Monoimeri ekdromi stin Aegina

 

Die Wetterprognosen sind mäßig: heute werden wir wohl nass werden. Wolken stehen am Himmel.

Wir wollen aber trotzdem rüber nach Aegina, ein wenig Sightseeing. Mit dem Dolphin um kurz vor zehn Uhr. Vorher treffe ich unseren Vermieter Kosta. Er sagt uns erstens, dass wir doch lieber mit dem kommunalen Boot fahren sollen, der „Agistri Express“ um zehn Uhr, weil die der Insel gehört. Und zweitens, dass morgen ein Panigiri stattfinden wird. An der Hauptkirche in Megalochori, Panagia tis Zoodochou Pigis, immer am Freitag nach Ostern. Daher auch der Fähnchenschmuck an der Kirche. Ein Panigiri - das passt für unseren letzten Urlaubstag, und wir werden auch gleich ein wenig melancholisch.

 

Zuerst aber nach Aegina, nun mit der „Agistri Express“. Die ist noch nicht da, und so können wir während der Wartezeit zuschauen wie die Truppe des lokalen Verschönerungsvereines den Hafen mit einer kilometerlangen Fahnenkette schmückt. Wimpel werden noch gehisst – eine Segelregatta gibt es am Wochenende nämlich auch noch: Faliro – Agistri – Faliro. Na, da sind wir dann schon wieder weg, schade. :-(

 

Auch wird die „Agistri Express“ morgen zur Feier des Tages zwischen Aegina-Stadt und Agistri hin- und herpendelt. Für feierwütige Aegineten, die von Ostern noch nicht genug haben. ;-) Der sympathisch-zerzauste Insel-Pappas wartet mit uns, er geht aber nicht aufs Schiff, sondern holt etwas ab.

 

Pünktlich um zehn Uhr legen wir ab, und der Vorteil dieses Schiffes ist auch, dass man raus aufs Deck kann, zum Fotografieren. Der Preis für die Überfahrt ist der gleiche wie beim Dolphin, bezahlt wird an Bord.

Und um Viertel nach zehn stehen wir am Hafen von Aegina.

Wir haben beschlossen, dass wir nach Paleochora möchten, und zum Aphea-Tempel. Das sollte sich an einem Tag stressfrei einrichten lassen. Nur ist uns der Bus leider raus, und der nächste geht erst in über zwei Stunden. Ein Taxi nach Paleochora kostet aber nur zehn Euro und damit nicht die Welt, und so gönnen wir uns dieses Individualverkehrsmittel. Zum Tempel können wir ab dort dann mit dem Bus weiterfahren, das ist die gleiche Route.

 

So im Inselinneren gefällt uns Aegina besser als im Vorbeifahren mit der Fähre. Paleochora liegt nur einen Steinwurf entfernt von der riesigen Kirche des Heiligen Nektarios samt Kloster, wenn wir noch Zeit haben werden wir da einen Blick hineinwerfen. Der Bus führe genug gegenüber der Hauptpforte ab, sagt uns der Taxifahrer noch, biegt nach links ab und hält ein Stück weiter oben, am Eingang zum Paleochora-Hügel. Die unverputzten Kapellen, die sich darüber verteilen, haben wir schon vorher gesehen.

Paleochora war früher die Inselhauptstadt – im Inselinneren gelegen war man vor Überfällen vom Meer aus sicher. Um 1800 wurde die Stadt dann aufgegeben, heute stehen nur noch die Ruinen von 32 mehr oder weniger gut erhaltenen Kirchen (ich hab sie nicht nachgezählt).

 

Einige sind geöffnet, ein paar haben noch halbwegs erhaltene Fresken, einige sind im Geländer völlig unzugänglich. Unverputzt steinfarben sind sie alle.

 

Wir wenden uns zunächst aufwärts, an Agios Giorgios Katholikos und der großen Kapelle Agios Dionysos vorbei. Auf den Kastro-Hügel gehe ich alleine, der Weg ist nicht besonders gut, und wir haben heute nicht die Wanderschuhe an. Oben stehen Schulter an Schulter die eckigen Doppelkapellen Agios Giorgios und Agios Dimitrios (erstere für Orthodoxe, zweitere für Katholiken – das Kastro wurde von den Venezianern errichtet) und schauen ins Land. Ich tue es ihnen gleich – der Blick über die Insel nach Westen bis zur Inselhauptstadt und darüber hinaus nach Agistri ist toll. Nach Osten hin sieht man grüne Ebenen, im Süden steigen höhere Hügelketten empor. Aber dort hängt der Dunst.

Ein Handvoll Touristen verteilt sich auf dem Ruinengelände. Einige interessieren sich vor allem für die Pflanzen und Kräuter, die hier wachsen. Da scheint es Besonderes zu geben, aber wir sind botanisch zu unbeleckt.

 

Am schönsten sieht die Kreuzkuppelkirche Taxiarchis aus, auf die man von oben herabsieht. Sie steht aber unzugänglich in der Phygana und ist auch über den unteren Weg, den wir anschließend nehmen, nicht zu erreichen. Dafür hat es hier in einigen der Gotteshäuser gut erhaltenen Fresken. Vor der ersten Kapelle sitzen ein paar Frauen, sie sehen nach dem Rechten und wir bekommen beim Verlassen der Kapelle ein süßes Gebäckteilchen geschenkt.

 

Paleochora lohnt sich wenn man keine zu hohe Erwartungshaltung hat. Ein bisschen erinnert es uns an Paleochora auf Kalymnos, aber das liegt höher, steiler und schweißtreibender.

Es ist inzwischen zwölf Uhr, bis der Bus kommt haben wir noch eine Dreiviertelstunde Zeit. So gehen wir auf der Straße abwärts bis zum Nektarios-Kloster. Wir müssen an das doch deutlich bescheidenere Nektarios-Kloster auf Patmos denken, dessen einzige Nonne uns am liebsten gleich zum orthodoxen Glauben bekehrt hätte und die so wunderbar erzählt hat, dass der Heilige ihr bei der Gartenarbeit (sie hatte einen schönen Blumengarten) helfen würde.

 

Ob er bei den hübschen Wandelröschen hier auf Aegina auch Hand angelegt hat? Aber es gibt sicher viele Brüder hier, da ist das nicht nötig.

Der heilige Nektarios ist der jüngste Heilige der griechisch-orthodoxen Kirche, er war Priester und ließ sich 1908 im Ruhestand hier im Kloster Zoodochous Pigi nieder, schrieb gelehrte Bücher, war seelsorgerisch tätig und soll Wunder gewirkt haben. Er starb 1920 und wurde im Kloster beigesetzt. Nachdem die ersten Pilger kamen wurden seine Gebeine umgebettet, 1961 wurde er heiliggesprochen (er wird vor allem zur Heilung von Krebskrankheiten angerufen) und mit dem Bau der riesigen Kirche begonnen. Ein Fest zu seinen Ehren findet jährlich am 9. November statt.

Wir betreten das weitläufige Gelände durch den oberen Eingang und dürfen in die Kapelle des ehemaligen Zoodochous-Pigi-Klosters nachdem wir uns Leihröcke angezogen haben. Es hat ziemlich viele Leute hier – das Kloster ist Ziel Nummer eins der griechischen Aegina-Besucher. (Die ausländischen Besucher zieht es eher zum antiken Aphea-Tempel).

Die Anlage ist verwirrend, über einige Terrassen und Stufen abwärts erreichen wir dann die mächtige Kirche. Sie ist die größte Kirche, die ich in Griechenland bisher gesehen habe, und sie scheint innen noch nicht ganz fertig zu sein. Ob der als bescheiden beschriebene Heilige einen solchen Aufwand goutiert hätte?

Irgendwie ist uns das Ganze zu viel, und wir fliehen zur Bushaltestelle, wo der Bus wenig später kommt.

Es ist der Bus nach Agia Marina, dem touristischen Hauptort im Osten der Insel. Da der Bus auf dem Weg zum Aphaia-Tempel eine Schleife durch diesen Ort fährt, können wir die touristischen Auswüchse betrachten. Es ist einer dieser zahl- und reizlosen, viel zu schnell gewachsenen Küstenorte ohne Flair, aber dafür mit jenen - hier überwiegend von britischen Touristen – gewünschten Unterhaltungs-Einrichtungen. Da finden wir Agistri plötzlich richtig schön…

 

Zum Aphea-Tempel sind es nun nur noch ein paar Kilometer in weiten Schleifen bergauf. Der Busfahrer streitet mit einer Touristin, er hat vergessen an der von ihr gewünschten Stelle zu halten und weigert sich jetzt zurückzufahren. Sie solle zu Fuß gehen, das sei nicht weit. Sie zetert, aber es bleibt ihr nichts anderes übrig – der Bus fährt nicht nach Agia Marina zurück, sondern nach Aegina-Stadt.

Da fragen wir doch schnell wann der Bus später wieder hier vorbeikommen wird. Um drei Uhr, und das sei der letzte Bus für heute. Na, da haben wir nun reichlich Zeit…

 

Vier Euro kostet der Eintritt zum Tempelgelände, und ein kleines Faltblatt (in Griechisch und Englisch) gibt es dazu.

Die Säulen des Tempels kann man schon von weitem gut sehen, es ist wirklich erstaunlich wie gut er erhalten ist! Was vermutlich daran liegt, dass er abseits und im Wald lag – man hat ihn jahrhundertelang schlicht vergessen. Erbaut wurde er um 500 bis 450 vor Christus (über einem älteren Tempel), und die Göttin Aphea/Aphaia, der er geweiht ist, gehört nicht zum Kanon der olympischen Götter, es soll sich um eine kretische Fruchtbarkeitsgöttin handeln.

 

Die Giebelfiguren des Tempels befinden sich heute in München in der Glyptothek – sie bilden mit weiteren Reliefs und Skulpturen – dargestellt sind Heldensagen Homers - im archäologischen Museum in Athen und in Aegina-Stadt die sogenannten „Aegineten“.

Wir lassen uns aber jetzt einfach von der Ruine beeindrucken. Umrunden sie mehrmals, bestaunen architektonische Ausgewogenheit, zählen Säulen, bewundern antike Fähigkeiten und Kenntnisse. Und den damaligen Sinn für Ästhetik, der sich nicht nur in der Wahl des Ortes des Heiligtumes ausdrückt.

Schade, dass die Sicht heute schlecht ist – sonst würde man das Häusermeer der nahen Metropole Piräus-Athen bewundern können. Was ein Gegenstück….

 

Ganz irdischer Hunger stellt sich ein nachdem wir das Tempelgelände verlassen haben. Gegenüber dem Eingang steht ein Souvenirladen mit Imbissbude. Leider gibt es nur Snacks wie Käsetoast oder Eis, also nehmen wir einen jede einen Toast. Ein netter Platz, und als es kurz zu regnen anfängt ziehen wir uns eben unter das Dach zurück, knabbern noch aus einer Tüte Aegina-Pistazien (optimales Mitbringsel, in Aegina-Stadt gibt es am Hafen einen Stand der Pistazien-Kooperative. Dort steht auf den Tüten auch die Menge drauf, im Gegensatz zu den billigeren, aber auch kleineren Päckchen, die der Stand gegenüber in dem Café verkauft) und warten auf den Bus. Die Betreiberinnen des Ladens sitzen am Nachbartisch, umstrichen von einer sympathischen Katze namens „Aphea“…

 

Plötzlich Motorengeräusch – der Bus ist zu früh! Schnell rein, die Zeche haben wir schon bezahlt. Wieder geht es hinab nach Agia Marina - Endstation. Äh, ne, wir wollen doch nach Aegina. Ok, wir können sitzen bleiben, der Bus wendet. Ein zeternder Engländer steigt wieder ein – warum ihm der Busfahrer nicht gesagt hätte, dass das der letzte Bus ist – so war das nur ein Kurztrip nach Agia Marina, Aufenthaltsdauer so lang der Bus gewendet hat. Auf die Idee, ein Taxi zu nehmen, kommt er nicht.

 

Und wir fahren auf dem Rückweg natürlich wieder am Aphea-Tempel vorbei. Muss man vorher wissen, macht uns aber nichts. Und tatsächlich haben ein paar Frauen in der kurzen Zeit ratzfatz den Tempel besucht, der Busfahrer hupt sie geduldig zusammen – er ist ja gar nicht so, man muss nur mit ihm reden.

Zurück in Aegina-Stadt bummeln wir etwas herum und gönnen uns einen Ouzo mit Meze in einer der Tavernen an der Uferpromenade. Beobachten die Asiatinnen, die mit dem 3-Insel-Tour-Schiff gekommen sind und am mobilen Obststand gegenüber den Verkäufer in den Wahnsinn treiben. Und die vier russischen Segelboote, die lange versuchen, in der Marina anzulegen. Inzwischen geht ein gepflegter Wolkenguss nieder. Glücklicherweise sitzen wir trocken.

Unser Fliegender Delphin fährt um halb sechs nach Agistri hinüber, beim Ticketkaufen und auf dem Boot finden wir uns unversehens in der Gesellschaft einer ganzen Armada von Pappades wieder – sieben Mann Verstärkung setzen für das Panigiri morgen über. Sicher Stress für den einheimischen Pappas.

Am Abend essen wir wieder im „Mandraki“. Das Lokal ist ziemlich voll, die Portionen sind heute größer als vor zwei Tagen. An einem Nachbartisch sitzen vier Leute - Vater, Mutter, Kind (Franzosen) und ein nicht dazu passender Mann. Der Skipper, vermuten wir (und haben recht. Eines Katamarans noch dazu). Jeder der vier tippt in sein kleines elektronisches Spielzeug hinein, der Skipper hat gleich zwei Handys und telefoniert immer mal wieder mit dem einen oder anderen. Eine Konversation bei Tisch findet nicht statt. Es sei denn, man kommuniziert via SMS…. einfach gruslig! Auch gegessen wird eher nebenbei, der Sohn, vielleicht elf Jahre alt, mag nichts essen – zu beschäftigt mit dem elektronischen Spielgerät, die gebratenen Fischchen werden kalt. Der Vater wendet sich erst dem Essen zu als ein Berg Muscheln aufgefahren wird. Immerhin.

Manche Leute sind zu bedauern, oder: Geld macht nicht glücklich.

 

Neben der Taverne gibt es noch eine Ouzeri, in die wir auf einen verdauungsfördernden Tzipurro einkehren. Es gibt einen (unverlangten) Teller mit Meze dazu, den wir eigentlich aus Kapazitätsgründen nicht mehr schaffen, dem wir aber peu à peu nicht widerstehen können.

Nett – da müssen wir morgen wieder her!

Erlebt im Mai 2013.