Rocca di Ciauli

Filicudi liegt zwischen Alicudi und Salina, und irgendwie passt das auch für die Geografie der Insel: sie hat zwei Berge wie Salina, aber nur einer davon ist so steil wie der Kegel von Alicudi, der 774 Meter hohe Monte Fossa delle Felci (bei der Namensgebung sind die Äolioten (oder Äolier?) so kreativ wie die Griechen: einen Berg gleichen Namens gibt es auch auf Salina). Der andere, Capo Graziano, ist niedriger (174 Meter) und mehr ein Hügel, der mit dem hohen Bergkegel durch eine flache Landzunge verbunden ist und der Insel aus der Luft den Umriss eines Hühnerbeines gibt.

Es gibt eine Straße wie auf Salina, aber auch viele gut erhaltene Wege und Stufen wie auf Alicudi. Mit 9,5 km² ist Filicudi knapp doppelt so groß wie Alicudi und hat gut hundert Einwohner mehr (235). Es hat gleich zwei Hafenorte: Porto und Pecorini a mare, so dass je nach Windrichtung meist einer von den Fähren angelaufen werden kann. Porto ist aber der Haupthafen.

Die Strände sind unbequem wie auf Alicudi, voller faustgroßer Lavakiesel. Und es gibt mehrere Siedlungen im Inselinneren: Valdichiesa mit der Hauptkirche, Pecorini (ohne mare) und Rocca di Ciauli, wo es zwei Hotels bzw. Pensionen und viele Privatzimmer gibt.

 

Rocca di Ciauli liegt etwa hundert steile Höhenmeter über dem Hafen Porto und ich hatte es als das optimale Standquartier für uns ausgemacht und die "Pensione Villa La Rosa" ausgewählt - auch weil das angeschlossene Restaurant sehr gelobt wird. Die Alternative, das Hotel "La Canna", liegt direkt nebenan und ist etwas schöner. Und teurer.

Blick auf Filicudi Porto, Hotel La Canna und Valdichiesa
Blick auf Filicudi Porto, Hotel La Canna und Valdichiesa

Wegen meiner mangelnden Italienischkenntnisse hatte ich die "Villa la Rosa" über Booking gebucht, das Doppelzimmer mit Frühstück für 90 Euro. In der Hoffnung, für fünfzehn Euro pro Person vor Ort noch Halbpension buchen zu können. Das wurde aber nix - nicht für Booking-Gäste. :-(

Und auch sonst war die Verständigung schwierig. Gut zwei Wochen vor dem Urlaub nahm ich via Booking Kontakt mit der Pension auf - wann wir mit welchem Schiff ankommen würden und ob wir abgeholt werden könnten. Keine Antwort. Erneute Anfrage zwei Tage vor der Abreise nach Neapel. Wieder keine Antwort.

 

Die kam tatsächlich am Abend bevor wir von Alicudi nach Filicudi fuhren, um 22:54 Uhr, und war standardisiert: "Wir freuen uns, Ihnen mitteilen zu können, dass die Unterkunft Ihrer Anfrage nachkommen kann. Für diesen Service fallen für Sie keine weiteren Kosten an.". Mhh, immerhin.

Meine Eindruck bei den diversen Anfragen und Buchungen dieses Urlaubes war, dass die italienischen Gastgeber (Lucia auf Alicudi ausdrücklich ausgenommen) nicht besonders gut Englisch können, und man deshalb kurz angebundene Antworten bekommt, die etwas unhöflich erscheinen und selten auf die gestellten Fragen eingehen. Das ist dann kein böser Wille, führte aber meinerseits zu Irritationen.

 

Nur mit leichter Verspätung läuft die "Isola di Stromboli" gegen 14.40 Uhr in Filicudi Porto ein und wir verlassen das Schiff. Filicudi Porto kennen wir ja schon von Stopp-Over vor vier Tagen. Wir werden von einem Mann angesprochen ob wir ein Taxi brauchen. Nein, eigentlich nicht. Aber es steht niemand da, der so aussieht als wolle er uns abholen. Schließlich fragt uns eine Frau wohin wir wollen. "Villa la Rosa"? Da wäre niemand zum Abholen da, aber sie kann uns hinauffahren, kein Problem. Sie lädt uns und unser Gepäck in ihren roten Mini-Van, stellt sich als Franca und Taxifahrerin vor, und kurvt die weite Schleife der Straße hinauf nach Rocca di Ciauli, das Luftlinie keinen halben Kilometer vom Hafen entfernt liegt. Aber halt auf 130 Metern Höhe. Natürlich gibt es auch einen direkten Stufenweg, aber wer will da schon mit Gepäck hinauf wenn es eine Straße gibt?

 

Auf der kurvenreichen Straße sind es drei Kilometer bis das rote Taxi vor dem Ristorante Villa la Rosa hält. Das gerade Mittagspause hat (die Italiener sind da wesentlich weniger flexibel als die Griechen). Franca hupt und schreit, und von irgendwoher kommt dann schließlich auch eine Frau, die sich uns nicht vorstellt, aber einen Kaffee anbietet. Man hat uns erst mit späten Aliscafo erwartet (ja, deshalb hatte ich ja in meiner Anfrage geschrieben mit welchem Schiff wir kommen werden....). Den heißen Fingerhut voll haben wir schnell getrunken, nun kommt die Frage, ob wir vista al mare oder sul giardino haben wollen. Natürlich al mare, wewea, ähm, naturalemente. Sie ruft ihren Mann (der sehr freundlich ist, aber mit dem wir kaum ein Wort wechseln werden - die Sprachbarriere) und der nimmt eines unserer Gepäckstücken und führt uns über die Straße und einen Parkplatz eine Treppe hinauf zu einem rosa Haus. Noch eine steile Treppe hinauf auf eine äolische Terrasse, auf die drei Zimmertüren führen, und wir sind da.

Wir bekommen das linke Zimmer, es ist nicht groß, aber hübsch eingerichtet, das Bad schön blaugrün und beige gefliest, das Doppelbett hat als Haupt einen rankenden Busch, und einen kleinen Kühlschrank hat das Zimmer auch (dem wir nachts ob des Geräusches den Stecker ziehen).

Und das Beste ist natürlich wieder die Terrasse, von der man eine Blick auf das Meer rechts und links der Insel hat, sowie dazwischen auf Anhöhe mit dem Ristorante, einem Weinberg, ein paar Häusern und dahinter dem Capo Graziano (wenigstens teilweise). Und auf die (einzige richtige) Straßenkreuzung. Kurz: wir haben alle Verkehrsbewegungen zu Lande und Wasser (und in der Luft, aber da geht nicht viel) auf und um Filicudi im Blick. Das sind nicht so viele, dass es stören würde, und genug dass es nicht langweilig wird. Und die äolische Terrassenmauer, hier ungefliest, ist perfekte Ottomane und Ausguck in einem. Wer es lieber bequemer mag, kann auf die Terrassenmöbel zurückgreifen.

 

Gefällt uns, auch wenn wir uns nach der Größe von Alicudi mit der Enge des Zimmers erst arrangieren müssen.

In der "Villa la Rosa" ist das Frühstück inklusive. Wir bekommen es im Restaurant serviert (das ist auch der einzige Raum, in dem das Wlan halbwegs funktioniert. Im Zimmer geht es nicht.), und es variiert mit verschiedenen süßlastigen Dingen. Am ersten Tag bekommen wir, als wir schon fast fertig sind, Käse oder Wurst angeboten. Da sagen wir nicht nein (ich frühstücke lieber salzig), und bekommen einen Teller mit Käse, Salami und Schinken gebracht, den wir nur nicht mehr leeren können. Woraufhin das Angebot an den folgenden Tagen nicht wiederholt wird. Schade. Beständig ist beim Frühstück nur die Unbeständigkeit....

So ist das Frühstück jeden Morgen eine Überraschung, und auch unsere Versuche, eine große Tasse Kaffee mit etwas Milch zu bekommen, scheitern. Mal gibt es zwei doppelte Espressi in der (überdimensionierten) Kanne mit einem Eimer voll aufgeschäumter Milch, mal gibt es Cappuccino, mal Milchkaffee. Irgendwie rücken sie ungerne größere Mengen Kaffee heraus hier.

Es hat auch Vorzüge wenn man sich sein Frühstück nach eigenen Bedürfnissen selbst machen kann.

Das Ristorante "Villa la Rosa" fungiert außerdem noch als Bar und kleiner Lebensmittellladen (in Griechenland hieße das wohl „Kafeouzomezedopantopoleio"). Die Erdbeer-Granita dort ist köstlich - schmeckt wie der helle, abgeschöpfte Schaum wenn man Erdbeermarmelade macht, und auch die körnig-nussige Pistazien-Granita ist gut. Das Gebäck, das man in der Bar bekommt, ist dagegen etwas trocken - wir werden auch zum Abendessen und zum Frühstück davon bekommen.

Im Lebensmittellladen gibt es Wichtiges wie Wasser, Wein und selbstgebackenes Brot - mehr brauchen wir eigentlich nicht.

 

Hungern braucht man hier auch nicht wenn man sich nicht selbst verpflegen will (so wie wir): beide Restaurants, das der "Villa la Rosa" und das des benachbarten "La Canna" sind sehr gut. Wir essen dreimal abends in unserem "la Rosa" und gehen einmal fremd ins "La Canna" (wenn wir schon keine Halbpension bekommen). Die täglich variierende Speisekarte im "la Rosa" ist ein Buch mit sieben Siegeln für uns, wir lassen uns von der Bedienungen - nein, es ist einer der beiden Frauen, die das Hotel-Restaurant führen - jeweils erklären um was es sich handelt. Die Caponata ist hier auch gut, und mit den Nudelvariationen und dem Fisch macht man nichts falsch. Nur Mamas Ausflug zum Fleisch (ein Burger vom Angus-Rind) erweist sich als etwas mickrig und trocken für vierzehn Euro. Selber schuld wer auf den Äolen Fleisch will.

Wir bestellen meist je nur einen primo oder secondo und eine Beilage dazu - mehr können wir einfach nicht essen. Mit einem halben Liter Wein, Wasser, Brot und coperto kommen wir jeweils auf eine Rechnungssumme zwischen 35 und 43 Euro.

Nebenan im "La Canna" ist es an dem Abend, als wir dort einkehren, ziemlich voll. Wir bestellen je einmal Nudeln (köstliche mit Pistazien), und dann offeriert der Herr des Hauses (der sehr gut Englisch spricht, wie angenehm) uns einen großen Fisch, der pikant gewürzt im Ofen gegart würde. Sieht gut aus, aber den packen wir nicht. Ich äußere unsere diesbezüglichen Bedenken und werde prompt missverstanden: er glaubt, der Preis wäre uns zu hoch, und sichert uns zu, dass wir den für zwanzig, zweiundzwanzig Euro bekommen. Ich lasse uns überreden, und als der Fisch in viel würziger Brühe kommt, schmeckt er wirklich sehr gut (und ist auch ausreichend geschrumpft, so dass wir ihn wirklich ganz verputzen). Wir bekommen als typische Beilage getrocknetes hartes Brot (wie Paximadi) dazu, das wir in der Brühe auf Bissfähigkeit einzuweichen versuchen um unsere Zähne nicht zu gefährden. Das gelingt nur teilweise und wenn man kleine Stücke macht. Nur muss man das Brot erst mal in so kleine Stücke kriegen...

 

Die deutschen Segler vom Nachtisch haben das Nachsehen: offenbar wurde der Fisch ihnen auch offeriert, sie haben die Entscheidung aber auf später verschoben und müssen sich nun mit kleinen Fischen zufriedengeben. Die Rechnung fällt mit fünfzig Euro ausgesprochen fair und freundlich nach unten korrigiert aus. Doch, "La Canna" gefällt mir auch.

So, und wenn die Grundbedürfnisse Wohnen, Schlafen, Essen und Trinken erfüllt sind, was macht man dann auf Filicudi? Wir haben drei Tage Zeit, die Insel zu Lande und zu Wasser zu erkundigen.

Morgen geht es erst mal in den Nahbereich.