuttgart wurde ich schließlich fündig: ich bekam eine Flasche Athos-Wein von Tsantali mit eindeutigem Etikett in einer Bocksbeutel-Flasche. Die Flasche für knapp 8 Euro. Der Athos-Vortrag war gerettet, und ich um einige Erkenntnisse reicher.

 

Wenn ich seither auf der Speisekarte eines griechischen Restaurants „Athos“-Wein sehe und das Viertele nicht mehr als vier Euro kostet, dann frage ich nach: „Athos“ oder „Anthos“? Meist werde ich dann etwas komisch angeguckt: „Athos“ natürlich, was sonst! Nur Anna von meinem Stammgriechen verbessert sich dann schnell und sagt „Anthos“. (Der ist übrigens durchaus trinkbar. Annas neue Bedienung brachte mir aber gestern in voller Überzeugung, dass es sich um Athos-Wein handelt, die 2-Liter-Anthos-Buddel zur Ansichtl... und war dann verblüfft als ich auf das "n" hinwies. :-)  )

 

Wein vom Berg Athos scheint sich definitiv besser zu verkaufen als Blütenwein. Auf alle Fälle verzichtet kein echter Athos-Wein auf den entsprechenden (wertsteigernden) Herkunft-Hinweis auf dem Etikett.

 

Der Mythos Athos - man meint die Mönche darin zu schmecken…. ;-)

 

 

Anmerkung vom Februar 2013:

Letzte Woche war ich in einem griechischen Lokal in Waldenbuch. Der redselige Wirt hatte auch Athos-Wein auf der Karte. Beim Verlassen des Lokales sah ich die 2-Liter-Pullen "Anthos" an der Bar stehen und fragte ihn danach.

Auch er erklärte mir, dass die Weinkellerei Tsantali Weinberge auf dem Athos gepachtet hätte und dort eben diesen "A(n)thos herstellen würde. Mit dieser Legende sollen die misstrauische Weintrinker (und gutgläubige Wirte) beruhigt werden.

Ich glaube sie nicht - wenn Athos drin wäre, würde es mit Sicherheit auch drauf stehen.

Etikettenschwindel bleibt es so oder so. :-)