Sonntag am Strand und im Dorf

 

Am Sonntagvormittag fahren wir mit dem Mietauto nach Pali, das allerdings nicht unser Ziel ist, sondern der Strand von Pachia Ammos im Osten der Insel. Dazu geht es durch Pali durch und entlang der Ostküste, dem Liés-Strand, nach Süden bis die Straße endet. Der Liés-Strand ist mehrere Kilometer lang, und wäre er hell wie die Strände auf Kos, so könnte sich Nisyros mit Fug und Recht als Badeinsel bezeichnet. Aber der Strand ist vulkanisch-dunkelgrau wie die Strände auf Santorin, und das schreckt die Leute irgendwie ab, auch wenn es ja kein Schmutz ist, der die Farbe gibt. Finde ich jetzt trotzdem nicht so schlimm: sollen die Strandlieger ruhig auf Kos bleiben.

 

Vom Straßenende geht man in einer Viertelstunde zu Fuß entlang der Küste und vor einer interessant ausgewaschenen Felsenwand zum Strand von Pachia Ammos, der als der schönste Strand von Nisyros bezeichnet wird. Ein verlassener Kantina-Wagen zu Beginn des Weges lässt auf eine höhere Besucherfrequenz im Sommer schließen.

Ich habe nur meine Sneakers an, und das rächt sich, als ich auf dem sandig-losen Untergrund ausrutsche und mir den Knöchel aufschlage. Der Weg ist vor der Felsenwand auch etwas ausgesetzt, man sollte vorsichtig gehen.

Dann liegt der Strand von Pachia Ammos (= dicker Sand) vor uns. Ich schätze ihn auf eine Breite von gut dreihundert Metern, er ist vollkommen schattenlos und ziemlich tief. Im Hinterland, und am anderen Ende der Bucht stehen die Zelte einiger Camper vor einer Felsenwand, die manchmal etwas Schatten bietet. Weiter vorne am Strand liegen aber nur zwei Badegäste.

 

Der grobe Sand ist aufgeheizt und einige Steine im Wasser lassen mich auf die Badeschuhe zurückgreifen. Sonst stört sich aber niemand am textilfreien Baden - kein Haus oder Ort in Sicht, und der Strand ist ja sehr weitläufig.

Das Wasser hat immer noch 25° und es planscht sich hervorragend. Bis ich plötzlich ein leichtes Brennen an der Hand spüren - gibt es hier Quallen? Ich hab keine gesehen. Bisher habe ich keine Erfahrung mit Quallenberührungen (glücklicherweise), aber das Brennen ist nicht stark und hält auch nicht lange an. War vielleicht etwas anderes.

Wir genießen Sonne und Meer, einen Barfußspaziergang hinauf zum Rand des Strandes muss ich aber schnell abbrechen - aua, das gibt richtig heiße Fußsohlen! Kühlung im Meer ist daraufhin angesagt.

 

Zwei Grüppchen mit weiteren Badegästen sind angekommen, die zweite besteht aus zwei Frauen der Göppinger Gruppe von Erich Hänßler. Sie sind von Pali hierher gewandert. Das sind ein paar Kilometer auf der Straße. Kann man, muss man aber nicht: der Strand von Lies ist ja auch nicht schlecht, und ausgesprochen lang.

Von hier aus kann man übrigens zum Kloster Panagia Kira hinauf wandern. Da wollen wir auch hin, aber bequem, mit dem Auto, und also außenherum.

Es wird eh Zeit, aufzubrechen bevor wir zu viel Sonne abbekommen.

 

Auf dem Rückweg treffen wir Erich, der auch zum Pachia Ammos will. Heute solo, seine Reisegruppe hat ihren freien Tag. Wir wünschen frohes Weiterwandern.

 

Entlang des Lies-Strandes sind inzwischen einige Badegäste zu sehen. Es ist ja Sonntag.

Wir fahren über Pali und von dort hoch zum Calderarand, vorbei an Emborio. Vor Nikia geht es dann links hinab zum Kloster Panagia Kira, das aber nicht mehr bewirtschaftet ist. Die Straße zieht sich in Kurven weiter hinab als gedacht, an ein paar Stellen ist sie nicht im besten Zustand, aber auch mit einem Mietwagen wie unserem zu bewältigen. Wir begegnen niemandem.

 

Das Kloster liegt in schöner Halbhöhenlage, das äußere und das innere Tor sind offen, aber wir sind alleine dort. Die Kirche ist dagegen abgeschlossen, der verzweigte Innenhof liegt weinrebenüberrankt schattig, vertrocknete Trauben baumeln über den Betontischen- und bänken. Das Panigiri hier ist ab 15. August, da wird es sicher eng.

Alles Wände und Dächer sind hübsch weißgetüncht, nur die Außenseite der Kirche ist in typischem Nisyros-Naturstein gehalten. Die Stille, die Abwesenheit von anderen Menschen - irgendwie fühlen wir uns als würden wir etwas Verbotenes tun, als wären wir Eindringlinge.

Die Zeit vergeht wie im Flug, der Hunger meldet sich, und wir wollen ja auch noch in Vulkanmuseum, das nur bis 14.30 Uhr offen hat. Also hinauf nach Nikia. Wir parken auf dem Platz vor dem Museum, und als wir es betreten schalte ich zu langsam. Die Frau an der Kasse fragt mich nämlich, ob wir zu Gruppe gehören, was ich wahrheitsgemäß verneine. Also bezahlen wir vier Euro Eintritt pro Person, nur um Sekunden später von einer Gruppe von 40, 50 Leuten umspült zu werden, die das Museum fluten: die Leute vom Architektur-Symposion. Da hatten wir wirklich ein ganz schlechtes Timing, denn das Museum ist zwar interessant, aber nicht groß, und wenn man es sich mit so vielen Leuten teilen muss, dann wird es mühsam. In hinteren Teil des Raumes läuft ein Video, und die esoterisch-unheildräuende Musik darin, die im ganzen Museum zu hören ist, nervt.

 

Wir versuchen, das Beste draus zu machen. Die Schaubilder und Vitrinen sind interessant (einen kleinen Einblick gibt es hier), es wird viel anschaulich erklärt, nicht nur zu Nisyros, auch zu den anderen Vulkanen Griechenlands. Tobas Schorr, der Vulkanfachmann von Volcano Discovery, hat an dem Museum mitgearbeitet. Und einen Vorteil hat die Gruppe: das Museum bleibt länger geöffnet. Trotzdem: wenn wir das gewusst hätten, hätten wir den Besuch der Panagia Kira auf den Rückweg geschoben und wären zuerst hierher.

 

Natürlich ist die Gruppe uns auch zuvor gekommen, als wir an der wunderschönen ovalen Platia in Nikia einen schattigen Platz und etwas zum Essen suchen. Erich Hänßler meinte, man würde dort gut essen, aber da ist er möglicherweise nicht auf dem aktuellen Stand: in beiden Cafés gibt es nur süße Kleinigkeiten zu Essen, und danach steht unser Sinn nicht. Und alle drängen sich im Schatten des westlichen Cafés, die Stühle auf der Sonnenseite sind verwaist. Sieht auch nicht so aus, als ob wir da so schnell eine Chance auf einen Sitzplatz hätten. Also sehen wir uns die Kirche an, genießen den Blick auf den einzigartigen Platz und entscheiden dann, dass wir zurück zur Taverne am Museum gehen, in der Hoffnung, dort einen Sitzplatz zu finden.

Auf dem Weg dorthin kommt uns schon wieder eine neue Reisegruppe entgegen, Nikia scheint Eingang in die Nisyros-Bustouren gefunden zu haben.

Einerseits ist das begrüßenswert, denn das Dorf ist ja sehr nett. Andererseits nervt es, wie so oft, wenn man unvermittelt im Pulk steht. Aber die meisten Gruppen haben ja keine Zeit, und auch diese ist samt ihrem Bus schnell wieder weg, wie wir von unserem Platz auf dem Balkon der Taverne "Andriotis" beobachten können. Der Wirt fragt, ob wir zu Gruppe gehören - dann hätten wir nämlich keine Zeit mehr, an den Nachbartischen wird aufgebrochen. Nein, nein, wir sind unsere eigene Gruppe, und haben alle Zeit der Welt. So bestellen wir einen Nisyros-Salat und einen Kartoffel-Schinken-Auflauf. Beides schmeckt hervorragend und wird uns noch so lange sättigen, dass wir das Abendessen ausfallen lassen werden.

 

Drei Busse voller Architektur-Interessierten sind abgefahren, wir sind satt, und so unternehmen wir einen zweiten Versuch, an der ovalen und gemusterten Platia noch wenigstens einen Kaffee zu trinken. Wir nehmen dazu den Weg entlang der Caldera, denn natürlich wollen wir auch tagsüber noch zum Stefanos-Krater hinabschauen, der heute leise vor sich hinstinkt (bisher waren die schwefelhaltigen Ausdünstungen wenig zu riechen). Ich wollte ja gerne noch von Nikia über Stavros nach Mandraki wandern - Teil des Weges kann man von hier aus sehen - aber wenn wir morgen nach Giali wollen, und am Dienstag weiterfahren, dann wird die Zeit dazu nicht reichen. Aber es ist ja immer gut, einen Grund zu haben um wiederzukommen. :-)

Schon wieder ist eine Gruppe im Dorf unterwegs, eine deutschsprachige Führung, und sie haben mehr Zeit als die vorherige. Wir überholen sie, und haben dann die freie Platzauswahl im Kafenio an der Platia. Der Wirt quatscht uns geschäftstüchtig an, seine Frau lächelt zahnlos einladend von der Empore vor der Kirche herab. Ist nicht nötig, denn wer kann sich dem Charme dieses Platzes entziehen (wenn er gerade nicht von Menschen wimmelt)? Zwei griechische Kaffee machen die Atmosphäre komplett, und dann beobachten wir die Gruppe unserer Landsleute, die mit den griechische Gepflogenheiten offenbar weniger vertraut sind, und nach Espresso und Cappuccino fragen. Die gibt es natürlich - für die zahlende Gäste tut man doch alles. Ein Espresso kostet aber gleich das Doppelte eines Elleniko.

Inzwischen ist es dreiviertel fünf geworden, um sechs Uhr muss ich das Auto zurückgeben. Wir halten auf dem Rückweg noch in Pali, und wieder ist der überschaubare Ort voll mit Bussen und den Symposionteilnehmern. Die werden wir heute wohl nicht los. Dazu die vielen Segler, die im Hafen anlegen - mächtig was los für Sonntagnachmittag. Wir haben Durst, und setzen uns auf ein Radler in ein Café zwischen dem kleinen Sandstrand und dem Hafen. Ja, Mandraki gefällt uns zwar besser, da sich der Tourismus dort stärker verläuft und verteilt, aber wer mehr Wert auf Bademöglichkeiten legt und sich an den Seglern nicht stört, ist hier in Pali vermutlich besser aufgehoben - es ist nicht so schlecht hier.

Pünktlich gebe ich das Auto zurück, alles bestens. Zeit für das obligatorische Thermalbad im Pool bevor die Sonne untergeht, und der Pool geleert.

 

Hungrig sind wir nicht, aber auf einen Ouzo wollen wir schon noch nach Mandraki rein. Und außerdem brauchen wir ja noch Proviant für morgen. Die Bäckerei an der Paralia hat tatsächlich noch geöffnet, auch wenn die Auswahl nur noch klein ist. Schwieriger wird es, eine hübsche Ouzeri oder ein Mezedopolio zu finden. Es ist insgesamt wenig los im Ort, die Lokale Richtung Hafen, die sich auf die Tagesausflügler konzentrieren, haben schon geschlossen. Vielleicht hätten wir weiter Richtung Westen gucken sollen (wo die eingenetzten Chtapodia hingen), aber wir sind müde, und landen schließlich in einer Bar am Agios-Savas-Strand, wo es aber nur langweilige Erdnüsse zum Ouzo gibt.

 

Morgen müssen wir zeitig aufstehen um nach Giali zu fahren. Um noch einen Blick auf die Mondfinsternis zu werfen, stelle ich den Wecker auf dreiviertel sechs.