Nach Athen

Die Flyingcat schaukelt wie befürchtet, und die Stewardess rät, in der Mitte der Fähre Platz zu nehmen, da es dort ruhiger sei. Ich komme ihrer Empfehlung gerne nach, und da nur wenige Fahrgäste an Bord sind, ist auch reichlich Platz. Danke Reisetabletten wird mir aber nicht schlecht, oder vielleicht schaukelt es doch nicht so sehr wie befürchtet.

Vorne läuft der unvermeidliche Fernseher.

 

In Ermioni wird die Fähre voll: Familien mit Kindern und reichlich Gepäck. Ich setze mich jetzt auf den Platz, den mir das Ticket zuweist, 22Z, das ist rechts hinten am Fenster. 35 Euro habe ich für das Ticket bezahlt, drei Stunden wird die Fahrt dauern.

Nun geht es hinüber nach Hydra, wo sich die Fähre so schnell wieder leert wie sie sich in Ermioni gefüllt hat. Wochenendeausflügler, die ihre Wahlpflicht auf Hydra nachkommen möchten, vermute ich.

 

Beim nächsten Stopp in Poros wird der Katamaran dann richtig voll. Auf die beiden Plätze neben mir setzen sich eine Mutter mit etwa dreijähriger Tochter, der trotz des nun nicht mehr nennenswerten Seegangs leider übel wird, und die zu Kotzen abfängt. Zum Glück sind überall an den Sitzen Papiertüten vorhanden. Ich tendiere dann ja gerne dazu, aus Sympathie mitzukotzen.... nein, das muss ich jetzt nicht. Trotzdem fühlt sich die Überfahrt nach Piräus so länger als eine Stunde an.

Leider kann man auf dieser Katamaranfähre ja nicht auf Deck, und die frische Luft und die Ansicht von Aegina oder Agistri genießen, oder die mächtigen Frachtschiffe betrachten, die vor Piräus auf Reede liegen. Schade, dass hier keine normalen Fähren verkehren, aber die würden auch wesentlich länger brauchen, und die Bewohner des Großraumes Athen haben nicht mehr diese Zeit. Nur bis Poros fahren herkömmliche Fähren (über Aegina und Methana), und jetzt, im Winter, nur ein bis zweimal pro Woche.

Um 17 Uhr laufen wir pünktlich in Piräus ein. Die Fußgängerbrücke über die mehrspurige Straße ist wegen Bauarbeiten immer noch gesperrt, wer zum Bahnhof will muss sich entlang von Bretterzäunen schlängeln. Ob es hier im Winter auch so viele Taschendiebe hat?

Mit feierabendvollen Metro der Linie 1 fahre ich bis "Omonia" und wechsle dort auf die Linie 2, mit der ich bis "Akropoli" fahre. Beim Akropolis-Museum entsteige ich dem Untergrund. Das hat freitags länger geöffnet, da könnte ich noch hinein. Oder in das Restaurant dort, neulich von Klaus Bötig wärmstens empfohlen.

Aber zunächst ins Hotel, ins Acropolis View, das der Akropolis südlich zu Füßen liegt, vielleicht zehn Minuten entlang der Odos Hatzichristou zu Fuß von der Metrostation.

 

Vierzig Euro bezahle ich für das Einzelzimmer, Frühstück inklusive, und haben von meinen Zimmer aus tatsächlich den hotelnamensgebenden Blick auf die Akropolis (was aber auch der winterlich mangelnden Belaubung der Bäume vor dem Hotel zu verdanken ist). Das Zimmer ist ordentlich, nicht gerade nagelneu, aber alles Wichtige (Heizung!) funktioniert, und das Viertel ist zentral und ruhig ohne zu abgelegen zu sein. Eine gute Empfehlung von Lore und Heinz.

Das Zimmer muss ich gleich bezahlen (bei der Abreise bekommen ich einen ordentlichen Beleg wie es sich gehört), ich hatte ja bei der Reservierung keine Kreditkartennummer hinterlegt. Ich lasse mir vom Rezeptionisten eine Taverne in der Plaka empfehlen – zwar hab ich zahlreiche Tipps ausgedruckt, bin aber jetzt zu müde, diese zu suchen. Den Besuch des Akropolis-Museums verwerfe ich – ich war vor einigen Jahren schon drin, eine Wiederholung heute muss nicht sein. So ziehe ich Richtung Akropolis los, und auf dem schönen Fußgängerweg westlich vorbei bis Thisio. Hier herrscht reger Betrieb – auch mit winterlich wenigen Touristen. Richtig knallvoll wir es an Monastiraki, wo mir ein angeblicher Jamaikaner (kommen die Flüchtlingen jetzt sogar von dort?) trotz alle Abwehrversuche ein selbstgeknüpftes Armband aufdrängt und an den Arm bindet. Und dann übel schimpft als ich dieses (auch notgedrungen, denn ich habe kein anderes Kleingeld) nur mit fünfzig Cent honoriere - drei oder vier Euro hätte er sich schon vorgestellt… Na, da hat er Pech gehabt.

 

Das empfohlene Restaurant „Old Ithaki“ liegt hinter der Mitropolis-Kirche, und ist für meinen Geschmack von außen besehen eigentlich zu edel. Aber es fängt jetzt doch tatsächlich leicht zu nieseln an, hungrig bin ich jetzt auch, und so gehe ich doch rein.

Ich befinde mich ausschließlich unter ausländischen Gästen, und den Wein bekommt man hier nicht halbliter-, sondern nur glasweise (fünf Euro für das Glas). Ich bestelle Souzoukakia für knapp zehn Euro, die sind auch sehr gut, aber die Portion ist überschaubar. Mit Brot und Wasser werden zwanzig Euro für die Zeche fällig, und ich überlege ob ich nicht doch besser die auf der Karte offerierte Fischsuppe hätte bestellen sollen. Vielleicht habe ich morgen Gelegenheit. Ithaki – das wäre ja auch mal eine besuchenswerte Insel, fällt mir da ein. Steht schon lange auf meiner To-Do-Liste.

 

Durch die regennasse Plaka geht es dann zurück zum Hotel. Es ist immer noch warm, und ich entdecke ein Bakaliaro, in das ich morgen gehen könnte. Katerina, meinen Griechischlehrerin, die aus Athen ist, hatte so ein Lokal empfohlen. Bakaliaro (oder Bakaliaráka) sind häufig im Keller liegende, einfache Tavernen, in denen traditionell Stockfisch (μπακαλιάρος, Bakaliáros) mit Skordalja serviert wurde, und Wein vom Fass. Mal sehen ob ich das morgen wiederfinde.

 

Der angestrahlte Parthenon-Tempel thront immer noch auf dem Hügel über mir als sich die abendliche Runde schließt. In der Nähe meines Hotels fällt mir der Hinweis auf das Lalaounis-Museum auf. Wäre das vielleicht einen Besuch wert?

 

*

 

Das Wetter am Samstagmorgen ist ordentlich, von der Dachterrasse sehe ich mir die nahe "Oberstadt" an. Morgen werde ich sie besuchen. Und so ignoriere ich nach dem nicht üppigen, aber brauchbaren Frühstücksbuffet im Hotel die Wettervorhersage, die mal wieder Regen prophezeit. Ich bin zeitig auf und habe mich entschlossen, nach dem nachbarschaftlichen Museumsbesuch nach Salamina zu fahren. Salamina, diese nahe und doch so unbekannte Insel.

 

Zuerst geht es aber ins Lalaounis-Museum. Das ist ein privates Schmuckmuseum, in welchem Schmuck des berühmten Juweliers Ilias Lalaounis (1920 – 2013) gezeigt wird. Samstags ist der Eintritt frei, das passt gut. Die Türe ist allerdings verschlossen – man hat wohl nicht wirklich mit Besuchern gerechnet. Nachdem ich etwas daran gerüttelt hab, wird mir die Türe dann geöffnet, und ich bekomme einen Übersichtsplan des Museums in die Hand gedrückt. Im zweiten Stock befindet sich eine interessante temporäre Ausstellung mit Mineralien und Edelsteinen, und im ersten Stock die Dauerausstellung der Arbeiten von Ilias Lalaounis, die sich oft sehr stark auf die Geschichte Griechenlands bezogen. So findet man Schmuck, der minoischen oder kykladischen Motiven nachempfunden ist, ebenso wie klassischen (Troja!) oder byzantinischen Motiven. Alles sehr geschmackvoll, und wenn es erschwingliche Replica gäbe würde ich sofort welche kaufen. Aber gibt es natürlich nicht – alles Originale in reichlich Gold und Juwelen, die die Hälse und Arme von Prominenten wie Jackie Kennedy Onassis, Liz Taylor, Lady Di, Barbra Streisand oder Charlize Theron zierten (ein Artikel darüber hier), und für die man ein Vermögen ausgeben kann oder muss.

Ein empfehlenswertes Museum also, auch wenn die Konkurrenz in Athen natürlich riesig ist.