Nach Pyrgos, und um Ysternia

Ich freue mich auf die schnell näherkommende Insel. Die Überfahrt mit der luftig belegten "Fast Ferries Andros" dauert nur etwas über eine halbe Stunde, und so sind wir schon um 14 Uhr auf Tinos, wo mich der Autoverleiher von Dimitris Rent a Car empfängt. Dieses Jahr ist der Sohn, der fließend Deutsch spricht und mit einem weißen Fiat Panda, Kilometerstand knapp 30.000 Kilometer, auf mich wartet. Scheint dieses Frühjahr mein Urlaubstandardwagen zu sein. Für fünf Tage bezahle ich 137 Euro. Schnell ins Büro an der östlichen Paralia um den Papierkram zu erledigen.

 

Für dieses Jahr habe ich mir Pyrgos als Urlaubsstandort ausgesucht - dort wollte ich schon immer mal länger bleiben. So richtig viele Quartiere sind dort online nicht zu buchen, und wenn ja, dann übersteigen sie mein Budget. Richtung Panormos gäbe es noch etwas, aber im Vorfeld wusste ich nicht, ob das das Richtige für mich ist. Und so habe ich wiederum nichts gebucht und werde mich vor Ort nach etwas passendem umsehen.Definitiv ein Vorteil wenn man mit dem Auto unterwegs und flexibel ist.

 

Von Tinos-Stadt nehme ich die Küstenstraße nach Kiónia. Inzwischen habe ich Hunger, und so parke ich den Wagen an der Straße vor dem Poseidon-und-Amphitrite-Heiligtum an der geöffneten Taverne "Maïstrali". Ich bestelle eine Portion Linguini nach Tinos Art mit Froutalia/Fourtalia (lokale Trockenwurst), Louza (gepökeltes und mit Thymian gewürztes Schweinefleisch) und Tomaten, dazu ein Wasser. Bestens. Elf Euro bezahle ich für das gute und sättigende Mittagessen.

Am Nachbartisch sitzen sechs junge Deutsche, plaudern und planen. Warum sie um diese Jahreszeit ausgerechnet nach Tinos und dort nun nach Kionia gekommen hat? Wie Wanderfreunde sehen sie nicht aus. Vielleicht haben sie gerade die Abiprüfung absolviert und genießen nun Urlaub auf Tinos. Ansprechen mag ich sie aber nicht, spitze lediglich neugierig die Ohren um diskret zu lauschen, erfahren aber nichts was meinen Frage beantworten könnte.

 

Nicht zu lange, dann zieht es mich weiter. Vorbei am Tinos Beach Hotel, wo ich im Juli 1991 meinen ersten Kykladenaufenthalt hatte. Das Hauptgebäude ist eine Baustelle: ausgebeint und mit Planen abgehängt. Das wäre schon seit einem Jahr so, werde ich erfahren. Aber inzwischen gibt es in Kionia ja viel mehr Quartiere als damals.

Von Kionia hinauf gen Nordwesten zur Hauptstraße, und darauf weiter nach Pyrgos. Beziehungsweise gleich weiter Richtung Panormos, wo an der Straße irgendwo die "Studios Theodora" liegen müssen, die ich bei booking gesehen habe und die in meiner Preisklasse liegen. Aber entweder bin ich blind, oder die Studios sind nicht beschildert - ich sehe nur die große und teurere Anlage "Glafki Stay". In Panormos drehe ich wieder um, fahre nochmals langsam hinauf. Da ist ein Haus an der Straße, das könnte Theodora sein. Aber es liegt mir zu weit unten. Also wieder rauf nach Pyrgos, und das Auto am gut gefüllten Parkplatz bei der marmornen Busstation abgestellt. Und hinein in den Ort. Die beiden Museen hier, das Chalepas-Museum und das Museum der Tiniotischen Künstler, scheinen geschlossen, die Kunstwerke davor sind verhüllt. Renovierung?

 

Ein Hotel gibt es in Pyrgos nicht, aber diverse Privatquartiere. Dummerweise sieht man es den meisten von außen nicht an, dass sie zu vermieten sind, was wohl auch gewollt ist. Das habe ich bei meinem Plan nicht bedacht. An einem geschlossenen Honigladen hängt ein Zettel mit "Room to Rent" und mit Telefonnummer. Aber niemand meldet sich dort. Dann erreiche ich die wunderschöne Platia mit dem Brunnenhaus und der riesigen Platane. Und den verlockenden Galaktobureko-Angeboten. Aber das muss warten bis ich ein Quartier habe. Ich probiere es dann vergeblich im westlichen Ortsteil - es ist jetzt vier Uhr nachmittags und Siesta - und überlege, ob ich bei den "Pirgos Suites" in der Nähe des Marmor-Bearbeitung-Museum probieren soll. Aber die sind mir eigentlich auch zu teuer und zu weit außerhalb.

 

War da nicht am Ortseingang ein Schild mit Zimmern beim Steinmetz? Ich gehe zurück zum Parkplatz und links die Straße hoch. Tatsächlich, und ein Mann arbeitet mit Gehörschutz und Maske im Erdgeschoss vor seiner Werkstatt an der Bearbeitung kleiner Marmorplättchen. Ja, er hätte ein Zimmer, und führt mich wenig später hinauf in den ersten Stock, wo die Zimmer liegen. Das, das er mir zeigt, ist unspektakulär und ohne den Chichi eingerichtet, den stylische Apartments für internationale (und zahlungskräftige) Gäste heutzutage oft haben. Aber es ist alles da was frau braucht, auch eine gut eingerichtete Küchenzeile. Und ein schöner marmorner, gleichsam auch windausgesetzter (wir sind ja auf Tinos) Sitzplatz vor dem Zimmer. Aber dummerweise möchte er 70 Euro die Nacht an Miete haben, und das finde ich zu teuer. Er lässt mit sich reden und wir einigen uns auf 60 Euro die Nacht, was zwar auch noch an meiner Schmerzgrenze liegt, aber ich will jetzt nicht länger suchen.

Während er das Zimmer richtet, trinke ich einen Elliniko Diplo an der Platia, wo jetzt nach fünf Uhr wenig los ist.

Zurück im Quartier sieht das nun deutlich ansprechender aus, und ich bin zufrieden. Michalis, so heißt mein Wirt, vermietet auch an Gäste, die bei ihm Unterricht im Bildhauern nehmen und länger da sind. Zum Einkaufen verweist er auf den Supermarkt an der Straße abwärts Richtung Panormos, und einen Bäcker gibt es auch wenn man vorher rechts eine Treppe hinauf geht. Das passt, denn da ich nicht wusste wie ich einquartiert bin, habe ich noch nichts für Frühstück und Co. besorgt. Da hole ich dann umgehend nach und versorge mich im Supermarkt mit Kefalograviera, Joghurt, Butter, Honig, Milch und mehr.

Nach acht Uhr geht es dann wieder in den Ort hinein. Die meisten Läden haben jetzt im Mai aber nur bis acht Uhr abends geöffnet, da sie vor allem auf Tagesbesucher setzen - in Pyrgos selbst scheinen nur wenige Gäste zu wohnen. Macht nichts, ich werde noch genug Gelegenheit zum Einkaufsbummeln haben. Die Platia ist auch am Abend sehr stimmungsvoll. Neben den Cafés gibt es zwei oder drei Restaurants. Ich entscheide mich für das auf den unteren Stufen namens "Athmar". Den Wein gibt es hier nur glasweise wenn man keinen halben Liter möchte - daran muss ich mich nach den legeren Sitten von Ikaria erst wieder gewöhnen. So hungrig bin ich nicht mehr, und bestelle nur Smirneika - angebratene und dann gekochte Hackfleischwürste in würziger Tomatensauce (mit Kreuzkümmel) und ein Glas Rotwein. Wasser in der Karaffe gibt es gratis dazu, Brot bestelle ich noch, und bezahle 13 Euro. Passt.

Und jetzt freue ich mich auf meine Tinos- beziehungsweise Pyrgos-Tage!

 

*

 

Das Wetter ist diesem Mai wieder extrem unbeständig. Heute hat es zwar Sonne, aber der Wind bläst mit fünf bis sechs Beaufort von Norden. Kurz nach acht marschiere ich zum Bäcker um Brot fürs Frühstück zu holen. Es duftet verführerisch aus der Backstube, aber er hat erst diverse Blätterteigteile fertig, das Brot dauere noch eine Stunde. Blöd, so lange möchte ich jetzt nicht warten. Also nehme ich eine frische Tiropitta mit, und ein Tsoureki. Unter erschwerten Bedingungen - was nicht beschwert ist, nimmt der Wind mit - frühstücke ich auf der Balkonterrasse, die sich nach Norden öffnet. Das Meer sieht man von Pyrgos aus übrigens nicht: typisch für ältere Siedlungen, denn man wird vom Meer aus dann auch nicht gesehen und ist sicherer vor Überfällen.

 

Ich telefoniere mit Monika und Günter aus Triandaros beziehungsweise Mülheim/Ruhr und wir verabreden uns für morgen zu einer Wanderung. Wo genau, werden wir noch sehen. Eigentlich hatte ich in diesem Urlaub den höchsten Gipfel von Tinos, den 727 Meter hohen Tsiknias besteigen wollen. Allerdings ist der am anderen Ende von Tinos, im Osten. Günter, der alle Wege auf Tinos schon (mehrfach) gewandert sein dürfte, meint, der wäre nicht schwierig, aber unangenehm zu gehen, da man über viele Geröll gehen müsse. Er empfiehlt stattdessen den Profitis Ilias hier bei Pyrgos. Das ist der breite, mehrgipflige und dunkle Berg nordwestlich von Pyrgos, 395 Meter hoch, den ich gut im Blick, aber wandertechnisch noch gar nicht auf dem Schirm hatte. Die Idee gefällt mir.

 

Weil Gipfel aller Art aber bei den heutigen Windstärken nicht zu empfehlen sind, suche ich mir die Wanderung E1 der Tinos Trails aus: von Ystérnia nach Ormos Ysternion, Ormos Giannaki, Kardianí und zurück nach Ysternia. Mit 14 Kilometern eine lange Tour, aber von Kardiani kann ich vielleicht auch nach Ysternia zurück trampen. Ich habe mir noch die Landkarte Tinos von Skai-Terrain gekauft, da sie im Gegensatz zu der von Anavasi die Bezeichnung der Tinos Trails direkt übernommen hat, was die Orientierung leichter macht.

 

Gegen halb elf stelle ich den Wagen in Ysternia beim Friedhof ab und gehe auf der Straße zurück zum Einstieg der Wanderung. Entdecke dabei ein Schild mit der ganzen Rundtour, die durch Ysternia führt. Den richtigen Einstieg hinab finde ich nicht gleich, aber es ist klar, dass ich auf die breite Marmorrampe kommen muss, die auf der rechten (westlichen) Talseite nach Ormos Ysternias hinab zickzackt und früher (im frühen 20. Jahrhundert?) dem Transport von Marmorblöcken zum Hafen gedient haben soll.

An einem Haus mit Garten vorbei bin ich schließlich richtig, und wandere auf dem Marmorband abwärts, das gleich einer Carrara-, ähm Carrera-Bahn in weiten Serpentinen zum Meer kurvt . Das klingt bequemer als es ist: der Wind fährt hier in solchen Böen über die Hänge, das es schon bergab anstrengend zu gehen ist. Ich weiß nicht, ob ich da die geplante Runde schaffen werde.

 

Aber faszinierend sind Rampe und Landschaft trotzdem, und wunderbar der Blick nach Syros hinüber, wo schwach die weißen Häuser der Doppelstadt Ermoupolis-Ano Syros zu erkennen sind. Thymian und blassviolette Winden blühen am Wegrand, und in den Taleinschnitten zwischen den verfallenden Felderterrassen drängen sich horizontale Bäume, geben viel Stammgrau und nur wenig Grün frei. Ysternia liegt schon weit über mir auf seinem Aussichtsbalkon. Von Andros zieht eine rote Fast-Ferry vorbei. Ich liebe die Farben und die Landschaft von Tinos!

 

Einmal steht an einer der Spitzkehren ein offenes Steinhäuschen, dessen Zweck sich mir nicht erschließt. Vielleicht einfach als Schattenspender und Rastplatz für die Arbeiter und Tiere, die hier Marmortonnen bewegten? Oder ist es neueren Datums, wie ein Gedenkstein im Inneren vermuten lassen könnte, der 2019 von der Gemeinde Ysterina gesetzt wurde? Außer den Namen steht kein weiterer Text, und ich kann auch jetzt nichts darüber finden.

Etwa eine Stunde nachdem ich in Ysternia losgegangen bin, erreiche ich Ormos Ysternion. Wie ich schon von oben sehen konnte, ist es größer als gedacht, aber scheint doch eher eine Sommersiedlung zu sein, auch wenn laut Census 2021 26 Menschen hier leben. Unten kann ich weder einen Laden noch eine geöffnete Taverne erkennen, aber es hat einige schöne Abschnitte mit Sandstrand. Eine Familie mit Mietwagen stelle diesen gerade ab, und zwei, drei Leute sind den Häusern und mit einem Boot zugange. Sonst ist es ruhig, nur der Wind sorgt für Geräusch und Bewegung. Ich gehe entlang des Ufers und erreiche eine zweite Bucht weiter südlich, die etwas windgeschützt scheint. Vielleicht ein guter Tipp zum Baden. Aber jetzt will ich weiter, und hinter der Bucht steigt mein Wanderweg an. Ein Wegweiser zeigt hier fast drei Stunden bis Kardiani, 6,7 Kilometer.. . das ist weiter als gedacht, und ich fühle mich nun müde und etwas schlapp. Auch der Wind setzt mir zu. Die ganze Wanderung werde ich da nicht schaffen, zumal der offizielle Weg mehrmals zum Meer hinab und dann wieder hinauf auf die Hügel und dann irgendwann ganz hinauf nach Kardiani führt, das auf 300 bis 400 Metern über dem Meer liegt. Aber es gibt hier ein ganzes Netz von Wegen, und sicher kann ich irgendwo abkürzen und auch die Strandpassagen abschneiden.

 

Der Pfad ist zunächst etwas zugewachsen und ich muss das hohe Gras zur Seite drücken. Weiter aufwärts, und irgendwo da verliere ich den markierten Weg. Weil ich keinen guten Netzempfang habe, nützt mir die Navigation in der Tinos-Trail-App leider nicht viel. Mein Weg ist aber gut erkennen kann - er verläuft deutlich zwischen zwei niedrigen Mauern oder Steinplatten - und so bleibe ich darauf und orientiere mich ostwärts. Es gibt hier offenbar noch weitere Wege, die nicht auf der Karte eingezeichnet sind. Und dann hat es auch irgendwann wieder die roten Markierungen.

 

Eine halbe Stunde nach dem Strand kann ich vor mir auf der Hügelkante eine Kapelle sehen. Es muss sich um das Kloster der Panagia Lakkotiani handeln, und von dort geht eine Piste nach Ysternia hinauf. Das würde mir dann für heute reichen.

Zwei Stunden nachdem ich Ysternia verlassen habe, öffne ich das Tor zur Anlage der Panagia Lakkotiani. Die Kirche selbst ist leider verschlossen, aber hinter dem Gebäude befindet sich ein großer umfriedeter Hof mit einem Dutzend überdachter Steintische und -bänke. Da die Kirche auch dem Heiligen Thomas geweiht ist, wird hier traditionell am Sonntag nach Ostern gefeiert, und das ist noch nicht so lange her. Hier soll dann auch der Brauch der "Rodariá" stattfinden, bei dem man seine Liebsten mit einer auf eine Gabel aufgespießte Blume beschenkt. Diese Tradition soll auf das antike Anthestéria-Fest zurückgehen, das im Frühjahr drei Tage zu Ehren des Gottes Dionysos gefeiert wurde.

 

Mir taugt eine der schattigen und windgeschützten Bänke als perfekt zur Rast. Wieder einer dieser überraschenden Plätze, die es auf Tinos zu entdecken gibt, wenn man etwas Zeit und Wanderlust mitbringt. Und es wird noch lange nicht der letzte sein. Ich gönne mir ein Nickerchen auf dem Tisch, und weil der im Schatten liegt, kann ich danach die Sonne brauchen um mich wieder aufzuwärmen. 

Auf einer Piste wandere ich leicht bergauf nach Ysternia. Vorbei an mohnblühenden Wiesen, einer Kapelle und einem Taubenhaus.

Kurz nach zwei Uhr schließt sich der Wanderkreis am Friedhof, dem ich noch einen Besuch abstatte. Siebeneinhalb Kilometer Strecke zeigt die App, mit zwei Stunden reiner Gehzeit und 310 Höhenmetern ab und auf. Auch ok.

Zum Mittagessen fahre ich weiter nach Kardiani, das unter der Straße liegt. Ich nehme die östliche Zufahrt, quetsche den Mietwagen an der Straße hin, weil die wenigen Parkplätze belegt sind. Ein Mini-Van bringt gerade eine Gruppe Franzosen, die offenbar in Kardiani Quartier bezogen haben und sich nun wundern, dass sie ihr Gepäck durch die schmalen Gassen und über die Treppen schleppen müssen. Ich werde sie die nächsten Tage noch öfters sehen.

Die Autoverleiherin hatte erwähnt, dass ihr von Gästen ein neueres Lokal in Kardiani empfohlen worden sei. Den Namen wusste sie aber nicht mehr. Ich habe nun zwei zur Auswahl: "To Perivoli tis Kardianis" und "Dimitria Café". Ich entscheide mich für das "Perivoli", das nur wenige Schritte links des grünen Taleinschnittes auf einer schattigen und schönen Terrasse liegt und gediegen aussieht. Mehrere Tische sind belegt, überwiegend von internationalen Gästen, wie ich feststelle. Ich bekomme noch einen Tisch mit Blick hinab zur Küste und übers Meer. Syros scheint nähergerückt. Die weißen Häuser dort an der Küste müssten Giannaki beziehungsweise Ormos Kardianis sein. Vor zwei Jahren, als ich im Restaurant "Ntinos" gegessen habe, war ich dort unten. Allerdings bei Starkwind, der noch heftiger war als der heute. An Baden war nicht zu denken.

 

Die Speisekarte im "To Perivoli tis Kardianis" ist eher gehoben. Vielleicht wäre ich bei "Dimitra" besser dran gewesen, denn die Wahl fällt mir schwer, aber nicht weil die Auswahl zu groß wäre. Ich entscheide mich schließlich für vornehm klingendes Hühnchenfilet mit Zitronenirgendwas und Kartoffeln auf irgendeine Art. Was kommt sind gegrillte oder frittierte Geflügelteile mit Pommes und einem Schälchen zitronigem Mayonaisedip. Geschmacklich nichts besonderes, und mit einer Flasche Wasser bezahle ich 17 Euro 50. Muss ich nicht weiterempfehlen.

 

Danach bummle ich noch etwas durch das schöne Dorf Kardiani. Die katholische Kirche Genéthlia tis Theotókou - Geburt der Muttergottes mit prächtigem Glockenturm und dem Brunnen mit der Marmorrelief der Muttergottes mit dem Jesuskind, das sie mit einem Löffel füttert - bezaubernd!

 

Die engen Gasse, die Blumen, die Durchgänge - einfach schön! Ich gelange bis zum Wasch- und Brunnenhaus, das sich am unteren Dorfende befindet. Alles liegt nun in nachmittäglicher Stille.

Ich möchte gerne noch einen Badeversuch starten, und zwar in Ormos Ysternion. Auf der Straße zurück bis Ysternia, und dann in zwei Spitzkehren und einem sehr weiten Bogen nach Westen durch ehemaliges Marmorabbaugebiet hinab zum Örtchen, das ich nun heute zum zweiten Mal besuche.

 

Ich strebe zum hinteren, östlichen Sandstrand, wo sich tatsächlich einige Badegäste eingefunden haben, eine Frau hat sogar eine Sonnenliege aufgetan. Eine große Tamariske bietet nahe der Straße etwas Schatten, der Baumnachwuchs muss das noch üben. Ganz am hinteren Rand hat es einigen Steinplatten, die mir als Umzugsplatz dienen. Aber das Meer ist noch saukalt: nur 17 Grad. Da bleibt das Vergnügen kurz. Die Frau joggt nun den Strand entlang. Mein Bewegungsbedarf für heute ist gedeckt, und ich kehre nach Pyrgos zurück.

Leider kommt in meinem Quartier kein Wasser aus der Leitung. Ich gebe Michalis Bescheid, der unten an kleinen Marmorplättchen arbeitet. Das sei ein Auftrag für eine Hochzeit auf Mykonos nächsten Sommer, da müsse er 130 Mal ein bierdeckelgroßes Windmühlenrelief in Marmor gravieren, als Gastgeschenke, erklärt er. 130 Mal das Gleiche - ob er da keine Hilfe hätte? Nein, er mache das alles selbst, und könne sich die Arbeit ja einteilen wie er wolle. Nun muss er erst die Plättchen zuschneiden und abschleifen. Kleine Marmorplättchenstapel stehen neben dem Schleifstein, und die Höflichkeit gebietet, dass ich nicht nach dem Preis des Auftrages frage. Ich unterbreche ihn ungerne, aber ohne Wasser ist es auch blöde.

 

Er probiert nun die Wasserhähne in den Gästezimmern im ersten Stock aus, dann telefoniert er herum, zunächst ergebnislos. Verschwindet schließlich und kehrt zurück mit der Info, das man einen Wasserbehälter (Hochbehälter?) reinigen würde, und das Wasser deshalb abgedreht wäre. Er ärgert sich darüber, dass das nun gemacht wird, und nicht im Winter, wo das viel weniger stören würde. Nach einiger Zeit läuft das Wasser dann wieder, allerdings als dicke dunkle Brühe, die in Waschbecken und Toilette braunsandigen Satz hinterlässt. Da werde ich das Leitungswasser heute besser nicht trinken.... wo mein Magen eh schon etwas grummelt. Von was auch immer. Leider hatte der Supermarkt Raki nur ein großen Eineinhalb-Liter-Flaschen, und das ist mir dann doch deutlich zu viel. Aber ein Ouzo könnte auch helfen.

 

Ich telefoniere nochmal mit Günter und wir verabreden uns für morgen um ein Uhr in Kionia am "Maïstrali"zum Wandern. Er und Monika empfehlen in Pyrgos das Restaurant "Yasmin" an der Platia, wo ich nach einem Einkaufsbummel auf einem windgeschützten Platz in der Gasse noch eine Kleinigkeit zu Abend esse: Artischocken in Zitronensauce, dazu ein Ouzo, Wasser und Brot. Die Artischocken sind echt gut, und ich genieße die abendliche Atmosphäre am Rande der Platia. Wieder 13 Euro fürs Abendessen - passt.

Und morgen dann weiter im Osten wandern. Bin gespannt.