Um halb elf Uhr fahren wir los nach Osten, durch Avlaki, vorbei an der Kirche Konstantin und Eleni. Die Menschenmassen halten sich noch sehr in Grenzen – es ist Gottesdienst in der Kirche, da wollen wir nicht stören. Also weg von der Küste hinauf nach Pigi, zum Kloster Theoktisti.
Das ist ordentlich ausgeschildert, damit gut zu finden, und wir sind völlig alleine dort. Nicht einmal eine einsame Katze empfängt uns, oder öffnet uns die verschlossene Türe. Die Nonne Theoktisti, die von Lesbos stammte, auf Paros als Eremitin lebte und in Parikia bestattet wurde, war nie auf Ikaria, aber ihre Gebeine befinden sich hier – die Einwohner von Lesbos wollten sie auf ihre Insel holen, gerieten unterwegs in Seenot, landeten in Gialiskari, wo Ikarioten die Gebeine im Reliquenschrein stahlen und im Wald versteckten. Später wurden sie dort gefunden und zunächst in der oberhalb liegenden Felsenkapelle Theosképasti aufbewahrt ehe man dann eine eigene Kirche samt Kloster baute.
Das Kloster liegt hübsch und etwas versteckt an einem waldigen Hang, und auch wenn wir nicht in die Kirche können, so ist es von außen ein hübsches und gepflegtes Gotteshaus, weiß und schiefergedeckt, in einem grünen und blühenden Garten gelegen. Und ein Wegweiser sagt uns dann auch wo wir unser eigentliches Ziel finden: die unter einen Felsen gebaute Kapelle Theoskepasti. Kein Ikaria-Reiseführer, keine Ikaria-Internetseite kommt ohne ein Foto dieses Inselwahrzeichens aus, das nicht einmal hundert Meter oberhalb des Klosters liegt. Unter zwei riesigen waagrechten Steinplatten befindet sich ein winziges Kapellchen gemauert – das Steindach sieht aus wie eine Baseballkappe, oder wie ein riesiger Pilz. Denn das Dach steht zwei, drei Meter über die Mauern hinaus. Theoskepasti heißt übersetzt „Schutzdach Gottes“, und der Name ist ausgesprochen passend!
Eine schmale steinerne Treppe führt hinauf zum Eingang, und zu unserer Freude ist die Türe der Kapelle offen, demütig mit gesenktem Haupt betreten wir durch die niedrige Türe den kleinen Raum, kaum drei mal drei Meter groß. Eine bunt verzierte Ikonostase mit einer Verkündigung auf den Türen schließt locker eine in den Stein gehauenen Nische ab. Der aufgemalten Schrift links entnehmen wir das Datum 1849, aber dieser archaische Ort bot bestimmt schon viel früher Menschen Schutz – wenn sie sich unter die drohenden Felsen wagten. Und brütenden Vögeln finden in den eingefressenen Löchern einen Platz.
Der Kapelle kann man auch aufs Dach steigen, nur über den Rand gucken trau ich mich dann doch nicht – und von der Zelle darunter sieht man natürlich nichts.
Wieder unten am Kloster ist es immer noch so ruhig und einsam wie vorher. Ein Judasbaum mit pinkfarbenen Blüten, die direkt aus dem Stamm wachsen, fällt uns jetzt erst auf. Und dass auf dem Kirchendach Blumen wachsen. Leider sind die dicken Feigen an einem Baum noch nicht reif. So beschaulich und fruchtbar hier.
Da fahren wir doch gleich weiter zu den „Feldern“ von Kambos, dem antike Oinoe und späteren Dolichi. Halten an der Kirche Agia Irini, bei der sich auch das archäologische Museum befindet. Der Glockenturm der Kirche sieht aus wie eine Kirchenfassade, eine Art Scheinkapelle. Säulenstümpfe, zum Teil mit Inschriften, stehen in Reihen angeordnet auf dem Boden, alles sieht gepflegt aus. Trotzdem hat das Museum zu, nicht mal Öffnungszeiten stehen dran. Wir entdecken ein Mosaik an der Kirche (Rest der frühchristlichen Kirche, die zuerst hier stand), und dass die Türe von innen zu öffnen ist wenn man durch das offene Fenster hineinfasst. Kühl und muffig ist es in der Kirche, der hellblaue Himmel mit Sternen in der Kuppel blättert ab.
Irgendwie wirkt die Insel heute ausgestorben, es können doch nicht alle Leute auf dem Panigiri sein? Wir fahren dort nochmals vorbei, liegt ja sowieso an der Küstenstraße. Kriegen problemlos gegenüber der Kirche eine Parkplatz, also hier steppt der Bär nicht (oder nur wenn er zu Fuß kommt, was in Griechenland eher unwahrscheinlich ist). Der Platz vor der Kirche ist fähnchengeschmückt, ein paar Leute sitzen an Tischen und essen. Alles sehr überschaubar. Der Gottesdienst ist aber vorbei, wir werfen einen schnellen Blick in die Kirche.
Und nun? Essen wäre nicht schlecht, im Haus wird gekocht. Als wir in die Küche eindringen, werden wir auf den großen Saal nebenan verwiesen. Dort könnten wir Essen bestellen, es gäbe gekochtes Zicklein, und griechischen Salat, und Pommes und Wein natürlich. Ein Mann nimmt sich uns an, ahnungslos wie wir sind. Zwischen Saal und Küche befindet sich eine Theke, daneben sitzt ein Mann an einer Kasse, und die Essenspreise sind angeschlagen: 21 Euro kostet das gekochte Zicklein (gebratenes gibt es noch nicht), und zwar pro Kilo. Wieviel Kilo wir wollten, fragt uns unser „Betreuer“. Wir ordern ein halbes Kilo, dazu eine halben Liter Rotwein, Brot und Pommes. Bekommen den Tisch mit Papier gedeckt, eine halbgefüllte Flasche Wein, Gläser und wenig später eine Papiertüte mit dem Fleisch darin. Besteck Fehlanzeige, Fingerfood ist abgesagt. Ob wir noch Salat wollten, oder Suppe? (Das wird dann schwierig als Fingerfood.) Nein, danke. Der Mann an der Kasse notiert alles alphabetisch nach Namen der Besteller in ein Büchlein (wir landen namenlos ganz hinten), bezahlen tut man hinterher.
Ein schönes Stück Fleisch haben wir da bekommen, ohne Knochen und mit wenig Fett (deswegen wollte ich nie wieder Katsikaki essen), und leicht mit den Fingern zerteilbar. Dank unseres „Guest Managers“ haben wir wohl eine Premiumbehandlung erfahren, andere bekommen auch ordentlich Knochen, Knorpel und Fett im Braten. Im Saal sitzen nur eine Handvoll Leute und essen, aus einem Blechkübel wird die Suppe ausgeschenkt. Der Wein schmeckt auch, ob er von hier ist? Bestimmt, leider muss ich als Fahrerin mich zurückhalten.
Ich frag dann den Mann an der Kasse gleich mal wann denn am Abend die Live-Musik und der Tanz beginnt. Sechs, sieben Uhr meint er. So früh schon? Da hole ich mit bei unserem Guest Manager lieber noch eine zweite Meinung, die stark differiert: acht, neun Uhr. Immer noch früh nach meinen Tanzfesterfahrungen, allerdings in Deutschland. Noch eine dritte Meinung einholen? Dann bin ich auch nicht schlauer (drei Griechen, vier Meinungen). Ich beschließe, dass neun Uhr reichen sollte – ikariotische Tanzfeste sollen ja eh bis in den frühen Morgen gehen.
Was tun mit dem angebrochenen Nachmittag?
Wir fahren nach Gialiskari, zum Hauptfotomotiv Numero zwei auf Ikaria: der hellblau-weiße Analipsi-Kapelle (was ist das denn für eine kommunistische Insel, die vor allem durch kirchliche Fotomotive bekannt ist, und durch die Panigiria?). Hier, im nach außen durch eine Mole abgeschirmten Hafen von Gialiskari finden wir auch die in Armenistis vermissten Fischerkaikia – eins neben dem anderen liegen die kleinen Holzboote (überwiegend weiß-hellblau, passend zur Kapelle), die für mich einfach zu einem griechischen Inselurlaub gehören und die hier nicht nur eine nette Kulisse bilden, sondern auch in Gebrauch sind – zwei Fischer putzen gerade ihre Netze, treten die Steine heraus, grüßen freundlich. Slow work – Hektik ist hier und jetzt völlig fehl am Platz, und wir sind endgültig im Urlaubsmodus angekommen. Dazu passt ein Frappé in einem der Cafés, oder ein Elleniko, anschließend ein Mittagsschlaf im Hotel.
Schon um 19 Uhr treffen wir uns in der Taverne Bainto zum Abendessen und fallen nicht mal negativ auf – die mitteleuropäischen Touristen gehen lieber früher essen. Bujurti und Dakos, versehentlich nur eine Portion statt der bestellten zwei, Günter isst Gavros, müssen wir auch mal bestellen, auf Fourni spätestens.
Weil die Mutter nicht mit will zum Panigiri, fahren nur Günter und ich kurz vor neun Uhr nach Avlaki. Die erwarteten Menschenmengen (Günter wurde etwas von tausend Leuten erzählt) haben sich am Festsaal aber noch nicht eingefunden, problemlos finden wir einen Parkplatz. Auf dem Platz vor dem Veranstaltungsraum sitzen ein, zwei Dutzend Leute, drinnen nochmal so viele, und das Orchester hat auch schon seinen Claim abgesteckt, der Tanz findet drinnen statt. Sonst ist noch nichts los.
Wir warten draußen bis halb zehn, es kommen mehr Leute, wir suchen uns einen Platz drinnen, Günter kauft einen Liter Rotwein („Was übrig ist kann ich ja mit nach Hause nehmen“) und eine große Flasche Wasser für den Chauffeur – mich. Etwas Farbe darin darf aber schon sein. Kurz vor zehn Uhr beginnt dann die Live-Musik, nichts Tanzbares zunächst, mehr Laika und Rembetika. Die Band besteht aus Sängerin, Geigenspieler, Gitarrist und Bouzouki- bzw. Laoutospieler. Die Sängerin scheint neu, ein eingespieltes Team sind sie nicht, lange Pausen zwischen den Stücken, wild wechselnde Liedstücke, der Bouzoukispieler hat immer wieder eine Zigaretten zwischen den Fingern, schnell ein Zug bevor die Finger ankokeln.
Das nächste Musikstück wäre nun ein Kalamatianos, aber niemand erhebt sich zum Tanz, obwohl der Saal inzwischen gut gefüllt ist. Es wird noch gegessen, überall Zicklein aus dem der Papier, mit viel Knochen, Pommes, Salat, und der Suppeneimer kreist auch noch.
Endlich, gegen halb elf Uhr, geht es dann los: es wird getanzt. Das ist irgendwie schon das was ich als Ikariotikos kenne, nur deutlich langsamer, und die Tanzschritte sind auch viel verhaltener. Die Panigiri-Variante? Würde mich nicht wundern, denn den schnellen Ikariotios hält man nur schwer lange durch. Ich sehe mir das eine Weile an, dann will ich auch, reihe mich ein. Es hat nicht viel Platz, und Schulterfassung muss schon sein, die braucht zusätzlich Raum. Der Mann links von mir hängt an meiner Schulter wie bei einem Ringkampf, da kann man nix machen, wacker kämpfe ich mich durch, auch diese langsame Variante will mir nicht so in die Beine, muss mich ständig bremsen. Dann ein Kalamatianos, den können nun doch viele, und ich beginne zu schwitzen. Ein alter Mann tanzt vorne, o-beinig - wir haben ihn vorhin schon beobachtet: entweder hat er etwas getrunken, oder etwas eingeworfen, oder er ist naturstoned: mit entrückter Miene bewegt er sich, aber durchaus sicher in den Schritten. Macht Tanzen high? Mich schon, aber noch nicht so früh. Er holt sich auch mal die aufgebrezeltsten jungen Frauen zum Tanz, die ihn um gut einen Kopf überragen, keine gibt ihm einen Korb.
Der nächste Tanz ist ein Sembekiko, zwei, drei Männer tanzen ihn. Dazwischen hüpft aufgeregt und wild ein mittelalter dürrer Mann herum, barfuß, die Sandalen in die Ecke gepfeffert. So übertrieben, so planlos, so begeistert – das kann eigentlich nur ein ausländischer Tourist sein. Ein deutscher sogar, irgendwann wird er mich fragen „macht Spaß, oder?“. Ja, das macht es wirklich, und alle lassen ihn gewähren, amüsieren sich allenfalls hinter vorgehaltender Hand.
Dann wieder Ikariotikos, ein kleiner Kreis mit dem linken Fuß, knick, hüpf, rechts, links. So allmählich gewöhne ich mich an die Sparvariante, aber der muss doch auch mal schneller werden, und dann kommt der „richtige“ Schritt. Er wird tatsächlich schneller, und was macht der Tanzkreis: er geht in den Chassaposervikos über, den „Reichseinheitsschritt“, den absoluten Anfängertanzschritt. Ich bin zutiefst enttäuscht! Natürlich kann man den tanzen, aber doch nicht hier, und auf diese Musik! Können die Ikarioten diesen Schritt nicht mehr, oder bin ich schief gewickelt? Mit Ikariotikos-Figuren wird es auf alle Fälle nichts mehr werden, und zuhause in Deutschland werde ich erfahren, dass der Ikariotikos wie ich ihn kenne, ein choreografierter sein soll - die Tanzpuristen schütteln sich mit Grausen. Vielleicht wird er aber nur in diesem Dorf anders getanzt, oder im Inselwesten, gut möglich ist das schon. Oder er kommt noch.
Nach diesem kleinen Schock lasse ich mir aber die Stimmung nicht länger verderben, tanze fleißig mit was ich kann: Immerhin noch ein Aptaliko, und Karsilamas. Es wiederholt sich mehr und mehr. Kein schneller Ikariotikos. Mission gescheitert. Endgültig.
Gegen halb ein Uhr hat Günter die Flasche Wein geleert, mit meiner zaghaften Unterstützung. Obwohl er nicht tanzt, gefällt ihm das Fest – da bin ich froh. Gibt ja nix Grässlicheres als wenn sich jemand bei der Gelegenheit langweilt. Das ist wenigstens ein echter „griechischer Abend“ – obwohl ich außer uns noch zwei, drei andere mitteleuropäische Touristen ausgemacht habe (und griechische - eine unscheinbare Frau aus unserem Hotel tanzt völlig entfesselt und sehr gut).
Etwas mehr Gelassenheit braucht Günter noch im Umgang mit den ständig an ihm zwischen Tanzfläche und Stühlen vorbeidrückenden Leuten - die gehbehinderte Frau hinter ihm hat reichlich Überbreite und ist nicht bereit, auch nur einen Zentimeter zur Seite zu rutschen oder sich gleich aus dem Weg zu setzen. Auch ein Disput führt zu keinem Ergebnis, er bleibt aber jetzt auch stur.
Irgendwann nach ein Uhr ist mein Tanzbedarf gedeckt, wir fahren heim. Ein interessanter Abend, nicht mit tausend Leuten, aber ein-, zweihundert waren es doch.
*
Logischerweise schlafen wir am Sonntag etwas länger. Unser letzter Tag hier in Armenistis, was sollen wir damit anstellen? Nochmals nach Nas fahren? Zu Fuß die Küste entlang nach Panagia Evangelistria Mavrianou? Oder von Vrakades nach Langada wandern und zurück? Wir entscheiden uns für die letzte Variante, und ich flitze schnell hoch in die Pension „Galini“, in der Günter wohnt. Er sitzt bei einer Tasse Kaffee und sieht ein bisschen mitgenommen aus (ja ja, der ikariotische Wein), wollte es heute eigentlich langsam angehen lassen. Aber er kommt mit, elf Uhr Hotel Daidalos.
Über eine halbe Stunde brauchen wir mit dem Mietauto nach Vrakades, Anhalter stehen heute keine am Straßenrand. Die Windhose scheint das Dorf verschont zu haben, wir sehen keine Folgen oder gar Schäden, auch nicht im Verlauf der Wanderung, die allerdings unterhalb des betroffenen Felsengrates verläuft.
Der ziegenverschönerte Wegweiser zeigt wo es lang geht. Das Wetter ist optimal, sonnig, trotzdem nicht zu heiß dank einem angenehmen Lüftchen. Vrakades liegt auf etwa 600 Metern über dem Meer, der Weg führt leicht ansteigend nach Südwesten (Günter hat einen Höhenmesser, diese Anschaffung erwäge ich nun auch). Der perfekte Weg, wunderschön gelegen! Das Wandererpaar hat nicht übertrieben, es fehlt uns nur etwas Fernsicht (theoretisch bis Mykonos, Tinos, Andros).
Hinter Vrakades beeindruckt ein riesiger Felsen, der auf der Kante zu balancieren scheint. Andere Felsenformationen erinnern an Tiere. Ein paar hundert Meter unter uns leuchtet das Meer, und später sehen wir das Kloster Evangelistria. Schon eine ziemlich Ecke von Nas aus, und man müsste den gleichen Weg zurück. Und die Straße hinab ab Vrakades sieht nur allradtauglich aus – da muss ich Dimitri (unserem Hotelwirt in Agios) widersprechen.
Ein mit einer Mauer eingefriedeter Garten, meckernde und flüchtende Ziegen, windschiefe Bäume – es gibt so viel zu sehen. Ein Bach staut sich zu einem Tümpel, die Frösche müssen Ochsenfrösche sein, so laut schreien sie. Als wir uns nähern sehen wir nur noch ein Huschen in den Tümpel, und es herrscht Ruhe.
Eidechsen flitzen dahin.
Der Weg führt jetzt durch ein wunderschönes lichtes Wäldchen, der Boden ist weich mit Blättern und Früchten bedeckt. Wir sind noch niemand begegnet. Hohes Gras überwächst bei einem alten Steinhaus den Weg, es muss schon zu Lagada gehören. Wir haben uns Zeit gelassen, eineinhalb Stunden gebraucht. Da wir nicht damit rechnen hier eine geöffnete Taverne oder einen richtigen Ort zu finden, suchen wir nicht wo es weiter geht, sondern bleiben hier sitzen auf einer schattigen Mauer, essen ikariotische Käsestengel aus dem Minimarket. Brauchen wir sonst noch was?
Das Steinhaus entspricht in seiner Bauweise dem, das wir in Christos gesehen haben. Nur etwas verfallener, und zugewachsen. Schön der rund gemauerte Schornstein, und einen Backofen hat es auch. Lagada liegt auf 700 Meter über dem Meer in einer grün bewachsenen, versteckten Hochebene, vom Meer aus nicht einsehbar – da brauchte es keine Schutzmauern für das Licht.
Auf dem gleichen Weg gehen wir wieder zurück. Erstaunlich, wie viele Neuentdeckungen man bei einem anderen Blickwinkel macht. Noch mehr balancierende Felsen und schräge Bäume. Der blühende und seine unglaublichen Duft versprühende Ginster war aber schon vorher da, und die knorrigen Bäume auch. An den Froschteich schleiche ich mich jetzt an, das sitzen die Musiker am Ufer und konzertieren lautstark.
Gegen drei Uhr sind wir wieder in Vrakades, wo es leider keine geöffnete Taverne gibt, aber eine merkwürdige Denkmaltafel, die wir nicht so recht einordnen können.
Wir fahren zurück und halten im nun sonntagnachmittäglich wirklich sehr ruhigen Christos Raches. Das „Paradosiako Kafenio“ hat aber offen, und es hat Galaktobureko! Im Schatten eines großen Baumes genießen wir den Grießpuddingkuchen und sind zufrieden mit uns und der Welt.
Später fahren wir noch an den Mesakti-Strand zum Baden – soll ja einer der besten Strände hier sein. Im Gegensatz zum benachbarten Livadi-Strand ist er auch schon aufgeräumt, sehr weitläufig, und wirklich schön. Jetzt, gegen halb sechs Uhr, verlassen ihn die meisten Badegäste schon wieder. Das Meer hat 20° Celsius, ich stürze mich hinein. Draußen zieht die „Nissos Mykonos“ von Evdilos kommend an uns vorbei gen Westen.
Den Sonnenuntergang vom Hotelzimmerbalkon nehmen wir heute wieder mit ehe wir ins „Paschalia“ zum Essen gehen. Morgen fahren wir nach Agios Kirykos, wollen unterwegs am Kastro Koskina vorbeischauen. Da war Günter am Donnerstag, ist dann aber mit seinem Mietauto hängen geblieben und musste - nicht zuletzt wegen des drohenden Gewitters - zu Fuß und per Anhalter zurück. So weit wird es die Holperstreckenphobie der Mutter bei uns nicht kommen lassen, fürchte ich, und werde recht behalten. Günter bleibt noch bis Donnerstag auf Ikaria, will dann mit der Fähre weiter nach Chios, Lesbos und Limnos – der Glückliche hat fünf Wochen Zeit zum Inselspringen, und Ikaria ist – nach Mykonos und Fourni – erst der Anfang. Irgendwas mache ich falsch mit meiner Arbeit und meinem Urlaub…